Mahmoud Khalil, einer der Rädelsführer der antisemitischen Unruhen auf dem Gelände der Columbia University im letzten Jahr, ist von der amerikanischen Einwanderungsbehörde festgenommen worden.
Wie die Washington Post unter Berufung auf Äußerungen von Mahmoud Khalils Anwalt, die in den Gerichtsakten verzeichnet sind, berichtet, wurde er vergangenen Samstagabend verhaftet, als er mit seiner Frau, einer US-Bürgerin, auf dem Weg zu seiner Universitätswohnung war.
US-Präsident Donald Trump rühmte sich auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social, selbst für die Verhaftung verantwortlich zu sein:
»Im Zuge meiner zuvor unterzeichneten Durchführungsverordnungen hat die ICE Mahmoud Khalil, einen radikalen ausländischen Pro-Hamas-Studenten, auf dem Campus der Columbia University festgenommen und inhaftiert. Dies ist die erste Festnahme, viele weitere werden folgen. Wir wissen, dass es an der Columbia University und anderen Universitäten im ganzen Land weitere Studenten gibt, die sich pro-terroristisch, antisemitisch und antiamerikanisch verhalten, und dies wird die Trump-Regierung nicht tolerieren. Viele sind keine Studenten, sondern bezahlte Agitatoren.
Wir werden diese Terroristen-Sympathisanten finden, festnehmen und aus unserem Land abschieben – für immer. Wenn jemand Terrorismus unterstützt, einschließlich der Ermordung unschuldiger Männer, Frauen und Kinder, dann widerspricht seine Anwesenheit unseren nationalen und außenpolitischen Interessen und er ist hier nicht willkommen. Wir erwarten von allen amerikanischen Colleges und Universitäten, dass sie sich daranhalten. Vielen Dank!«
Kontroverser Fall
Der Fall gilt als kontrovers, da der in Syrien geborene Mahmoud Khalil als Ehemann einer US-Bürgerin eine Green Card besitzt und damit eine permanente Aufenthaltserlaubnis. Das wirft die Frage auf, welche Rechte die Inhaber einer Greencard haben und inwiefern diese Rechte ihre Grenzen dort finden, wo deren Inhaber selbst gegen Gesetze verstößt. Unbestritten ist, dass die Gesetzesübertretung sehr schwerwiegend sein muss, um zu einem Entzug der Aufenthaltserlaubnis zu führen.
Khalils Unterstützer hingegen argumentieren, dass er prinzipiell nicht abgeschoben werden dürfe; im Übrigen seien seine Anti-Israel-Aktivitäten auf dem Campus vom ersten Verfassungszusatz, der die Redefreiheit garantiert, geschützt. »Mahmoud Khalil wurde identifiziert, ins Visier genommen und verhaftet. Sein Abschiebungsverfahren läuft wegen seines Einsatzes für die Rechte der Palästinenser«, sagte Khalils Anwalt Ramzi Kassem vor Gericht.
Rashida Tlaib, berühmt-berüchtigte Abgeordnete der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Mai vergangenen Jahres Rednerin auf einer Konferenz, auf der auch ein Terrorist der in den USA verbotenen Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) sprach, schrieb auf X: »Gemeinsam mit 13 meiner Kollegen fordere ich die sofortige Freilassung von Mahmoud Khalil durch die Trump-Regierung. Ihr illegales Handeln schafft einen gefährlichen Präzedenzfall. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie unsere verfassungsmäßigen Rechte auf freie Meinungsäußerung und ein faires Verfahren beschneiden.«
Diesem Rechtsverständnis wird von Juristen widersprochen. Die Ausweisung Khalils sei »der richtige Schritt, wenn wir die Campuskultur verbessern wollen«, schreibt Ilya Shapiro, Leiter der Abteilung für Verfassungsstudien des konservativen Thinktanks Manhattan Institute, in einem Essay für das City Journal. »Und entgegen unaufrichtiger Kritik wirft ein solcher Schritt keine Probleme mit dem ersten Verfassungszusatz auf.« Die Regierung könne zwar Ausländer nicht ins Gefängnis stecken, weil sie Dinge sagen, die ihr missfallen, »aber sie kann und sollte jenen, die sich für den USA feindlich gesinnten Anliegen einsetzen, Visa verweigern oder entziehen«. Es sei »weder anstößig noch umstritten, diejenigen auszuweisen, die eine Bildungseinrichtung belästigen, einschüchtern, Sachbeschädigungen verüben oder anderweitig in deren Kernaufgabe eingreifen. Mehr davon, bitte.«
Aufruf zum Kampf
Khalil gehört der Gruppe Columbia University Apartheid Divest (CUAD) an, die offen die Hamas unterstützt und verherrlicht. Am 7. Oktober 2024 feierte sie den Jahrestag der »Al-Aqsa-Flut«, also von Massakern, Folter, Vergewaltigungen und Entführungen. Die New York Times berichtete:
»›Wir unterstützen die Befreiung mit allen notwendigen Mitteln, einschließlich bewaffneten Widerstands‹, proklamierte die Gruppe Columbia University Apartheid Divest in ihrer Erklärung … Die Gruppe gedachte des Jahrestags des Angriffs auf Israel vom 7. Oktober, indem sie eine Zeitung mit der Schlagzeile verteilte, die den Hamas-Namen [für die Gräuel des 7. Oktober; Anm. Mena-Watch] verwendete: ›Ein Jahr seit der Al-Aqsa-Flut, Revolution bis zum Sieg‹, hieß es darin über einem Bild von Hamas-Kämpfern, die den Sicherheitszaun zu Israel durchbrechen.
Außerdem veröffentlichte die Gruppe einen Essay, in dem sie den Angriff als ›moralischen, militärischen und politischen Sieg‹ bezeichnete und Ismail Haniyeh, den getöteten ehemaligen politischen Führer der Hamas, zitierte. ›Der palästinensische Widerstand führt seinen Kampf in eine neue Phase der Eskalation, und es ist unsere Pflicht, ihm dort entgegenzukommen‹, schrieb die Gruppe am 7. Oktober auf Telegram. ›Es ist unsere Pflicht, für unsere Freiheit zu kämpfen!‹«
Eine frühere Entschuldigung für die Aussage ihres Mitglieds Khymani James, der gesagt hatte, »Zionisten haben kein Recht zu leben« und »Seid dankbar, dass ich nicht einfach rausgehe und Zionisten ermorde«, nahm die CUAD in einer in den sozialen Medien veröffentlichen Erklärung offiziell zurück: Die CUAD entschuldigte sich bei James dafür, ihn »im Stich gelassen« und durch die »sogenannte Entschuldigung« beigetragen zu haben, dass er »Antischwarzheit und Queerphobie« vonseiten der »Neoliberalen, den neoliberalen Medien und Faschisten« ausgesetzt gewesen sei. Dies sei »widerlich«.
Der nun inhaftierte Khalil war einer der führenden Verhandlungsführer der CUAD während der Pro-Hamas-Zeltlager auf dem Campus im vergangenen Frühjahr. Die CUAD war auch maßgeblich an der Errichtung einer »zionistenfreie Zone« auf dem Campus beteiligt.
Fall vor Gericht
Am Montag verhängte der New Yorker Bundesrichter Jesse M. Furman einen Stopp der Abschiebung Khalils, zunächst bis zu einer gerichtlichen Anhörung am Mittwoch. Am Mittwoch verlängerte er diese Frist, um mehr Zeit für die Entscheidung zu haben, ob eine Abschiebung gegen die Verfassung verstößt oder nicht. Auch vor dieser Amtshandlung gab es jedoch laut Presseberichten keine Anzeichen dafür, dass eine Abschiebung unmittelbar bevorstand.
Brandon Waterman, ein Jurist der Regierung, erklärte, Furman sei nicht zuständig, über die Rechtmäßigkeit von Khalils Verhaftung zu entscheiden, da Khalil sich in Einwanderungshaft in New Jersey befunden habe, als seine Anwälte am Sonntagmorgen ihren Antrag auf seine Freilassung einreichten. Laut Waterman sollte der Fall entweder dort oder in Louisiana verhandelt werden, wo Khalil derzeit inhaftiert ist.
Laut dem amerikanischen Bundesgesetz (8 U.S.C. § 1182(a)(3) (2020)) darf niemand in die USA einreisen, der einer Terrororganisation angehört oder einer »politischen, sozialen oder sonstigen Gruppe, die terroristische Aktivitäten unterstützt oder befürwortet«. Ausdrücklich erwähnt das Gesetz auch die PLO: »Ein Ausländer, der Offizier, Beamter, Vertreter oder Sprecher der Palästinensischen Befreiungsorganisation ist, wird im Sinne dieses Kapitels als an terroristischen Aktivitäten beteiligt angesehen.« An einer anderen Stelle des Gesetzes heißt es: »Einem Ausländer, bei dem der Außenminister begründeten Anlass zu der Annahme hat, dass seine Einreise in die Vereinigten Staaten oder seine geplanten Aktivitäten dort möglicherweise schwerwiegende nachteilige außenpolitische Folgen für die Vereinigten Staaten haben würden, ist die Einreise nicht gestattet.«
Universität erpresst
In öffentlichen Äußerungen gab Khalil zu, versucht zu haben, die Leitung der Columbia University zu erpressen, akademische und finanzielle Kontakte zu israelischen Universitäten zu beenden. So sagte er am 27. April 2024 in einem Interview mit Quds News Network auf Arabisch:
»Letzte Nacht haben wir über elf Stunden mit der Universität verhandelt, unsere Forderungen zu erfüllen, was das Beenden der wirtschaftlichen und akademischen Beziehungen mit israelischen Universitäten betrifft und jenen Universitäten, die daran beteiligt sind, unser palästinensisches Volk abzuschlachten. Die Universität ist stur und weigert sich, irgendwas zu sagen, das Israels internationale Reputation schädigt, aber wir sind dahingehend unnachgiebig, dass diese Forderung wesentlich ist. Dafür haben sich die Massen hier versammelt, und wir werden bei dieser Forderung nicht nachgeben, auch dann nicht, wenn sie uns mit der nationalen Sicherheit oder der Polizei drohen, und wir werden hier bleiben, bis unsere Forderungen erfüllt sind.«
Sollten die Verhandlungen nicht zum gewünschten Resultat führen, werde es »größeren Druck« geben, drohte Khalil.
Im Interview mit dem Nachrichtensender CNN wiederholte er drei Tage später seine Aussagen auf Englisch inklusive der Weigerung, das Zeltlager zu beenden, solange Columbia die Forderungen nach einem Abbruch der Beziehungen zu israelischen Hochschulen nicht erfüllt habe.
Am 26. April 2024 berichtete die New York Post: »Das antiisraelische Zeltlager an der Columbia University wird von einer Gruppe umstrittener Studentenführer angeführt … Diese Studenten verhandeln direkt mit der Führung der Ivy-League-Universität – und halten den Campus mit Dutzenden von Zelten und Hunderten von Demonstranten auf dem Rasen in Geiselhaft«, und zitierte Khalil mit den Worten: »Die Universität hat verstanden, dass wir nicht nach Zeitplänen agieren können. Wir können nicht unter Zeitdruck agieren.«
Die Studentenzeitung Columbia Spectator zitierte einen Tag davor eine Äußerung, die Khalil auf einer Pressekonferenz gemacht habe. Khalil, der in dem Beitrag als »palästinensischer Doktorand« vorgestellt wird, habe gesagt, er besuche die Universität »mit einem F-1-Visum« – ein Studentenvisum – und habe sich aus »Angst vor einer Abschiebung« entschieden, an keinen Protesten teilzunehmen. Er habe sich in den letzten sechs Monaten »nicht sicher« gefühlt: »Wir sind hier mit antipalästinensischem Hass konfrontiert, der vielfältige Formen annimmt – sei es Islamophobie, Rassismus oder Antisemitismus (sic!). Doch die Columbia University hat diesen Schmerz nicht anerkannt, den Schmerz der palästinensischen Gemeinschaft an der Columbia University, die ein Ende des Völkermords im Gazastreifen fordert.«
Die Äußerung über das Studentenvisum und die angebliche Angst vor Abschiebung lässt vermuten, dass Khalil damals noch nicht im Besitz einer Green Card war.
Schockierende Erlebnisse
Die Columbia University ist seit dem 7. Oktober 2023 zum Inbegriff des Antisemitismus an amerikanischen Universitäten geworden. Der kanadische Antisemitismusforscher Charles Small erzählte im Januar 2024 in einem Interview mit Mena-Watch, er habe kurz nach dem Massaker vom 7. Oktober an einem Teach-in an der Columbia University teilgenommen, bei dem Doktoranden und Professoren die Situation im Gazastreifen analysierten, »und im Grunde die Besatzung für das Massaker verantwortlich« gemacht hätten. »Sie machen letztlich die Existenz des jüdischen Volks für das Massaker verantwortlich, weil die Juden ›kolonial‹, ›besetzend‹, ›faschistisch‹ und ›Nazis‹ auf dem Land der Palästinenser seien«, so Small.
Theoretisch habe er das alles gewusst, sei aber schockiert und emotional nicht darauf vorbereitet gewesen, »dass Studenten und Professoren das Massaker als Teil der ›Entkolonialisierung‹ rechtfertigen würden«. »Und das nach dem brutalen Massaker, den Fällen von Folter und den Sexualverbrechen von Hamas-Anhängern und Muslimbrüdern.«
Columbias Präsidentin Nemat Shafik trat im August 2024 zurück, nachdem sie für ihren Umgang mit den antisemitischen Zeltlagern und Kundgebungen kritisiert worden war. Jüdische Studenten beschrieben gegen sie gerichtete Gewalt, Drohungen und Beleidigungen auf dem Campus. Im heurigen Januar stürmten Vermummte eine Lehrveranstaltung über israelische Geschichte und warfen Blätter mit antisemitischen Karikaturen auf die Tische. Columbia zählt zu jenen zehn Universitäten, denen die Federal Task Force der Regierung zur Bekämpfung von Antisemitismus einen Besuch abstatten wird, um sich in Gesprächen mit Zeugen vor Ort ein Bild zu machen. Zudem hat Präsident Trump angekündigt, der Universität 400 Millionen Dollar an staatlichen Zuschüssen zu streichen, da sie jüdische Studenten vor antisemitischen Belästigungen nicht geschützt habe.
Sechs Tage vor der Verhaftung von Mahmoud Khalil hatte die Historikerin und Holocaustforscherin Deborah Lipstadt, die zwischen Mai 2022 und Februar 2025 Gesandte von US-Präsident Joe Biden zur Bekämpfung von Antisemitismus war, in einem Zeitungsbeitrag geschrieben, die angebotene Gastprofessur der Columbia University nicht anzunehmen, da sie nicht sicher sei, »ob sie an der Columbia sicher wäre oder überhaupt unterrichten könnte, ohne belästigt zu werden«.
Am Mittwoch erklärte Tom Homan, der Regierungsbeauftragte für den Schutz der Grenzen, Khalil sei eine »Bedrohung der nationalen Sicherheit. Wenn man auf dem Campus ist – ich höre die Worte ›Redefreiheit‹ und ›Meinungsfreiheit‹ –, darf man dann im Kino einfach ›Feuer‹ rufen? Darf man verleumden? Die Meinungsfreiheit hat Grenzen«, sagte Homan bei einem Auftritt in New Yorks Hauptstadt Albany. »In dieses Land einzureisen, sei es mit einem Visum oder als Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis, ist ein großes Privileg, aber es gibt damit verbundene Regeln. In der letzten Regierung wäre man damit vielleicht durchgekommen, aber nicht in dieser.«
“You fucking dumb bitch. I love Hamas. Open your window." — protesters in support of Hamas supporter and Columbia university grad student Mahmoud Khalil
— Emily Schrader – אמילי שריידר امیلی شریدر (@emilykschrader) March 13, 2025