Südafrikanische Menschenrechtsaktivisten, die Apartheid aus erster Hand erfahren haben, wehren sich gegen die Verleumdung des jüdischen Staates.
Paul Schneider
Aktuell wird Israel immer häufiger als Apartheidstaat bezeichnet, was eine gesellschaftsfähige Art darstellt, antisemitischen Impulse Ausdruck zu verleihen und sich dabei auch noch tugendhaft zu gerieren. Beispielhaft dafür sind die Antizionisten bei Organisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch. Was also sagen Südafrikaner zu diesem Vorwurf?
Nun, auf der einen Seite stehen Autoren wie Ronnie Kasrils, ehemaliger Kabinettsminister, der die antiisraelische Boykottbewegung BDS unterstützt, die israelische Führung beschuldigt hat, »sich wie Nazis zu verhalten«, Sicherheitsbestimmungen auf israelischen Flughäfen mit Gestapo-Taktiken verglichen hat, Beziehungen zur Hamas unterhält und behauptet, die Bedingungen in Israel seien schlimmer als die südafrikanische Apartheid.
Dann ist da noch John Dugard, Anwalt und Schriftsteller, der als Sonderberichterstatter der UN-Menschenrechtskommission (UNCHR) tätig war. Er ist anspruchsvoller als Kasrils, aber seine Botschaft ist dieselbe: Israelis seien Unterdrücker ohne Rechte, Palästinenser seien Opfer ohne Pflichten, und Terrorismus existiere nicht. So hat Dugard den palästinensischen Einsatz von Selbstmordattentätern und Raketen als »Handlungen im Rahmen eines nationalen Befreiungskriegs gegen Kolonialismus, Apartheid oder militärische Besatzung« verteidigt. In einem Interview meinte er: »Ich zögere nicht zu sagen, dass die Verbrechen Israels unendlich viel schlimmer sind als die des südafrikanischen Apartheid-Regimes.«
Propagandisten wie Kasrils und Dugard haben großen Einfluss, sehen sich aber auch starkem Widerstand einer anderen Gruppe südafrikanischer Autoren gegenüber: Menschenrechtsaktivisten, die nicht nur Apartheid aus erster Hand erfahren haben, sondern such Israel gut kennen und sich aktiv gegen Versuche wehren, den jüdischen Staat zu verleumden.
Zu ihnen gehört vor allem der Schriftsteller Benjamin Pogrund. Der 1933 geborene Autor arbeitete mehr als 25 Jahre lang als Journalist bei der Rand Daily Mail in Johannesburg und berichtete über die Missstände der Apartheid. Dafür wurde er von der südafrikanischen Regierung ins Gefängnis gesteckt, sein Reisepass für fünf Jahre eingezogen und er selbst zum Staatsfeind erklärt. Nachdem die Rand Daily Mail 1985 auf Druck der Regierung geschlossen wurde, konnte Pogrund aufgrund seines liberalen Rufs keinen Job mehr finden.
Also zog er nach London und arbeitete zehn Jahre lang als Schriftsteller und Redakteur, bevor er 1997 Alija machte und nach Israel einwanderte, wo er das Buch Drawing Fire: Investigating the Accusations of Apartheid in Israel verfasste. Darin zögert Pogrund nicht, Israel zu kritisieren, bestreitet aber, dass der jüdische Staat ein Apartheidstaat sei. In einem Punkt-für-Punkt-Vergleich zeigt er, dass es in Bezug auf Wahlrecht, Demokratie, Grundfreiheiten, Ehe, Gesundheits- und Sozialfürsorge, Recht auf Arbeit, Schulen, Staatsbürgerschaft, öffentliche Einrichtungen, Rechtssystem und andere Faktoren keine Ähnlichkeiten zwischen Israel innerhalb der Grünen Linie und dem Apartheidstaat Südafrika gibt.
Israel mit Südafrika nicht vergleichbar
Pogrund sieht auch keine Apartheid im Westjordanland. Das Wesen der Apartheid sei eine vorsätzliche Diskriminierung auf Grundlage einer rassistischen Ideologie. »Das ist im Westjordanland nicht der Fall. Es gibt kein ideologisches Ziel, die Palästinenser zu diskriminieren.« Beim israelisch-palästinensischem Konflikt gehe es um Land, nicht um ethnische Herkunft: »Die Palästinenser in der Westbank sind Verwandte der Palästinenser, die in Israel leben und israelische Staatsbürger mit allen Rechten sind. Sie sind vom selben Stamm.«
Außerdem gelten für Palästinenser aus dem Westjordanland, die legal in Israel arbeiten, »dieselben Arbeitsgesetze wie für Israelis«. Und Palästinenser, die in den Industriezonen der Siedlungen im Westjordanland arbeiten, erhalten »die im israelischen Recht vorgesehenen Gehälter und Leistungen«. Daher, so Pogrund, seien die Bedingungen im Westjordanland »nicht vergleichbar mit dem minutiös organisierten und institutionalisierten Rassismus der südafrikanischen Apartheid«.
In ähnlicher Weise hat Rabbi Warren Goldstein, Oberrabbiner von Südafrika, geschrieben, der Apartheid-Vorwurf zeichne »ein grotesk verzerrtes Bild sowohl der südafrikanischen Geschichte als auch der gegenwärtigen Realität in Israel«. Ziel dieser Verleumdung sei es, »Israel zu delegitimieren, es fälschlicherweise als einen Staat darzustellen, der auf der Kardinalsünde des Rassismus beruht und ihm damit das moralische Existenzrecht abzusprechen«. Weiters meinte er: »Es gibt keine größere Schändung des Gedenkens an die Opfer der Apartheid, als das Wort aus dem südafrikanischen Kontext zu reißen, es von seiner ursprünglichen Bedeutung zu lösen und es als Waffe für eine Form der Bigotterie einzusetzen.«
Die schwarze südafrikanische Anwältin und Aktivistin Olga Meshoe Washington schreibt zum Thema der Zweckentfremdung des Begriffs: »Israel als Apartheidstaat zu bezeichnen, trivialisiert die Erniedrigung und die Ungerechtigkeiten, die schwarze Südafrikaner ertragen mussten, welche die Apartheid erlebt haben und die noch immer, zusammen mit ihren Kindern und Enkeln, die Narben dieses Erbes tragen. Hätten die schwarzen Südafrikaner die selben Rechte wie die israelischen Araber, wäre die südafrikanische Befreiungsbewegung nicht nötig gewesen. Es ist daher moralisch verwerflich, wenn eine Person, eine Organisation oder eine Regierung die Apartheidgeschichte Südafrikas fälschlicherweise auf Israel überträgt.«
Dennoch gewinnt die Apartheid-Verleumdung Israels weiter an Fahrt. Hoffen wir also, dass die südafrikanischen Unterstützer Israels die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen.
Paul Schneider ist Rechtsanwalt, Schriftsteller und Mitglied des Verwaltungsrats des American Jewish International Relations Institute (AJIRI), einer Tochtergesellschaft von B’nai B’rith International. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)