Im Osten Syriens droht das Assad-Regime die einzige Landverbindung zu verlieren, die über den Irak in den Iran verläuft.
In den vergangenen Jahren haben europäische Politiker immer wieder versucht, mit möglichst markanten Ansagen zu erwünschten massenhaften Abschiebungen zu punkten. Im Zuge dessen war immer öfter zu hören, der Krieg in Syrien sei doch praktisch vorbei, weswegen man auch Menschen dorthin abschieben können müsse. Dass diesen Menschen drohte, sogleich in den nach wie vor existierenden Folterkellern des Assad-Regimes zu verschwinden – und europäische Gerichte diesen Abschiebungsfantasien immer wieder einen Riegel vorschoben –, wurde als irgendwie nicht so wichtig beiseite gewischt.
Nun zeigte sich angesichts des Vorstoßes islamistischer Kämpfer auf die Millionenstadt Aleppo, worauf Kenner der Situation stets hingewiesen haben, nämlich dass der Krieg nie zu Ende war und das angeblich stabile Assad-Regime tatsächlich nur mehr ein Schatten seiner selbst ist. Nicht einmal in den offiziell von Assad kontrollierten Gebieten ist er Herr im eigenen Haus – und sein Regime existiert nur noch, weil es durch Unterstützung aus dem Ausland (durch den Iran und dessen Handlanger sowie Russland) und durch Einkünfte aus dem Drogenhandel am Leben gehalten wird.
Wie fragil das Assad-Regime ist, zeigte sich am raschen Vorstoß islamistischer Kämpfer in Aleppo im Norden des Landes, auf den sich die nun wiedererwachte mediale Aufmerksamkeit konzentriert. Übersehen wird dabei, dass auch im Osten Syriens eine Offensive im Gang ist, die für das Assad-Regime ein weit größeres Problem darstellen könnte, da hier die kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces/SDF) vorrücken und drohen, die letzte verbliebene Landverbindung in Richtung Iran abzuschneiden.
Lebensader des Regimes
Diese Straßenverbindung führt von Damaskus über Palmyra und Deir ez-Zor in den Irak, wobei sie vor der syrisch-irakischen Grenze über hundert Kilometer direkt entlang der kurdisch kontrollierten Gebiete im Osten des Landes verläuft. Gelänge es den SDF, diese Straße auch nur punktuell zu unterbrechen, wäre der iranische Nachschub sowohl an Material als auch an Kämpfern zum Beispiel aus den Reihen irakischer Milizen ernsthaft beeinträchtigt.
Wie der Tagesspiegel berichtete, finden »seit Dienstag Kämpfe der kurdischen SDF mit Regierungstruppen und pro-iranischen Milizen in der Stadt Deir ez-Zor statt, durch welche besagte Straße verläuft. Zudem erhalten die Kurden dort offenbar Feuerunterstützung der USA, die schon am Dienstag Luftangriffe gegen iranische Milizen flog und Angriffe am Mittwoch fortsetzte.«
Ginge diese strategisch wichtige Verbindung für das Assad-Regime verloren, könnte der Nachschub aus dem Iran nur noch über den zeitaufwendigen und komplizierten Seeweg sowie auf dem Luftweg stattfinden, der aber wenig effektiv und vor allem Angriffen aus Israel ausgesetzt ist, das kein Geheimnis aus seiner Entschlossenheit macht, iranische Lieferungen unterbinden zu wollen.
Der Verlust der einzigen Landverbindung Richtung Iran droht deswegen für das Assad-Regime ein weitaus größeres Problem zu werden als der Vorstoß islamistischer, von der Türkei unterstützter Kämpfer im Norden des Landes.