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Prozesse enthüllen Logistik und Planung hinter Amsterdamer Pogrom

Die Angeklagten des Prozesses zum Amsterdamer Pogrom
Die Angeklagten des Prozesses zum Amsterdamer Pogrom (© Imago Images / ANP)

Von einigen als spontane Reaktionen auf israelische Provokationen bezeichnet, erwiesen sich die Amsterdamer Angriffe auf israelische Fußballfans vor Gericht als antisemitisch – und akribisch geplant.

Canaan Lidor

Mehr als einen Monat nach der »Judenjagd« von Amsterdam, bei der Dutzende arabischer Männer Jagd auf israelische Fußballfans machten, brachten die Prozesse gegen sieben Verdächtige letzte Woche Woche neue Informationen über die Logistik des Ereignisses ans Licht, das weltweiten Schock hervorgerufen hatte.

Die Informationen, die am Mittwoch vor einem Gericht in Amsterdam bekannt wurden, machten die antisemitische Hetze der mutmaßlichen Täter öffentlich und zeigten auch, wie die Organisatoren tagelang daran gearbeitet hatten, Täter aus den gesamten Niederlanden mit Bussen herbeizuschaffen, um Israelis, die von den Angreifern oft einfach als »Juden« bezeichnet wurden, aus dem Hinterhalt anzugreifen.

Gegen das verbreitete Narrativ

Die neuen Informationen widersprechen dem nicht nur in den Niederlanden weit verbreiteten Narrativ, dass die Angriffe vom 7. November eine spontane Reaktion auf vorherige Provokationen israelischer Fußballfans gewesen seien. Stattdessen stimmen sie mit Berichten israelischer Behörden überein, darunter des Nationalen Zentrums zur Bekämpfung von Antisemitismus unter dem Minister für Diaspora-Angelegenheiten und die Bekämpfung von Antisemitismus, Amichai Chikli, die Verbindungen zwischen den Angriffen und der Hamas festgestellt haben.

Einige der Enthüllungen in den Anklagen stammen aus Transkripten der Korrespondenz innerhalb von WhatsApp-Gruppen, welche die niederländische Polizei im Vorfeld infiltriert und überwacht hatte, wobei sie diese Informationen jedoch nicht zur Verhinderung der Angriffe verwendeten.

Der als der 26-jährige Rachid O. identifizierte Angeklagte aus Utrecht soll in der Nacht des 7. November den neunhundert Mitgliedern der WhatsApp-Gruppe, in der die »Judenjagd«, wie die Teilnehmer die Serie von Angriffen bezeichneten, jene Orte mitgeteilt haben, an denen »Krebsjuden [ein gängiger antisemitischer Begriff im Niederländischen] verprügelt« werden sollten. Die Gruppe hieß ursprünglich »Free Palstine« [sic], wurde dann aber möglicherweise zur Tarnung in »Neighborhood Home 2« umbenannt.

Die Angriffe von Mitgliedern der Gruppe und anderen richteten sich gegen Maccabi-Fans, die von einem Fußballspiel zwischen Maccabi Tel Aviv und der örtlichen Ajax-Mannschaft zurückkehrten. Über zwanzig israelische Fans wurden bei den Angriffen verletzt, die viele Juden, aber auch andere, in den Niederlanden als Pogrom bezeichneten.

Die Polizei war in großer Zahl in der Nähe des Stadions im Einsatz, konnte die vom Austragungsort ins Stadtzentrum zurückkehrenden Israelis jedoch nicht schützen, wo sie in der Nähe des Zentralbahnhofs in einen Hinterhalt gerieten, der von arabischen Männern, darunter Dutzende Taxifahrer, Tage im Voraus geplant worden war, wie aus den Anklageschriften hervorgeht.

Ein gewöhnlicher Niederländer

Der als Umutcan A. identifizierte Angeklagte aus Den Haag, gab an, an den Angriffen deshalb beteiligt gewesen zu sein, weil er »Angst« vor den Maccabi-Fans gehabt habe, berichtete die Zeitung Algemeen Dagblad (AD). »Es war ein dummer Instinkt. Im Grunde bin ich nur ein gewöhnlicher Niederländer, ein Bürger, der einfach nur arbeitet und seine Steuern zahlt«, sagte er den Richtern.

Die Staatsanwaltschaft legte am Donnerstag jedoch Beweise aus WhatsApp-Chats vor, aus denen hervorgeht, dass Umutcan A. geplant hatte, »Juden anzugreifen« und auf »Judenjagd« zu gehen. Einer seiner Freunde lobte Umutcan, für den die Staatsanwaltschaft acht Monate ins Gefängnis beantragte, im Chat, wo es hieß: »Er hat viele Juden verprügelt. Er war wieder der Star des Abends.« Antisemitische Rhetorik und Beschimpfungen waren in der Korrespondenz in den WhatsApp-Gruppen weit verbreitet.

Die höchste von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafe, nämlich zwei Jahre Gefängnis, wurde gegen den 32-jährigen Sefa Ö. beantragt, der dabei gefilmt wurde, wie er einen Mann gegen eine fahrende Straßenbahn trat und einen anderen schlug, während dieser am Boden lag, wie die Nachrichtenseite AD am Mittwoch berichtete. Sefa Ö. ist Friseur, seine Frau ist hochschwanger, wie er dem Richter am Mittwoch sagte, bevor er erklärte, dass er seine Handlungen bereue, aber nicht näher auf den Punkt einging, was genau er damit meine, hieß es in dem Zeitungsartikel.

Weitere Angeklagte erklärten ebenfalls, ihre Gewalttaten zu bedauern, aber sie seien durch das Verhalten der Maccabi-Fans zu diesen Taten provoziert worden, als diese eine PLO-Flagge von einem Balkon herunterrissen und Gesänge wie »IDF fickt Araber« anstimmten.

Bestellte Schläger

Am Tag der Angriffe könnten die mutmaßlichen Täter sogar einen Transport für weitere Schläger von außerhalb Amsterdams organisiert haben, meldete die Tageszeitung Het Parool. »Leute aus anderen Städten wollen kommen«, schrieb das Gruppenmitglied Amir am 7. November nach 16 Uhr, mehrere Stunden vor den Angriffen. »Wir haben zwanzig Autos hier«, antwortete ein anderer. »Wo sind die Busse aus Utrecht?«, erkundigte sich ein anderer Nutzer. »Sie sind unterwegs mit siebzig bis achtzig Männern an Bord«, antwortete ein weiterer.

Als gegen Mitternacht die vom Stadion ins Stadtzentrum zurückkehrenden Israelis identifiziert wurden, schrieben Mitglieder in der WhatsApp-Gruppe: »Versammlung am Zentralbahnhof« und »Wir müssen diese Krebsjuden fühlen lassen, was sie unseren Brüdern angetan haben«, was einen Hinweis auf Israels Angriffe auf die Hamas im Gazastreifen darstellte, so Het Parool.

Am 18. November nahm die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema ihre anfängliche Verwendung des Wortes »Pogrom« zur Beschreibung der Angriffe zurück. »Ich muss sagen, dass ich in den darauffolgenden Tagen gesehen habe, wie das Wort ›Pogrom‹ sehr politisiert und tatsächlich zu Propaganda wurde. Die israelische Regierung spricht von einem ›palästinensischen Pogrom auf den Straßen von Amsterdam‹, niederländische Politiker verwenden das Wort ›Pogrom‹ hauptsächlich, um marokkanische Einwohner, Muslime, zu diskriminieren. Das ist nicht das, was ich meinte und nicht das, was ich wollte«, stellte die Bürgermeisterin richtig.

Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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