Die von der Hamas freigelassenen israelischen Geiseln zeigen Muskelschwund und komplexe gesundheitliche Probleme, die eine langfristige Pflege erfordern.
Maytal Yasur Beit-Or
Medizinische Experten teilten am Montag dem Gesundheitsausschuss der israelischen Knesset mit, dass die aus dem Gazastreifen freigelassenen Geiseln schwerwiegende gesundheitliche Probleme aufweisen, darunter einen dramatischen Gewichtsverlust von bis zu 25 Kilogramm, einen erheblichen Muskelabbau und andere Beeinträchtigungen, die eine langfristige Rehabilitation erfordern werden. Die Zeugenaussagen enthüllten beunruhigende Details über die Bedingungen der Gefangenschaft und ihre anhaltenden Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit.
Der Leiter der medizinischen Behandlung für zurückgekehrte Geiseln im Ichilov-Krankenhaus des Tel Aviv Sourasky Medical Center, Michal Mizrachi, informierte den Ausschuss umfassend über vier zurückgekehrte Geiseln, die in der Einrichtung behandelt wurden.
Die Patienten Keith Siegel, Gadi Mozes, Yair Horn und Ohad Ben Ami litten unter schwerer Mangelernährung, die sich in einem Gewichtsverlust von mindestens zwanzig Prozent ihres Körpergewichts niederschlug, sowie unter einem erheblichen Rückgang ihrer der Fett- und Muskelmasse. »Obwohl wir glücklicherweise kein Refeeding-Syndrom beobachtet haben, was wahrscheinlich auf die verbesserte Ernährung vor der Entlassung zurückzuführen ist, leiden die Patienten immer noch unter erheblichen Nährstoffmängeln, die eine Rehabilitation und fortlaufende Pflege erfordern.«
Das Refeeding-Syndrom, eine Stoffwechselstörung, die bei Menschen, die ausgehungert, stark unterernährt oder metabolisch gestresst sind, tritt durch die Wiederaufnahme der Ernährung auf und kann neurologische, pulmonale, kardiale, neuromuskuläre und hämatologische Symptome verursachen. Neben den Schäden durch Mangelernährung habe man »erhebliche funktionelle Beeinträchtigungen dokumentiert, darunter dramatische Einbußen der körperlichen Leistungsfähigkeit infolge längerer Inaktivität«. Bereits bestehende Erkrankungen wurden während der Gefangenschaft nur zeitweise und unvollständig behandelt, so Mizrachi.
Vielfältige Probleme
Die Leiterin der Abteilung für Allgemeinmedizin im Gesundheitsministerium, Hagar Mizrachi, hob die verbesserte Koordination mit dem medizinischen Team des Roten Kreuzes hervor. »Wir tauschen unsere Erkenntnisse über notwendige Anpassungen der Behandlung aus. Die Betreuung durch das Rote Kreuz dauert von der Freilassung der Geiseln durch die Hamas bis zur Übergabe an die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte, was einem Zeitraum von bis zu vierzig Minuten entspricht«, sagte Miszrachi, die außerdem die Einrichtung einer Spezialklinik für zurückgekehrte Geiseln in Kiryat Gat ankündigte.
Der Leiter der Gesundheitsabteilung des Forums für Geiseln und vermisste Familien, Hagai Levine, betonte die Notwendigkeit einer systematischen Überwachung des Gesundheitszustands der Rückkehrer. »Denken Sie nur an so etwas wie die Zahngesundheit: schlechte Ernährung und mangelnde Zahnhygiene können nicht nur zu Zahnproblemen, sondern auch zu Herz- und anderen systemischen Gesundheitsproblemen führen. Wir brauchen eine umfassende Überwachung, um angemessene Maßnahmen zu entwickeln.«
Levine ging außerdem auf neue Herausforderungen ein: So bereite man sich »diese Woche auf die Aufnahme von Verletzten vor, wofür spezielle Protokolle erforderlich sind. Der Fall von Ofer Kalderon, der sich bei seiner Rückkehr eine schwere Grippe zugezogen hat, zeigt, dass wir unsere Maßnahmen zur Infektionskontrolle neu bewerten müssen. Wir müssen Impfprotokolle für Rückkehrer und ihre Familien in Betracht ziehen und ihren Immunstatus bewerten.«
Der Vizepräsident für Strategie am Sheba Medical Center in Tel Hashomer in Ramat Gan, Lee Gat, stützte sich auf die umfangreiche Erfahrung des Krankenhauses mit Rückkehrern aus verschiedenen Abkommen und Rettungseinsätzen, als er erklärte: »Der Zusammenhang zwischen der Dauer der Gefangenschaft und der Verschlechterung des Gesundheitszustands ist eindeutig. Unsere medizinischen Teams sind zutiefst besorgt über die Auswirkungen jedes weiteren Tages in Gefangenschaft auf das körperliche und geistige Genesungspotenzial. Zeit ist entscheidend, und wir sehen die schwerwiegenden Folgen einer längeren Gefangenschaft.«
Erschütterende Erzählungen
Ofer Kalderons Onkel Shimi gab einen Einblick in den Zustand seines Neffen: »Ofer, der 25 Kilogramm abgenommen hat, wird voraussichtlich heute nach Kfar Maccabiah [Hotelkomplex in der Nähe des Sheba Medical Center, in dem freigelassene Geiseln nach dem Verlassen des Krankenhauses untergebracht waren, Anm. Mena-Watch] zurückkehren. Er kämpfte kürzlich mit einer schweren Grippe und einer Lungenentzündung und musste von seinen Kindern isoliert werden. Das medizinische Team des Sheba kümmerte sich rund um die Uhr um ihn, bis sich sein Zustand stabilisierte.«
Er schilderte Ofers Zustand in Gefangenschaft und berichtete von der Zwangsernährung vor dessen Freilassung, um bei der Übergabe besser auszusehen: »Zuvor bestand seine Nahrung aus verdorbenem Gemüse und gelegentlich aus halben Pitas mit Käse. In 484 Tagen sah er nur einmal Tageslicht, und zwar drei Stunden lang mit seiner Tochter Sahar. Duschen war auf alle zwei oder drei Tage beschränkt.«
Einav Mozes Orbach, die Schwiegertochter von Gadi Mozes, teilte der Öffentlichkeit die Perspektive der Familie mit, als sie sagte, die Realität übertreffe ihre schlimmsten Befürchtungen. »Während wir unendlich erleichtert sind, ihn zurückzuhaben und in Pflege zu wissen, ist es niederschmetternd, von seinen Erfahrungen zu hören. Abgesehen von dem körperlichen und kognitiven Trauma äußert er wiederholt Gefühle des Verlassenseins und des Verrats durch sein Land und seine Regierung; Gefühle, die genauso tief brennen wie der Missbrauch durch den Islamischen Dschihad.«
Carmit Palty Katzir erstattete einen ernüchternden Bericht von ihrer Mutter Hanna Katzir, die nach ihrer Freilassung verstarb: »Meine Mutter war auf Blutdruckmedikamente angewiesen, bevor sie als Geisel genommen wurde. Nach 49 Tagen ohne Medizin kehrte sie mit schweren Herzproblemen, Herzrhythmusstörungen und Atemstillstand aus der Gefangenschaft zurück. Die kontaminierten Bedingungen im Gazastreifen – verschmutztes Wasser, Luft und tödliche Pilze – trugen zu ihrem Verfall bei. Sie ging grundlegender Körperfunktionen verlustig: Gehen, Stehen, Toilettengang, selbstständiges Atmen. Sie wurde monatelang sediert und beatmet, bevor sie diesen Komplikationen schließlich erlag.«
Katzir wies auch auf die bürokratischen Herausforderungen hin, mit denen Familien konfrontiert sind: So werde sie selbst nicht als Opfer von Feindeshandlung anerkannt, obwohl sie psychischem Terror und traumatischem Filmmaterial ausgesetzt war. »Die Auswirkungen gehen über die körperliche Gesundheit hinaus – meine Mutter hat nicht nur ihr Leben verloren, sondern musste in ihren letzten Tagen auch den Verlust ihres Mannes, ihres Sohnes, ihres Kibbuz und ihrer gesamten Gemeinschaft verarbeiten.«
Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)