Der ORF und der Gaza-Krieg: Nichts gelernt

Journalisten beim Begräbnis von Ismail al-Ghoul. Der ORF übernahm die Lügen von Al Jazeera und Hamas. (© imago images/APAimages)
Journalisten beim Begräbnis von Ismail al-Ghoul. Der ORF übernahm die Lügen von Al Jazeera und Hamas. (© imago images/APAimages)

Auch nach neun Monaten ist die Berichterstattung des ORF über den Krieg zwischen der Hamas und Israel kaum besser geworden.

Rund ein dreiviertel Jahr dauert der bewaffnete Konflikt im Gazastreifen bereits an, der mit dem beispiellosen Hamas-Massaker in der israelischen Grenzregion zum Gazastreifen und der Verschleppung von und über 250 israelischen Geiseln am 7. Oktober 2023 begonnen hat. Genauso lange beherrscht der Konflikt auch die mediale Berichterstattung, in der andere, teils weit dramatischere Krisen bestenfalls in Kurmeldungen oder -berichten Erwähnung finden. Dass etwa im Sudan rund die Hälfte der 50 Millionen Menschen akut Hilfe benötigt, Hunderttausende, wenn nicht Millionen, zu verhungern drohen und etliche Millionen auf der Flucht sind, wird bestenfalls am Rande zur Kenntnis genommen; für große Aufregung scheint es, in markantem Gegensatz zum Gaza-Krieg, nirgends zu sorgen.

Rund ein dreiviertel Jahr hatten die Medien auch Zeit, aus ihren Erfahrungen im Krieg zwischen der Hamas und Israel zu lernen und in ihrer Berichterstattung schlicht einen besseren Job zu machen, als sie das in der Anfangsphase der Kämpfe getan haben. Sie hatten reichlich Zeit zu verstehen, wie die Propaganda der Hamas und ihrer Unterstützer funktioniert, und ihr nicht mehr ständig auf den Leim zu gehen. Und sie hätten daran arbeiten können, den Konflikt nicht länger in einer Art und Weise darzustellen, die dem Narrativ der Hamas entgegenkommt, indem es die Israelis als Aggressoren und die Palästinenser als unschuldige Opfer darstellt.

Zwei Berichte im ORF in den letzten Tagen zeigen freilich, dass von einem Lerneffekt wenig zu bemerken ist: Noch immer werden Israel an den Pranger stellende Meldungen unkritisch übernommen, obwohl man es bereits besser wissen müsste, und unverändert werden Nachrichten so verkürzt, dass Israel als der Aggressor und Palästinenser, selbst wenn es Terroristen sind, als Opfer gezeichnet werden.

Wieder so ein Al-Jazeera-Journalist

Am vergangenen Mittwoch brachte der ORF auf seiner Webseite eine Meldung mit der Überschrift: »Al-Jazeera: Journalist und Kameramann in Gaza getötet«. Darin war zu lesen, dass bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen »nach Angaben des arabischen TV-Senders al-Jazeera ein Journalist und ein Kameramann des Senders getötet worden« seien. Die Hamas habe den Vorfall als »abscheuliches Verbrechen« bezeichnet, »das zu der Reihe von Verbrechen hinzukommt, die der Feind gegen palästinensische Journalisten begangen hat«. Während Israel den Sender aus Katar als »Sprachrohr der Hamas« verboten habe, weise dieser »Vorwürfe der Voreingenommenheit zurück«.

Al-Jazeera-Journalisten und die Hamas – war da nicht was? Gab es nicht schon etliche Berichte über Al-Jazeera-Leute, die unter dem Deckmantel des Journalismus auftraten, in Wahrheit aber für die Hamas operierten? Wurden nicht sogar israelische Geiseln von Al-Jazeera-Journalisten im Gazastreifen gefangen gehalten? Haben unabhängige Nachforschungen nicht ergeben, dass ein Großteil der im Gazastreifen ums Leben gekommenen »Journalisten« in Wahrheit Terroristen oder zumindest Claqueure blutigen Terrors gegen Israel waren?

Hätte es für ein seriöses Medium also nicht allen Grund gegeben, große Skepsis walten zu lassen, wenn Al Jazeera wieder einmal den Tod eines angeblich völlig unschuldigen »Journalisten« und ein weiteres »Verbrechen« Israels beklagt? Ich habe mich beim Lesen der ORF-Meldung jedenfalls gefragt, wie lange es wohl dauern wird, bis sich auch dieser »Journalist« als Hamas-Terrorist entpuppt. Ich will Sie nicht lange auf Folter spannen: Meine Erwartung wurde rasch erfüllt.

Nachdem Al Jazeera und die Hamas, wie üblich in vollem Einklang, alle gegen Ismail al-Ghoul bestritten, gab die israelische Armee am Samstag bekannt, was zu erwarten war: Der vermeintlich harmlose Journalist war direkt am Hamas-Blutbad in Israel am 7. Oktober 2023 beteiligt, anschließend unterrichtete er, ganz der Medienfachmann, andere Hamas-Terroristen darin, »wie man Videos von Angriffen auf israelische Truppen filmt und verbreitet«.

Um jeden Zweifel an der Stichhaltigkeit ihrer Vorwürfe zu entkräften, veröffentlichten die IDF auch einen Auszug aus einem Dokument, dass ihnen im Zuge ihrer Operationen im Gazastreifen in die Hände gefallen war: Eine Hamas-Liste führt al-Ghoul ausdrücklich als Mitglied einer Hamas-Brigade in Gaza-Stadt, sogar sein Eintritt in die Terrorgruppe war in der Computerdatei penibel angeführt: der 1. Juli 2014. »Trotz der falschen Versuche von Hamas und Al Jazeera, al-Ghoul als Journalisten darzustellen, war al-Ghoul ein aktiver Terrorist in der Hamas-Terrororganisation«, so das israelische Militär.

Überraschend war das nicht, ganz im Gegenteil. Doch obwohl für jeden absehbar gewesen war, dass der Nachweis der Hamas-Verbindung von al-Ghoul nur eine Frage der Zeit war, brachte der ORF die ursprüngliche Al-Jazeera-Meldung ohne den geringsten Hinweis darauf, dass das Propagandaorgan aus Katar keineswegs seriöse Quelle ist, und er unterließ auch jeden Verweis auf all die Fälle, in denen sich Al-Jazeera-Leute als Hamas-Männer herausgestellt haben. Der ORF verbreitete also unkritisch die Meldung, Israel habe – schon wieder – einen »Journalisten« getötet. Eine Richtigstellung dieser Falschmeldung erfolgte selbstverständlich nicht –wozu auch, wenn so etwas Tage später ohnehin nicht mehr zur Kenntnis genommen würde?

»Neun Palästinenser durch Luftschläge getötet«

In den Fernseh-Hauptnachrichten am Samstag berichtete der ORF sodann über einen allseits erwarteten »Vergeltungsschlag des Iran gegen Israel«. Gegen Ende des Beitrags war zu hören:

»Obwohl die Lage ernst ist, setzt Israel seinen Kampf gegen die Hamas und die Hisbollah unvermindert fort. Im israelisch besetzten Westjordanland werden neun Palästinenser durch Luftschläge getötet.«

Ein seriöser Bericht hätte ausgeführt, um wen es sich bei den getöteten Männern – zumindest laut Angaben der israelischen Armee – gehandelt haben soll: Den IDF nach habe sich ein Drohnenangriff in der Nähe von Tulkarem gegen ein Fahrzeug gerichtet, in dem sich fünf bewaffnete Hamas-Terroristen befunden hätten, die gerade auf dem Weg zu einem geplanten Terroranschlag gewesen seien. Palästinensischen Medien zufolge sei einer der Männer Haitham Balidi gewesen, ein lokaler Hamas-Kommandeur, auch zwei andere sind namentlich bekannt.

Kurz danach seien verdeckte israelische Einheiten nach Tulkarem gefahren, wo sie unter Beschuss gerieten. Laut übereinstimmenden Berichten palästinensischer und israelischer Medien seien mindestens vier Männer getötet worden, die das Feuer auf die Israelis eröffnet hatten.

Bei allen neun Männern, die im Zuge dieser beiden Vorfälle getötet wurden, hat es sich demnach nicht einfach um »Palästinenser« gehandelt, sondern um Terroristen, die einen Anschlag begehen wollten bzw. israelische Kommandos angegriffen haben.

Der ORF hätte das selbstverständlich wissen können; es hätte die zuständigen Redakteure keine Minute Zeit gekostet, die Hintergründe zu recherchieren. Ob sie das gemacht gaben, weiß ich nicht, aber klar ist: Das ORF-Publikum erfuhr nur, Israel habe »neun Palästinenser« getötet. Inhaltlich ist das selbstverständlich eine völlig andere Aussage als die Meldung, Israel habe »neun palästinensische Terroristen« eliminiert. Letzteres wäre zwar zutreffender gewesen und hätte den ORF-Zusehern nicht einen für die Einordnung der Meldung wichtigen Teil der Informationen vorenthalten, aber Ersteres passt viel besser zu dem Bild, dass der israelische Krieg gegen die Hamas vor allem auf Kosten unschuldiger »Palästinenser« gehe.

Nichts gelernt

Das waren nur zwei vergleichsweise unbedeutende Meldungen des ORF aus den vergangenen paar Tagen (weitere vergleichbare Fälle ließen sich freilich mühelos hinzufügen). Aber sie zeigen, was nach wie vor in der Berichterstattung über den Krieg zwischen Israel und der Hamas falsch läuft: In dem einen Fall kolportierte der ORF eine Meldung, die eine vehemente Anklage Israels enthielt – in der Tat wäre es ein Verbrechen, absichtlich Journalisten ins Visier zu nehmen. Aber jeder musste wissen, dass hier aller Wahrscheinlichkeit nach kein israelisches Verbrechen, sondern ein weiteres Beispiel für die Lügen von Hamas und Al Jazeera vorlag. Trotzdem verbreitete der ORF die Anklage.

Im anderen Fall wurde der Kontext israelischer Operationen komplett verschwiegen, um im Endeffekt aus neun ausgeschalteten Terroristen »neun getötete Palästinenser« zu machen. Damit wurde das Bild von Israel als dem Aggressor und den Palästinensern als Opfer israelischer Gewalt verfestigt. Seriös ist das nicht – aber leider auch alles andere als überraschend.

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