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Türkei droht „graue Liste“ für Korruption, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Die türkische währung fällt von einem historischen Tiefstand auf den nächsten
Die türkische Währung fällt von einem historischen Tiefstand auf den nächsten (© Imago Images / NurPhoto)

Sollte die Financial Action Task Force (FATF) die Türkei auf diese Liste setzen, könnte das die kriselnde Wirtschaft und die auf einem historischen Tiefstand befindliche Währung weiter unter Druck setzen.

Laura Pitel / Mehreen Khan, Financial Times

Die Türkei wird diese Woche von einer globalen Finanzaufsichtsbehörde auf eine „graue Liste“ gesetzt werden, weil sie bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung versagt hat, so zwei westliche Beamte. Die Mitglieder der Financial Action Task Force (FATF) werden die Entscheidung wahrscheinlich am Donnerstag bei Gesprächen in Paris treffen, so die Beamten.

Sie sagten, dass eine FATF-Überprüfung empfohlen habe, die Türkei einer besonderen Überwachung durch die internationale Kooperationsprüfungsgruppe der Taskforce zu unterworfen. Dieser Überwachungsprozess ist als „graue Liste“ bekannt – einer Liste, auf der sich die Türkei dann mit 22 weiteren Staaten befinden würde, darunter Albanien, Marokko, Syrien, Südsudan und Jemen.

Das 39-köpfige Plenum werde die Empfehlung „sehr wahrscheinlich“ annehmen, so einer der Beamten. Der andere sagte, dass die Zustimmung voraussichtlich eine reine Formalität sein werde und am Donnerstag formell bekannt gegeben werden soll.

Der Schritt kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die ausländischen Investitionen in der Türkei bereits fast den niedrigsten Stand erreicht haben, seitdem Präsident Recep Tayyip Erdogan vor fast 20 Jahren die Spitze des Landes übernommen hat.

Politische Instabilität und die Sorge über die politische Einmischung in die Geldpolitik und Rechtsstaatlichkeit haben dazu geführt, dass ausländische Gelder, die für die Finanzierung des chronischen Handelsdefizits des Landes und die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums unerlässlich sind, abgeschreckt wurden.

Eine Aufnahme in die „graue Liste“ könnte der türkischen Lira, die in diesem Jahr rund 20 Prozent ihres Wertes gegenüber dem Dollar verloren hat, einen weiteren Schlag versetzen. Bereits jetzt hat sie ein Rekordtief erreicht könnte am Donnerstag weiter fallen, wenn die Zentralbank des Landes, wie von den Märkten erwartet, ihren Leitzins erneut senkt.

Die Aufnahme der Türkei in die „graue Liste“ würde die EU unter Druck setzen, das Land auf ihre eigene Geldwäscheliste zu setzen, auf der Nicht-EU-Länder mit hohem Risiko aufgeführt sind, die das Finanzsystem der EU bedrohen. Eine im Mai dieses Jahres veröffentlichte IWF-Studie stellte fest, dass die „graue Liste“ der FATF „einen großen und signifikanten negativen Effekt“ auf die Kapitalzuflüsse eines Landes hat.

Schätzungen gemäß könnte dies einen Rückgang der Portfolioströme – eine Form kurzfristiger Investitionen, die manchmal als „heißes Geld“ bezeichnet wird – in Höhe von 3% des Bruttoinlandsprodukts und einen ähnlichen Rückgang der ausländischen Direktinvestitionen verursachen. Ein Rückgang um 3% entspräche im Falle der Türkei etwa 20 Mrd. Euro.

Die Auswirkungen dürften jedoch durch die Abwanderung ausländischen Kapitals, die das Land in den letzten Jahren bereits erlitten hat, begrenzt werden.

Den Daten der Zentralbank zufolge beliefen sich die ausländischen Investitionen in Aktien und Anleihen Anfang August auf insgesamt nur 26,3 Mrd. Euro. Die ausländischen Direktinvestitionen beliefen sich im vergangenen Jahr auf 4,9 Mrd. USD, verglichen mit mehr als 16,3 Mrd. USD auf dem Höhepunkt im Jahr 2007.

Doch selbst geringe Abflüsse könnten einem Land, dessen Währung bereits unter starkem Druck steht und dessen Devisenreserven von Analysten und Investoren allgemein als zu niedrig angesehen werden, einen Schlag versetzen.

Der Verfall der Lira hat zu einer Inflationsspirale und einer Erosion des Lebensstandards geführt, die die öffentliche Unterstützung für Erdogans Regierungspartei auf einen historischen Tiefstand gebracht hat.

Die FATF wurde 1989 gegründet, um Geldwäsche, Terrorfinanzierung und andere ähnliche Bedrohungen für die Integrität des internationalen Finanzsystems zu bekämpfen.

(Aus dem Artikel Turkey faces threat of ‘grey-listing’ by global finance watchdog, der bei Financial Times erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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