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Wen Renata Schmidtkunz unbedingt in ihrer Ö1-Sendung haben will. Eine (teilweise) Satire.

Bei Renata Schmidtkunz ein gerngesehener Gast: Pankraj Mishra. (Amrei-Marie/CC BY-SA 3.0)
Bei Renata Schmidtkunz ein gerngesehener Gast: Pankraj Mishra. (Amrei-Marie/CC BY-SA 3.0)

Eine böswillige Propagandaschrift, mit der antisemitischen Aktivisten die Absolution erteilt wird? Nur her damit, meint Ö1-Journalistin Schmidtkunz.

Vor Kurzem ist Die Welt nach Gaza des indischen Autors Pankraj Mishra erschienen. Die Reaktionen auf das Buch sind bezeichnend. Eine Auswahl.

Ronen Steinke (Süddeutsche Zeitung):

»Aber ist es denn besser, wenn, umgekehrt, derselbe Holocaustvergleich von palästinasolidarischer Seite gezogen wird? Gaza – das neue Warschauer Ghetto? Palästinenser – die neuen Auschwitzhäftlinge? Die israelische Armee IDF – die neue Gestapo? … Die Konsequenz, mit der in ›Die Welt nach Gaza‹ von der ersten bis zur letzten Seite Holocaustvergleiche bemüht werden – wow. … Simplizität statt Komplexität. … So simpel also.«

Tania Martini (Frankfurter Allgemeine Zeitung):

»›Die Welt nach Gaza‹ … dürfte das Buch mit den aktuell meisten Holocaust-Vergleichen sein. Ob Primo Levi, Hannah Arendt, Simone Weil oder Sigmund Freud, zahlreiche Juden werden zu Mishras Komplizen im Kampf gegen das Böse – oft mittels aus dem Zusammenhang gerissener Zitate. … Eine Analyse dessen, was am und nach dem 7. Oktober [2023] geschehen ist, sucht man im Buch hingegen vergebens. …

Pankaj Mishra ist gefangen auf der Farbenlinie, die die Welt in Schwarz und Weiß, in Gut und Böse unterteilt. Dabei stellt er auch richtige Fragen. Wie lautete doch gleich die nach der Möglichkeit nicht manichäischer Narrative?«

Thomas Schmid (Welt):

»›Die Welt nach Gaza‹ ist eine überaus polemische, einseitige Abrechnung mit ›dem‹ Westen. … Das Massaker vom 7. Oktober 2023, das die Juden in aller Welt erschütterte, kommt bei Mishra nur an einer einzigen Stelle vor, und dort auch nur beiläufig. An diesem Tag hätten ›militante Palästinenser‹ mehr als tausend Juden ermordet. Buchstäblich kein Wort dazu, wie es dazu kam, wer diese Tat geplant und später gefeiert hat. …

Man kann es nicht anders sagen: Das ist kein Essay, sondern eine böswillige Propagandaschrift. … Besonders perfide ist Mishras stetes Bemühen, in anti-zionistischer, anti-israelischer Absicht, Juden gegen Juden auszuspielen, oft in ein und derselben Person. …

Der Westen ist nicht der Vernichtungsmoloch, als den Mishra ihn verzeichnet. Der oft unterdrückte, aber stets weiterlebende Selbstzweifel ist ein geistiger Motor der westlichen Welt. … Es ist ein Jammer, dass nicht-westliche Autoren wie Mishra das nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Und lieber ein bluttriefendes Zerrbild der westlichen Zivilisation zeichnen. Die nicht-westliche Welt hat bessere Autoren verdient.«

Eva Berger (taz):

»Es gibt Bücher, von denen fühlt man sich vergiftet, wenn man sie liest. Pankaj Mishras ›Die Welt nach Gaza‹ ist so eins. … Das Giftige dieses Langessays liegt weniger in dem Versuch, Deutungsrahmen zu verschieben, sondern darin, dass Mishra sich weigert, das eigene Weltbild und Wirklichkeitsverständnis im Lichte von dazu nicht passenden Fakten zur kritischen Disposition zu stellen. Die gut dokumentierten Gräueltaten der Gotteskrieger beschweigt er oder stellt sie als Fake News dar. …

Man kriegt es beim Lesen dieses in dröhnend-apokalyptischer Sprache daherdonnernden Traktats mit der Angst zu tun und findet sich unmittelbar zurückversetzt in die doppelte Schocksituation, in die man am 7. Oktober 2023 geriet. Denn dem Schock über das von der Hamas begangene Massaker selbst folgte der Schock angesichts der Jubelfeiern, die sich in die Straßen der westlichen Migrationsmetropolen ergossen. Darauf folgte der Schock angesichts eines postkolonialistisch links-aktivistischen und/oder islamistisch imprägniert antisemitischen Mobs, für den der 7. Oktober offenbar wie ein Befreiungssignal wirkte, um dies- und jenseits der Akademien, in den Räumen von Kunst und Kultur und in den berüchtigten sozialmedialen Welten Jagd auf Juden zu machen.

Mishra liefert mit ›Die Welt nach Gaza‹ den ideologischen Unterbau, dem antisemitischen Treiben postkolonialen Aktivistentums die Absolution zu erteilen.«

Renata Schmidtkunz (angeblich, Ö1):

»Super, den muss ich gleich in meine Ö1-Sendereihe einladen! Solche Positionen werden heutzutage ja gnadenlos unterdrückt, und mein ausführliches Ö1-Gespräch mit Francesca Albanese von Ende Januar ist schon unerträglich lang her!

Noch besser wäre natürlich, wäre Mishra Jude, Israeli oder beides, dann wäre er noch viel authentischer. Aber macht nichts, muss auch so gehen. Wenigstens ist er kein Weißer.

Und bei Israelis weiß man ja nie genau, was kommt. Sogar wenn man glaubt, es mit Gleichgesinnten zu tun zu haben. So wie beim Tom Segev: Dem habe ich doch gleich mehrfach die Gelegenheit gegeben, Israel als rassistischen Apartheidstaat anzuklagen – und er hat’s einfach nicht gemacht! Dann lieber so.«

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