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Der Tod Nasrallahs: Abgang eines Schlächters

Eine Rauchsäule kündet vom Angriff auf das Hisbollah-Hauptquartier, bei dem Hassan Nasrallah getötet wurde. (© imago images/ABACAPRESS)
Eine Rauchsäule kündet vom Angriff auf das Hisbollah-Hauptquartier, bei dem Hassan Nasrallah getötet wurde. (© imago images/ABACAPRESS)

Während Medien und Politiker mit ernsten Mienen Horrorszenarien an die Wand malen, feiern zahlreiche Menschen im Nahen Osten den Tod Hassan Nasrallahs.

»Hassan Nasrallah wird nicht mehr in der Lage sein, die Welt zu terrorisieren.« Mit diesen knappen Worten bestätigten die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) am Samstagvormittag via X, was seit Freitagabend bereits als Gerücht im Raum stand: Bei einem israelischen Angriff auf das Hauptquartier der Hisbollah, das sich unter Wohnhäusern im Stadtteil Dahieh im Süden von Beirut befand, wurde unter anderen Hassan Nasrallah, der Generalsekretär der Hisbollah, eliminiert.

Schon bevor der Hisbollah-Sender al-Manar am Samstagnachmittag bekanntgab, dass sich der »rechtschaffene Diener« Nasrallah der »ewigen Karawane der Märtyrer« angeschlossen habe, gab es kaum noch Zweifel am Tod des wichtigsten Handlangers des iranischen Regimes im Nahen Osten. Die Nacht über klangen die Stellungnahmen aus Israel immer überzeugter, dass sich Nasrallah tatsächlich in dem bombardierten Gebäude befunden hatte und man sich nur schwer vorstellen könne, dass er überlebt haben könnte.

Zwei Welten

Geht es nach der Berichterstattung internationaler Medienstationen wie CNN, BBC, Al-Jazeera oder Sky News sowie nach den Stellungnahmen westlicher Politiker, ist der Tod Hassan Nasrallahs ein besorgniserregendes Ereignis, das möglicherweise der Vorbote eines großen regionalen Kriegs mit Beteiligung des iranischen Regimes sein könnte. Israel habe die Lage »eskaliert«, wie allerorten zu hören ist, und es werden die üblichen denkfaulen Floskeln der Nahostberichterstattung, vom »Flächenbrand« bis zum »Pulverfass«, bemüht, um den Ernst der Lage, die Israel zu verantworten habe, hervorzuheben. Mit finsteren Mienen geben die Korrespondenten zu Protokoll, dass nun eine schwerwiegende Ausweitung des »Nahostkonflikts« drohe. Vom Tod Nasrallahs als dem »Worst Case Szenario für den gesamten Nahen Osten« sprach etwa Katharina Willinger, die Iran-Korrespondentin der ARD in der Tagesschau.

Ein ganz anderes Bild zeigt sich, wenn man die Social-Media-Postings aus arabischen Ländern verfolgt. Schon seit Tagen bejubeln zahlreiche Menschen im Libanon, in Syrien und teils auch im Iran die überaus erfolgreichen israelischen Operationen gegen die Hisbollah, jetzt feiern sie in den Straßen etlicher Orte das Ableben Nasrallahs – jenes Mannes, der maßgeblich für den erbärmlichen Zustand des Libanons verantwortlich ist und dessen Schergen an der Seite des Assad-Regimes Zigtausend Syrer massakriert haben. In weiten Teilen des Nahen Ostens gilt Nasrallah nicht als Held und Märtyrer, als der er von Antiimperialisten und anderen Islamistenfreunden im Westen dargestellt wird, sondern schlicht als Schlächter im Dienste Teherans.

Die Achse zerbröselt

Die Eliminierung Nasrallahs ist nur der jüngste, wenn auch schwerste Schlag, den die vom Iran geleitete »Achse des Widerstands« in den vergangenen Wochen und Monaten einstecken musste. Knapp ein Jahr nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 ist die Hamas als militärische Formation so gut wie zerschlagen, spekuliert wird nur noch darüber, ob ihr Anführer Yahya Sinwar überhaupt noch am Leben ist oder nicht.

Die Hisbollah hat seit den Pager-Attacken vom Dienstag letzter Woche, bei denen auf einen Schlag Tausende ihrer Kämpfer außer Gefecht gesetzt wurden, praktisch ihre gesamte Führungsschicht verloren. Schon vor dem Tod Nasrallahs stellte der Militärexperte Gerald Karner im Interview mit Mena-Watch fest, dass die Hisbollah gegenwärtig handlungsunfähig sei. Auf X brachte jemand den Zustand des einst als so mächtig eingeschätzten Kronjuwels der iranischen Achse folgendermaßen auf den Punkt:

»Denken Sie einmal darüber nach: Die Hisbollah wird jetzt von Leuten geleitet, die sie bis vor einer Woche nicht für wichtig genug hielt, um einen Piepser zu haben.«

Mit der Dezimierung der Hisbollah kann sich für den Libanon der Weg in eine bessere Zukunft eröffnen. Wie es im Land weitergehen wird, kann im Augenblick wohl niemand genau sagen, aber zumindest scheint es jetzt möglich, die tödliche Umklammerung der Hisbollah aufzubrechen und die eigenen libanesischen Interessen endlich wieder über jene des iranischen Regimes zu stellen, das bereit ist, bis zum letzten Libanesen gegen Israel zu kämpfen.

Und in Teheran scheint Panik zu herrschen. Auf die Nachricht vom wahrscheinlichen Tod Nasrallahs, der verschiedenen Berichten zufolge auf seinem Weg in die wohlverdiente Hölle von hochrangigen Vertretern der iranischen Revolutionsgarde begleitet worden sein soll, wurde der nationale Sicherheitsrat einberufen. Staatsführer Ali Khamenei soll als Vorsichtsmaßnahme an einen sicheren Ort gebracht worden sein.

Das iranische Regime konnte schon nach der Tötung von Hamas-Chef Ismail Haniyeh Ende Juli in Teheran keinen Weg finden, um Israel für den Angriff zu »bestrafen«. Der im April unternommene Versuch, den jüdischen Staat mit Hunderten Drohen und Raketen anzugreifen, war so blamabel gescheitert, dass Teheran schlicht die Optionen ausgegangen sind, um den markigen Sprüchen auch Taten folgen zu lassen.

Die mühselig aufgebaute »Achse des Widerstands« zerbröselt gerade vor den Augen ihrer Herren in Teheran. Und was das Schlimmste für sie ist: Ihr Nimbus als militärisch schlagkräftiger Widersacher Israels, der den gesamten Nahen Osten verändern werde, geht gerade so in Rauch auf wie die Waffenlager der Hisbollah.

Mögen all die Medienkorrespondenten und Politiker die Lage auch dramatisieren und Horrorszenarien an die Wand malen: Der Nahe Osten hat schon weit schlechtere Tage erlebt als den, an dem sich der »rechtschaffene Diener« Nasrallah – unfreiwillig – der »Karawane der Märtyrer« angeschlossen hat.

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