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Muslimbruderschaft-Verbot in Jordanien als Gewinn für regionale Stabilität

Jordanische Polizei vor einem Büro der Muslimbruderschaft und ihrer Partei Islamische Aktionsfront
Jordanische Polizei vor einem Büro der Muslimbruderschaft und ihrer Partei Islamische Aktionsfront (Quelle: JNS)

Die historische und politisch bedeutsame Entscheidung des jordanischen Königs, die Muslimbruderschaft in seinem Land zu verbieten, ist ein Wendepunkt, der die gesamte Region betrifft.

Amine Ayoub

Jordaniens mutige Entscheidung, die Muslimbruderschaft zu verbieten, ist mehr als eine innenpolitische Umwälzung, sie ist ein regionaler Wendepunkt. Mit der Schließung der Büros der Bruderschaft, der Beschlagnahmung ihrer Vermögenswerte und der Anklage ihrer Mitglieder wegen der Planung von Anschlägen hat Amman ein klares Zeichen gesetzt: Islamistische Bewegungen, die mit Militanz liebäugeln, haben im modernen Nahen Osten keinen Platz. Für Israel und die westlichen Verbündeten, die an der Stabilität in der Region interessiert sind, sollte dieser Schritt als klarer Sieg gewertet werden.

Die Muslimbruderschaft präsentiert sich seit Langem als politische Bewegung, die auf islamischen Werten und Wahllegitimität basiert. Tatsächlich ist sie der ideologische Motor hinter einigen der am stärksten destabilisierenden Akteuren der Region, darunter die Hamas, die sich selbst als palästinensischer Ableger der Bruderschaft bezeichnet. Ihr Netzwerk lebt davon, Unruhen zu schüren, demokratische Prozesse zu manipulieren sowie antiwestliche und antiisraelische Stimmungen in der gesamten arabischen Welt zu normalisieren. Von Ägypten über den Gazastreifen und Tunesien bis nach Katar ist ihr Einfluss zerstörerisch.

Weckruf für Amman

Das Verbot folgt auf die Festnahme von sechzehn Personen, die mit »nicht zugelassenen Gruppen« in Verbindung stehen, die angeblich an der Herstellung von Raketen und der Rekrutierung für Anschläge beteiligt sind. Das Regime in Amman handelt dabei nicht aus Paranoia, sondern reagiert auf glaubwürdige Sicherheitsbedrohungen durch eine Gruppe, die es versteht, im Verborgenen zu agieren und sich gleichzeitig als legitime Opposition zu präsentieren.

Jordanien bewegt sich seit längerer Zeit auf einem schmalen Grat – es hält den Frieden mit Israel aufrecht, kooperiert mit den Vereinigten Staaten und toleriert islamistische Gruppierungen unter dem Deckmantel der Inklusivität. Doch dieser Balanceakt wird zunehmend zu einer Belastung. Die Islamische Aktionsfront, eine mit der Bruderschaft verbundene politische Partei, erzielte bei den Wahlen in Jordanien im vergangenen Jahr große Gewinne, indem sie die Proteste gegen den Krieg Israels mit der Hamas für sich nutzte.

Dies war ein Weckruf für die Monarchie: Die Bruderschaft war nicht nur eine Oppositionspartei, sondern eine Bedrohung für den nationalen Zusammenhalt und die regionalen Allianzen Jordaniens. Mit der Durchsetzung des Verbots sendet Amman eine Botschaft an innen- und außenpolitische Akteure: Der politische Islam darf sich nicht als demokratische Opposition tarnen und gleichzeitig den Staat von innen untergraben.

Für Israel ist dies eine strategische Wende mit direkten Auswirkungen auf seine Sicherheit. Jordanien ist mehr als nur ein Nachbar, es ist ein Pufferstaat, ein Partner in der Grenzsicherung und ein stiller Dreh- und Angelpunkt in der Anti-Iran-Achse. Ein von der Bruderschaft geprägtes Jordanien würde nicht nur interne Instabilität bedeuten, sondern könnte auch noch radikaleren, antiisraelischen Strömungen an Israels längster Grenze Tür und Tor öffnen.

Mit dem Verbot der Bruderschaft wird auch das ideologische und logistische Unterstützungsnetzwerk der Hamas geschwächt. Und obwohl Jordanien darauf besteht, dass die Islamische Aktionsfront rechtlich von der Bruderschaft getrennt ist, waren die Überschneidungen in der Berichterstattung, den Zielen und dem politischen Verhalten immer deutlich.

Lehre für Westen

Israel profitiert davon, wenn islamistische Fraktionen in der Region an Boden verlieren, insbesondere solche, die demokratische Instrumente nutzen, um demokratische Normen zu untergraben. Doch der Schritt liefert auch eine wichtige Lehre für westliche Politiker: Die Muslimbruderschaft im Namen des Pluralismus zu tolerieren, ist ein gefährliches Spiel. Die Geschichte der Gruppe zeigt ein Muster: Einstieg in die Politik, Erlangung von Legitimität, Nutzung dieser Macht, um Institutionen von innen heraus zu zerstören.

Der Westen sollte die Entscheidung Jordaniens nicht als religiöse oder politische Repression betrachten, sondern als präventive Selbstverteidigung. Die jordanische Führung tut, was viele westliche Regierungen bisher unterlassen haben: Sie geht hart gegen eine Ideologie vor, die sich als unvereinbar mit liberalen demokratischen Werten erwiesen hat.

Es ist an der Zeit, dass der Westen seine eigene Haltung überdenkt. Mit der Bruderschaft verbundene NGO und Lobbyisten agieren frei in ganz Europa und Nordamerika. Ihr Ziel ist nicht Koexistenz, sondern eine sanfte Radikalisierung: die Veränderung von Narrativen, die Beeinflussung der Politik und die Schwächung von Allianzen mit demokratischen Partnern wie Israel.

Es ist nicht das erste Mal, dass Jordanien gegen die Bruderschaft vorgeht, aber es könnte das bislang entschlossenste Vorgehen sein. Die aktuellen Maßnahmen umfassen die Beschlagnahmung von Vermögenswerten, die Verhaftung wichtiger Aktivisten und die Schließung des letzten politischen Raums der Gruppe. Ob dies das Ende der Bruderschaft in Jordanien bedeutet, hängt davon ab, wie konsequent die Monarchie ihre Maßnahmen umsetzt.

Eines ist jedoch sicher: Die regionale Lage wendet sich. Ägypten hat die Bruderschaft 2013 verboten, die Vereinigten Arabischen Emirate hat sie als terroristische Organisation eingestuft, und Saudi-Arabien ist trotz seiner eigenen inneren Widersprüche gegen ihre Ableger vorgegangen. Nun reiht sich Jordanien in die Liste jener Staaten ein, die Stabilität über ideologische Beschwichtigung stellen.

Israel sollte diese Dynamik nicht nur durch stillschweigende Unterstützung fördern, sondern auch durch die Koordinierung sicherheitsrelevanter Maßnahmen gleichgesinnter regionaler Akteure. Der Austausch von Geheimdienstinformationen, gemeinsame Programme zur Bekämpfung der Radikalisierung und öffentliche Informationskampagnen könnten von einer engeren Zusammenarbeit zwischen Israel und Jordanien in der Zeit nach der Bruderschaft profitieren.

Die Charmeoffensive der Muslimbruderschaft ist vorbei. Jordanien hat ihr den Anschein politischer Legitimität genommen und ihre wahre Bedrohung offenbart: ein Netzwerk, das Extremismus schürt, die staatliche Souveränität untergräbt und den Hass gegen Israel und den Westen schürt. Mit dem Verbot der Muslimbruderschaft hat Jordanien nicht nur sich selbst abgesichert, sondern auch Stellung bezogen – eine Stellung, die der Sicherheit Israels, den Interessen der USA und dem übergeordneten Ziel eines stabileren Nahen Ostens dient.

Amine Ayoub, Fellow des Middle East Forums, ist Politikanalyst und Autor mit Sitz in Marokko. (Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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