Erstmals seit Beginn der israelischen Offensive greifen die USA direkt in den Iran-Konflikt ein. Ziel der Luftschläge: drei Atomanlagen, darunter auch das schwer gesicherte Fordo.
Israel startete in der Nacht vom 12. auf den 13. Juni seine Angriffe gegen iranische Ziele – offiziell, um das Atomprogramm Teherans zu stoppen oder zu zerstören. Zunächst beließ es US-Präsident Donald Trump bei rhetorischer Unterstützung. Er drohte, einen Luftangriff auf die iranische Nuklearinfrastruktur zu unterstützen, falls der Iran die US-Forderungen nach einer Nullanreicherung nicht erfüllt.
Seine anfängliche Zurückhaltung lag wohl auch daran, dass der Großteil von Trumps engsten Anhängern gegen eine neuerliche US-Intervention in Nahost ist – vor allem unter den republikanischen Abgeordneten des Repräsentantenhauses, die sich auf eine kriegsmüde Wählerschaft stützen. Auch aus Teilen des US-Militärs und der Geheimdienste kam anfänglich Skepsis, ob ein gezielter Luftangriff tatsächliche Wirkung zeigen könne, ohne eine umfassendere Eskalation auszulösen. Doch um etwa 2:30 Uhr am Morgen des 22. Juni griffen die USA militärisch ein und bombardierten drei Atomanlagen im Iran.
Neben den Anlagen in Natanz und Isfahan war auch die für das iranische Atomprogramm strategisch zentrale Anlage in Fordo Ziel der Angriffe – ein Komplex, der als weitgehend immun gegen konventionelle Waffen galt. Laut Pentagon waren Tarnkappenbomber des Typs B-2 beteiligt, unterstützt von elektronischen Störsystemen und Tankflugzeugen, die von Basen in Katar und auf Diego Garcia gestartet waren.
Fordo: Symbol und Ziel
Die Atomanlage Fordo galt als eines der sichersten Objekte im iranischen Nuklearprogramm. Versteckt in einem Tunnelkomplex bei Qom, etwa hundert Kilometer südlich von Teheran, liegt sie unter massiven Felsformationen rund neunzig Meter unter der Erde – zu tief für Israels derzeitige Waffen. Weder verfügt Israel über geeignete Bunkerbrecher, noch über Flugzeuge, die eine 30.000-Pfund-Bombe tragen könnten.
2009 wurde Fordo der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) gemeldet. Seither reichert Iran dort Uran auf bis zu sechzig Prozent an, ein Niveau, für das es keine zivile Verwendung gibt. Im März 2023 meldeten IAEO-Inspektoren, dass sie in Fordo Partikel von Uran gefunden haben, das auf ein nahezu waffenfähiges Level gereinigt wurde.
Analysten sind der Meinung, dass der Iran in Fordo die Bestände an angereichertem Uran in eine Atombombe umwandeln könnte. Dass Fordo bis zum US-Angriff unversehrt blieb, war nicht nur militärisch relevant, sondern hatte auch symbolischen Charakter: Die Anlage galt dem Regime als Bollwerk gegen äußere Einmischung und wurde dementsprechend propagandistisch instrumentalisiert. Die vollständige Zerstörung von Fordo würde das vorläufige Ende des iranischen Anreicherungsprogramms bedeuten.
Wie die New York Times berichtet, warfen US-amerikanische B2-Bomber ein Dutzend bunkerbrechende Bomben auf Fordo ab. In einer ersten Reaktion nach dem Angriff behauptete Präsident Trump, dass die Anlage damit völlig zerstört sei.
Die eingesetzten Bomben werden gemeinhin als »Bunker Buster« bezeichnet, weil sie für die Zerstörung von tief unter der Erde liegenden Bunkern oder anderen unterirdischen, gut geschützten Anlagen konzipiert sind. Die Bombe hat ein dickeres Stahlgehäuse, enthält aber weniger Sprengstoff als vergleichbare Modelle. Dank des schweren Gehäuses bleibt die Munition intakt, wenn sich die Bombe vor der Detonation durch Erde, Fels oder Beton bohrt. Aufgrund ihrer Größe – sechs Meter lang und knapp vierzenn Tonnen schwer – kann sie nur der amerikanische Tarnkappenbomber B-2 transportieren.
Reaktionen und Risiken
Präsident Trump sagte, dass mit den Luftangriffen auf die drei Nuklearanlagen der US-Einsatz beendet wäre. Der Angriff habe sich gegen eine akute Bedrohung gerichtet, ziele aber nicht auf das iranische Regime. Gleichzeitig drohte Trump in seiner Ansprache nach den Luftschlägen dem Iran mit weiterer Zerstörung, falls das Land sich seinen Forderungen nicht beugt. Iran müsse sofort zur Friedenslösung bereit sein. Weigere Teheran sich, habe das Land mit weiteren Angriffen zu rechnen. »Entweder wird es Frieden geben«, fügte er hinzu, »oder es wird für den Iran eine weitaus größere Tragödie geben, als wir in den letzten acht Tagen erlebt haben.«
Zahlreiche Analysten gehen davon aus, dass die Angriffe, ob erfolgreich oder nicht, heftige Reaktion auslösen werden. Seit Beginn des Krieges hat Teheran im Falle eines Kriegseintrittes der USA immer wieder mit Gegenschlägen gedroht.
Laut New York Times gehen US-Geheimdienste davon aus, dass die von der iranischen Führung angeordneten Vergeltungsmaßnahmen gegen die mehr als 40.000 amerikanischen Soldaten gerichtet sein werden, die auf Stützpunkte in der Region verteilt sind. Alle diese Truppen befinden sich in Reichweite von Teherans Raketen, von denen es trotz Israels Angriffen noch genug zu geben scheint. Darüber hinaus könnte Iran auf seine vertrauten Techniken zurückgreifen: Terrorismus, Geiselnahmen und Cyberangriffe.
Strategie oder Eskalation?
Seit fast einem halben Jahrhundert besteht nun der Konflikt zwischen den USA und der Islamischen Republik Iran. Zogen US-Politiker bisher Diplomatie vor, entschied Trump sich für den offenen Angriff, wobei die Folgen abzuwarten bleiben.
Fest steht, dass der Iran sich jetzt in einer Position der Schwäche befindet. Sein langjähriger Verbündeter Bashar al-Assad in Syrien ist gestürzt, die Hamas im Gazastreifen so gut wie vernichtet und libanesische Hisbollah massiv geschwächt. Auch intern wächst der Widerstand gegen die religiöse Führung des Landes. Größere Proteste brachen 2022 nach dem Tod von Mahsa Amini aus, die inhaftiert worden war, weil sie sich den Vorschriften des Regimes zur Verhüllung der Haare widersetzt hatte.
Ob die Zerstörung von Fordo einen Kurswechsel Teherans erzwingen kann, ist dennoch offen. Ebenso unklar bleibt, ob Washingtons Eingreifen zur Deeskalation beiträgt – oder eine Eskalation auslöst. Die kommenden Wochen dürften zeigen, wie widerstandsfähig die iranische Führung tatsächlich ist – und wie weit die USA bereit sind zu gehen.