Käme es heute zu einer Stichwahl zwischen Hamas-Chef Ismail Haniyeh und dem Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, würde der Hamas-Führer gewinnen.
Wie eine Mitte vergangener Woche veröffentlichte Umfrage des Palestinian Center for Policy and Survey Research zeigt, hat die Zufriedenheit der Palästinenser mit dem Auftritt und der Leistung der Hamas in ihrem Krieg gegen Israel den höchsten Stand seit dem Massaker vom 7. Oktober 2023 erreicht, während die Unterstützung für die Palästinensische Autonomiebehörde und ihre regierende Fatah-Partei stark zurückgegangen ist.
Bei der Frage nach der Bewertung der Leistung verschiedener palästinensischer Akteure während des Kriegs lag die Hamas mit fünfundsiebzig Prozent Zufriedenheit an der Spitze, was einem Anstieg von fünf Prozentpunkten seit März entspricht. Die Meinungsumfrage verzeichnete zugleich einen leichten Rückgang der Unterstützung für das von der Hamas angeführte Massaker an rund 1.200 Menschen in Israel. Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass die Terrorgruppe mit dem mörderischen Angriff »richtig« lag, ein Rückgang um vier Prozentpunkte im Vergleich zu den vor drei Monaten erhobenen Zustimmungsraten.
Die Überzeugung der Palästinenser, dass der Terroranschlag der Hamas »die internationale Aufmerksamkeit« für ihre Sache wiederbelebt« habe und »zu einer verstärkten Anerkennung palästinensischer Staatlichkeit führen« könnte, stieg zugleich jedoch um sechs Prozentpunkte auf zweiundachtzig Prozent.
Auf die Frage, wie der lange Stillstand des diplomatischen Prozesses überwunden werden könnte, sprachen sich 22 Prozent für die Aufgabe der Zwei-Staaten-Lösung zugunsten einer Ein-Staaten-Lösung aus, 49 Prozent votierten für einen »Volkswiderstand, 62 Prozent für die »Auflösung der Palästinensischen Autonomiebehörde« und ganze 63 Prozent sprachen sich für eine »bewaffnete Intifada« aus. Nach acht Monaten Krieg gaben 54 Prozent der Befragten an, der »bewaffnete Kampf« sei das beste Mittel, um die palästinensischen Ziele zu erreichen, und nur 25 Prozent sprachen sich für Verhandlungen aus.
Hamas-Führer würde Wahlen gewinnen
Einundfünfzig Prozent glauben, die Hamas würde es »am meisten verdienen«, die Führung des palästinensischen Volkes innezuhaben, gegenüber neunundvierzig Prozent vor drei Monaten. Nur sechzehn Prozent sind der Meinung, die aktuell die Palästinensische Autonomiebehörde stellende Fatah-Fraktion verdiene diese Führungsposition am meisten.
Der Umfrage zufolge befürworten sechzig Prozent der Palästinenser die Auflösung der Palästinensischen Autonomiebehörde. Nur neun Prozent der Befragten äußerten sich zufrieden mit der Leistung von Mohammad Mustafa, der im März von Mahmud Abbas zum Premierminister der Autonomiebehörde ernannt worden war. Fast drei Viertel der Palsätinenser glauben, dass die von Mustafa geführte Regierung die von der US-Regierung und den arabischen Staaten geforderten Reformen nicht durchführen wird.
Bei einer hypothetischen Wahl zwischen Abbas und Hamas-Chef Ismail Haniyeh würde Letztgenannter dreiundvierzig Prozent der Stimmen erhalten, während nur elf Prozent der Befragten den derzeitigen Palästinenserführer wählen würden. Haniyeh erhielt die höchste Unterstützung seit der Zeit vor dem Krieg, als nur vierundzwanzig Prozent ihre Stimme für ihn abgegeben hätten.
Fast sechzig Prozent der Palästinenser gaben an, die »Rückkehr der Hamas« im Gazastreifen als das bevorzugte Ergebnis des Konflikts anzusehen, gefolgt von fünfundzwanzig Prozent, die eine »neue Palästinensische Autonomiebehörde unter einem gewählten Präsidenten, Parlament und einer Regierung« bevorzugen.
Das in Ramallah ansässige Palestinian Center for Policy and Survey Research befragte zwischen dem 26. Mai und dem 1. Juni 1.570 erwachsene Palästinenser in ganz Gaza und dem Westjordanland, wobei die Fehlermarge der Umfrage nach Angaben der Organisation plus/minus drei Prozentpunkte beträgt.
Die Regierung von US-Präsident Joe Biden möchte, dass die Palästinensische Autonomiebehörde nach Abschluss der israelischen Militäroperation gegen die Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen übernimmt. Jerusalem lehnt dies wegen der Unterstützung des Terrorismus durch Ramallah hingegen vehement ab.
Das amerikanische Außenministerium schloss im Dezember nicht dezidiert aus, dass die Hamas die Macht behalten oder sich einem von der Palästinensischen Autonomiebehörde geführten Regierungsgremium für den Gazastreifen und das Westjordanland anschließen könnten. »Die Stimmen und Bestrebungen der Palästinenser müssen im Mittelpunkt der nach der Krise zu bestimmenden Regierungsführung des mit dem Westjordanland unter der Palästinensischen Autonomiebehörde vereinten Gazastreifen stehen«, erklärte ein Sprecher der US-Regierung damals und fügte hinzu: »Letztendlich ist die Zukunft der palästinensischen Führung eine Frage für das palästinensische Volk.«