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Eine neue Terrorgruppe in Syrien: Wer ist Saraya Ansar al-Sunna?

Syrien: Logo der neuen Terrorgruppe Saraya Ansar al-Sunna
Syrien: Logo der neuen Terrorgruppe Saraya Ansar al-Sunna (Quelle: Jihadist Media Watch / CC0)

Die neue Terrorgruppe Saraya Ansar al-Sunna stellt eine Bedrohung für die Sicherheit und die Politik Syriens dar, indem sie die Bemühungen der Übergangsregierung torpediert.

Die Gruppe Saraya Ansar al-Sunna trat im Februar dieses Jahres mit einer Erklärung auf Telegram in die Öffentlichkeit, in der sie der syrischen Übergangsregierung »Korruption und Toleranz« gegenüber Alawiten und Schiiten vorwarf, mit Anschlägen sogenannter einsamer Wölfe drohte und sich selbst als »dezentrale Kraft«, die jederzeit und überall töten könne, bezeichnete. 

Zu ihr zählen abtrünnige Kämpfer von Hayat Tahrir al-Sham, der Miliz des sich mittlerweile gemäßigt gebenden Präsidenten Ahmed al-Sharaa, und anderen militanten Gruppen sowie kürzlich rekrutierte Zivilisten unter dem Kommando eines Mannes namens Abu Aisha al-Shami. In den letzten Monaten übernahm sie die Verantwortung für gezielte Tötungen, insbesondere in den von Alawiten bevölkerten Gebieten wie Homs, der Küstenregion und der Umgebung von Hama. Später drohte sie auch der drusischen Gemeinschaft mit einem Angriff in Suweida, nachdem am 29. April ein Video veröffentlicht wurde, in dem der Prophet Mohammed beleidigt worden sein soll.

Das Institute for the Study of War (ISW) gab an, dass Saraya Ansar al-Sunna rund zwanzig Anschläge auf ehemalige Beamte des gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad und die alawitische Minderheit in Westsyrien verübt habe. Obwohl die Gruppe in ihren ersten Stellungnahmen aktuell jegliche Zusammenarbeit mit dem Islamischen Staat dementierte, schloss sie eine künftige Kooperation nicht aus und betonte ausdrücklich, dass »dies bekannt gegeben wird, wenn es geschieht«.

»Spitze des Eisbergs«

Einer der prominentesten Anführer von Saraya Ansar al-Sunna, Scheich Abu al-Fath al-Shami, erklärte gegenüber der libanesischen Zeitung Al-Nahar, die Gruppe sie bereits vor dem Sturz des ehemaligen syrischen Regimes gegründet worden, aber die aktuellen Umstände böten ihr nun die Möglichkeit, ihren Einfluss zu vergrößern. Al-Shami räumte auch die Beteiligung an den vor Wochen in der Küstenregion verübten Massakern an Angehörigen der Alawiten ein, bezeichnete die Ereignisse als »Spitze des Eisbergs« und dass Minderheiten in dieser Phase ganz oben auf der Prioritätenliste der Gruppe stünden.

Laut Al-Nahar ist die Konzentration von Saraya Ansar al-Sunna auf die Minderheitengebiete, insbesondere auf die alawitischen Gebiete in den ländlichen Regionen von Hama und Homs, nicht allein auf den »Kampf gegen den Unglauben« zurückzuführen, wie es in ihren Fatwas heißt; vielmehr sei sie Teil eines Plans, in ländlichen Gebieten fernab der Kontrolle von Hayat Tahrir al-Sham Fuß zu fassen, um sich auf eine zukünftige Phase vorzubereiten, in der es möglicherweise zu einer militärischen Konfrontation mit der neuen syrischen Regierung kommen könnte.

Darüber hinaus verschafft Saraya Ansar al-Sunna die Präsenz in der Umgebung von Homs laut einer Erklärung den geografischen Vorteil, die libanesische Grenze leicht zu erreichen und sich auf einen Einmarsch in den Libanon vorzubereiten. Die Gruppe lehne säkulare Gesetze und moderne Grenzen ab, was auch die Übergangsregierung und die Grenzen des syrischen Staates betrifft.

Destabilisierung Syriens

Laut einer ISW-Forschungsarbeit strebe Saraya Ansar al-Sunna »wahrscheinlich die Destabilisierung des fragilen politischen Übergangs in Syrien an, um einen islamistischen Staat zu errichten«. Die Ermordung von Personen, die Assad nahestanden, könnte darauf abzielen, den ohnehin schwelenden Konflikt zwischen den Überbleibseln des Assad-Regimes und der jetzigen Übergangsregierung weiter anzufachen. 

Solche Morde könnten der Gruppe auch die Unterstützung durch andere islamistische Sekten verschaffen und auf der anderen Seite »Assad-Loyalisten dazu ermutigen, sich militärisch neu zu formieren, um sich zu verteidigen«, was umfassende Kämpfe zwischen den verfeindeten Fraktionen in Syrien befürchten lässt. Zugleich könnten die Aktivitäten von Saraya Ansar al-Sunna »den Interessen des Irans dienen, die Übergangsphase in Syrien zu stören«, so der ISW-Bericht, obwohl es bislang keine schlüssigen Beweise für die Unterstützung durch Teheran gebe.

Der libanesische Autor Rami al-Amin schrieb in einem Artikel auf der Website des amerikanischen Senders Al-Hurra, Saraya Ansar al-Sunna könnte »der neue Name für den IS in seiner Übergangsphase sein oder einfach eine sektiererische Front, um Extremisten anzulocken, die Rache und Blutvergießen suchen«. In jedem Fall stelle diese mysteriöse neue Bewegung eine doppelte Bedrohung für die Sicherheit und die Politik dar, welche die Bemühungen um den Erfolg der Übergangsphase und die Vereinigung Syriens mit all seinen Gruppen und Minderheiten unter der Autorität einer Zentralregierung in Damaskus untergraben könnte.

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