UN-Raketenembargo gegen Iran läuft im Oktober aus

Propaganda des Regimes für Raketenprogramm: UN-Embargo gegen Iran läuft im Oktober aus
Propaganda des Regimes für Raketenprogramm: UN-Embargo gegen Iran läuft im Oktober aus (© Imago Images / ZUMA Wire)

Das vom UN-Sicherheitsrat verhängte Raketenembargo gegen die Islamische Republik läuft im Oktober aus, was zu einem vermehrten Waffenexport aus dem Iran in den Nahen Osten und nach Russland führen könnte.

Yaakov Lappin

Der Iran verstößt gegen ein vom UN-Sicherheitsrat verhängtes Embargo für den Export und Import von Raketen, das im Oktober ausläuft, berichten israelische Beobachter der Islamischen Republik. Die Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats, die 2015 verabschiedet wurde, um den als Atomabkommen bekannten Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplan (Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA) zu unterstützen, verbietet dem Iran den Kauf und Verkauf von Komponenten für ballistische Raketen.

Der Iran verfügt über ein großes Arsenal an ballistischen Raketen und Marschflugkörpern, die heute konventionelle Sprengköpfe tragen und für den Einsatz von Nuklearsprengköpfen umgerüstet werden können. Außerdem exportiert das Land Raketen, Flugkörper und Drohnen an terroristische Stellvertreter im Nahen Osten, darunter die Hisbollah im Libanon und die Huthis im Jemen.

Nach dem 18. Oktober 2023 wird Teheran nicht mehr mit Verboten für Raketenprogramm betreffende Aktivitäten konfrontiert sein. Ein weiteres Waffenembargo der Vereinten Nationen, das dem Land den Kauf von Waffen wie Kampfjets und Panzern, lief bereits im Oktober 2020 aus. Die Vereinigten Staaten halten ihre eigenen Sanktionen gegen iranische Waffengeschäfte aufrecht. 

»Man muss ehrlich sagen, dass der Iran bereits heute gegen das [UN-]Embargo verstößt, da er Waffen an seine Stellvertreter exportiert, die mit Sicherheit die ihm auferlegten Beschränkungen in Bezug auf Waffentypen, Reichweiten und dergleichen verletzen«, analysiert Danny (Dennis) Citrinowicz, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter des in Tel Aviv ansässigen Instituts für nationale Sicherheitsstudien.

Citrinowicz, der 25 Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen im militärischen Nachrichtendienst der israelischen Streitkräfte tätig war, unter anderem als Leiter der Iran-Abteilung in der Forschungs- und Analyseabteilung, verweist auf die Geschossarsenale der Hisbollah und der Huthis als Beweis für eklatante Verstöße gegen das Embargo durch den Iran: »Jeder, der mit dem Iran Geschäfte macht, weiß das, aber jeder schaut weg, da es sich nicht um offizielle Transaktionen zwischen Staaten handelt.«

Verstärkte Bedrohung

Michael Segall, leitender Forscher am Jerusalem Center for Public Affairs, der sich auf die iranische Militärstrategie und -taktik spezialisiert hat, merkt an, dass mit dem Auslaufen des Embargos die Beschränkungen für »Irans Forschung, Entwicklung und Produktion von ballistischen Raketen, die für den Einsatz von Atomwaffen bestimmt sind«, fallen werden. »In diesem Zusammenhang wird die UNO das Verbot des Imports und Exports von iranischer Raketentechnologie, darunter Raketen und Drohnen mit einer Reichweite von 300 Kilometern oder mehr, aufheben«, sagte er.

»Die Aufhebung des Embargos für iranische Raketen könnte die bestehenden Bedrohungen sowohl für Irans Nachbarn in der Golfregion und im Nahen Osten als auch für die globale Sicherheit verschärfen«, warnt Segall. Außerdem würde dies Teheran die Legitimation verschaffen, Raketen und Drohnen an Russland zu liefern, die im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werden könnten, fügt er hinzu. Darüber hinaus, so Segall, »könnte das der zerstörten iranischen Wirtschaft wirtschaftliche Vorteile bringen und den Einfluss des iranischen Regimes auf seine Bevölkerung verstärken«.

Laut Danny Citrinowicz habe der Einsatz iranischer Waffen in der Ukraine diese für potenzielle Käufer »besonders attraktiv« gemacht, wodurch der Iran wahrscheinlich in die Lage versetzt werde, mehr seiner Waffen zu exportieren, um die Staatskasse aufzufüllen und seine politische und militärische Stellung in mehreren Staaten zu stärken. »Es gibt viele Länder in Krisengebieten wie Afrika und Lateinamerika, die keine modernen Waffen aus westlichen Staaten kaufen können. Für sie werden iranische Waffen sehr attraktiv sein«, so Citrinowicz. »Das stellt eine echte politische Herausforderung dar.«

Palästinensische Terrororganisationen

Zu den wichtigsten Bedrohungen gehört laut Segall das erhöhte Risiko der Weitergabe von Raketen an Länder und nichtstaatliche Akteure. Dazu gehöre der mögliche Erwerb von präzisionsgelenkten Raketen durch die Hisbollah und palästinensische Terrororganisationen, was zu einer weiteren Eskalation von Konflikten führen und das Wettrüsten in der Region sowie die Verbreitung von Waffentechnologie auslösen und beschleunigen könnte.

Außerdem werde die Aufhebung des Embargos den Iran in die Lage versetzen, fortschrittlichere Raketentechnologie aus anderen Ländern – vor allem aus Russland und Nordkorea – zu erwerben, was die militärischen Fähigkeiten und den regionalen Einfluss der Islamischen Republik potenziell erhöhen könnte. Zusätzlich könne der Iran die Forschung und Entwicklung von Trägersystemen für nukleare Sprengköpfe beschleunigen. In dem Maße, in dem Teherans Raketenfähigkeiten zunehmen, steigt auch das Risiko von Raketenangriffen, sei es als Folge einer Fehlkalkulation, eines absichtlichen Angriffs oder eines versehentlichen Raketenabschusses gegen israelische oder amerikanische Streitkräfte im Nahen Osten, entweder direkt durch den Iran oder durch Länder in der Region, die er bewaffnet hat, oder durch einen der terroristischen Stellvertreter des Iran, analysiert Segall.

»Unser Problem ist, dass es keinen politischen Weg gibt, das Embargo im Sicherheitsrat zu verlängern«, sagte Citrinowicz. »Russland wird das sicher nicht unterstützen, China auch nicht. Daher verlagert sich der Kampf von einem internationalen politischen Rahmen hin zu einer politischen Kampagne, in der Israel und die USA mit Zuckerbrot und Peitsche Einfluss nehmen müssen, um zu verhindern, dass andere Länder billige iranische Waffen kaufen, von denen einige von hoher Qualität sind«. Iranische Waffen könnten mit russischen Rüstungsexporten zu konkurrieren beginnen, insofern einige Beobachter in beispielsweise iranischen Luftabwehrsystemen den Nachbau von russischer Technologie erkennen. Moskau und Teheran könnten aber auch beim Waffenexport zusammenarbeiten, wie ihre Initiative zur Errichtung einer gemeinsamen Drohnenfabrik in Russland andeuten könnte.

»Nach der Aufhebung des Embargos könnte das iranische Engagement in der Ukraine und die umfangreiche Unterstützung für den russischen Feldzug auf jeden Fall noch zunehmen«, so Segall. Ihm zufolge könnte die Aufhebung des Raketenembargos dem Iran im Nahen Osten mehr Ressourcen zur Unterstützung seiner Stellvertreter und damit zur weiteren Destabilisierung der Region verschaffen, da sich der Iran seit Langem in regionale Konflikte einmische und nichtstaatliche Akteure wie pro-iranische Milizen im Irak, die Hisbollah im Libanon sowie die Hamas und den Palästinensischen Islamischen Dschihad im Gazastreifen und im Libanon als auch die Huthis im Jemen unterstütze.

Saudi-Arabien, Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate könnten die Aufhebung des Embargos als Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit ansehen und mit eigener militärischen Aufrüstung reagieren, was zu einem gefährlichen Wettrüsten in der Region führen könnte, fügt Segall hinzu. Das Ende des Raketenembargos werde der vom Iran angeführten radikalen Achse Auftrieb geben, argumentiert er, und es werde Ländern wie Saudi-Arabien und anderen gemäßigten arabischen Staaten wahrscheinlich erschweren, Normalisierungsabkommen mit Israel auszuhandeln und aufrechtzuerhalten.

Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate(Übersetzung von Alexander Gruber.)

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