Syrisches Regime entsorgte Leichen in Salzkammern

Sednaya: eine der berüchtigsten Foltergefängnisse des Assad-Regimes
Sednaya: eine der berüchtigsten Foltergefängnisse des Assad-Regimes (© Imago Images / ZUMA Press)

Überlebende des berüchtigten syrischen Sednaya-Gefängnisses berichten von grausamen Misshandlungen, Folter und Massentötungen.

Das Sednaya-Gefängnis war lange Zeit ein schwarzes Loch, in dem mutmaßliche und tatsächliche Gegner des syrischen Präsidenten verschwanden, von denen man nie wieder etwas gehört hat. Nur wenige Personen haben Kenntnis davon, was im Inneren dieses Gefängnisses vor sich geht, und nur eine Minderheit der Gefangenen hat es lebend aus ihm herausgeschafft.

Schätzungen gehen davon aus, dass hier zwischen 2011 und 2018 mindestens 30.000 Menschen hingerichtet, gefoltert oder dem Hungertod preisgegeben wurden. Zeitweise gab es so viele Opfer, dass die Totengräber mit dem industriellen Tempo im berüchtigtsten Foltergefängnis des Assad-Regimes nicht mehr Schritt halten konnten: Die Massengräber füllten sich zu schnell, die Toten konnten nicht rasch genug abtransportiert werden.

Die Leichen von exekutierten Gefangenen wurden in sogenannten »Fleischtransportern« in nahe gelegene Massengräber gebracht, doch die Leichen jener, die an den Folgen von Folter oder Hunger starben, im Gefängnis zwischengelagert – und zwar in Salz. Mehr als ein Jahrzehnt nach Kriegsbeginn bestätigte die Vereinigung der Häftlinge und Vermissten des Sednaya-Gefängnisses (ADMSP) in einem am Montag veröffentlichten Bericht zum ersten Mal die Existenz von mindestens zwei solcher »Salzkammern« in dem rund dreißig Kilometer außerhalb von Damaskus gelegenen Gefängnis.

Die mit einer Nummer auf der Stirn markierten Toten wurden in einem kleinen Raum, dessen Boden mit Salz bedeckt war, solange Schicht um Schicht gestapelt und mit Salz bestreut, bis ein Lastwagen komplett beladen werden konnte. Nach Angaben der ADMSP wurden die Salzkammern nach dem Jahr 2011 eingerichtet, als das Ausmaß der Morde in Assads Gefängnissen industrielle und systematische Züge angenommen hatte. Eine UN-Untersuchung bezeichnete die Art, wie hier Menschen zu Tode kamen, als »Ausrottung«. Ob in Sednaya oder anderen Haftanstalten in den von der Regierung kontrollierten Gebieten nach wie vor Salzkammern existieren, ist nicht verifizierbar; doch die Angst der Bevölkerung, in solch einem Gefängnis zu landen, ist nach wie vor groß.

Systematische Folter

»Das Sednaya-Gefängnis ist ein Todeslager, in dem abscheuliche Verbrechen gegen die Menschheit begangen wurden«, sagte Diab Serriya, Mitbegründer von ADMSP und selbst Sednaya-Überlebender. »Jahrelang haben in Sednaya schreckliche Verbrechen stattgefunden, darunter das massenhafte Beiseiteschaffen von Menschen, systematische Folter und Tötungen, und das alles unter völliger Straffreiheit und ohne Aussicht auf Gerechtigkeit.«

Sednaya war seit jeher berüchtigt für die Anwendung exzessiver Gewaltanwendung und Folter. Nachdem 2011 die Proteste gegen Assad und später der Krieg ausbrachen, bestand für jeden, der sich dem Regime widersetzte, die Gefahr, in dieser Folterkammer zu landen. Willkürliche Verhaftungen, Hinrichtungen und massenhafte Folter waren einer der Schlüssel in Baschar al-Assads Krieg gegen seine eigene Bevölkerung, im dessen Verlauf Hunderttausende von Regimegegnern verhaftet wurden.

Nach Angaben des Syrischen Netzwerks für Menschenrechte sind mindestens 95.000 Menschen, darunter fast 6.000 Frauen und mehr als 2.000 Kinder, zwischen März 2011 und August 2022 verhaftet und in diesen Gefängnissen verschwunden. Während die Welt den Krieg in Syrien weitgehend ignoriert, schätzt ADMSP, dass allein in Sednaya zwischen 2018 und 2021 mindestens fünfhundert Menschen hingerichtet wurden.

Übergelaufene Gefängnisbeamte berichteten, dass die Massengräber in Qatif und Nagha außerhalb von Damaskus mit Toten aus Sednaya gefüllt wurden. Satellitenbilder bestätigen, dass die Gräber Jahr für Jahr größer werden und zeichnen ein grausames Bild vom Ausmaß des Todes in Assads berüchtigtster Haftanstalt.

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