Florian Markl ist einer der »Gründerväter« von Mena-Watch. Als wissenschaftlicher Leiter ist er für die vertiefenden Inhalte online und offline verantwortlich, die über das tägliche, aktuelle Geschehen hinausgehen.
Florian Markl ist zwar der No-Nonsense-Typ, der mit Small Talk in Blitzeseile zu vergraulen ist, gleichzeitig erfüllt er aber auch in gewisser Weise das Klischee des klassischen Wieners: ein goldenes Herz, das man allerdings hinter pessimistisch-sarkastischen Äußerungen und verweigerter Fröhlichkeit nicht sofort erkennen kann: »Lachen kostet extra.« Schlimm genug, dass er für ein Gespräch über sich selbst zur Verfügung stehen soll. Aber in Wirklichkeit – verraten Sie es ihm nicht, obwohl es ohnehin kein Geheimnis ist –, ist er umgänglicher, als es den Anschein hat. Er spricht nicht viel, aber wenn, dann sitzen die pointierten Sager des stillen und aufmerksamen Beobachters. Florian Markl hat feine, sensible Antennen und erkennt Nuancen in Menschen und Dingen oft früher als andere.
Der Sohn von Naturwissenschaftlern bewegte sich bereits in seiner Kindheit in einem intellektuellen, engagierten Umfeld und traf Menschen, deren Bedeutung ihm erst viel später klar wurde. Als er einmal einen gewissen »Sir Karl Popper« am Telefon sprach, wusste er damals mit dem Namen natürlich noch nichts anzufangen. Politisches Gewissen und Engagement sind zwar nicht erblich, aber Markl hatte damit schon sein Leben lang auf die eine oder andere Weise zu tun.
Statt mitzulaufen, ging Florian Markl immer schon unbeirrbar seinen eigenen Weg. Die Zeit des Erwachsenwerdens verbrachte er als Individualist, als »seltsamer Hippie«: Er war natürlich für Frieden, aber das hielt ihn nicht davon ab, sich auch für Kampfflugzeuge zu interessieren. Undifferenzierte, vorgefertigte Ideologien waren noch nie das Seine.
Einer der Auslöser von Markls Sozialisierung als Leser und Denker war dem notorisch schlechten Wetter im Salzkammergut geschuldet, über das er jedoch nicht jammerte, sondern als Gelegenheit sah, sich in Dostojewskis Der Idiot zu vertiefen. Später versank er in der politischen Literatur und las sich in die Geschichte des Anarchismus ein. Schon früh beschäftigte Markl sich mit den »finsteren« Themen Antisemitismus und Nationalsozialismus, an denen er bis heute arbeitet. Ein »Fachidiot« ist er deswegen allerdings nie geworden.
Aus welchen Gründen interessiert sich der Politikwissenschafter für diese schwierigen, schmerzhaften Themen, die der Hoffnung auf das Gute im Menschen so wenig Raum lassen? »Das ist halt so.« – Die Antwort ist kurz und prägnant, also typisch Markl. Auch seine Freundin ist seit dreiundzwanzig Jahren als Wissenschaftlerin tätig und beschäftigt sich an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit Massenverbrechen, also ähnlich unfassbaren Themen. Was würde sie wohl über ihren Lebenspartner sagen? »Ich vermute, dass sie mich gernhat.« – Ein Markl, wie er leibt und lebt: evidenzbasierte Hypothesen am Weg zu verifizierten Schlussfolgerungen.
Florian Markl ist studierter Politikwissenschafter, Historiker und Philosoph. Seine ersten akademischen Arbeiten befassten sich mit Kritischer Theorie und Antisemitismus, den palästinensischen Terroranschlägen in Österreich und über die Wurzeln heutiger Entwicklungen in der Kreisky-Ära, die seither längst in Vergessenheit geraten und aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden sind.
Der katastrophale Anschlag auf die USA im September 2001 erlebte der Meister der ruhigen, stets sachlichen und fundierten Argumentation gegen jedweden Unfug als einschneidendes Ereignis. Die zeitgleichen Anschläge in Israel, der islamistische Terror, der Hand in Hand mit – ausgerechnet – antiisraelischem Hass einherging, empörten ihn zutiefst, ebenso wie die nicht minder reflexartig ideologieverseuchten Reaktionen darauf, die jede Empathie für die Opfer vermissen ließen und mitunter mehr als nur klammheimliche Freude über die Verbrechen der Terrororganisation Hamas bekundeten. Danach wandte sich der ewig Grübelnde endgültig von vorgefertigten Ideologie-Paketen ab und verließ sich nur noch auf seine eigenen Überlegungen und Gedanken, anstatt jene von anderen zu übernehmen.
Florian Markls berufliche Entwicklung begann als Historiker und Archivar beim Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus und als Lehrbeauftragter der Universität Wien. Im Jahr 2011 lernte er Erwin Javor kennen, für den er das erste Konzept für Mena-Watch ausarbeitete. Mena-Watch begann als Medienbeobachtungsstelle für den Nahen Osten und entwickelte sich zu einem unabhängigen Nahost-Thinktank mit weiteren Online- und Offline-Kanälen und wachsenden Reichweiten. Was immer der wissenschaftliche Leiter recherchiert, schreibt, vorträgt und in Interviews erläutert – alles hat Substanz.
Kaum kommt man auf die Idee, dass einem hier eine personifizierte linke Gehirnhälfte auf Haxen gegenübersitzt, stellt sich heraus, dass Florian Markl auch jahrelang Klavier gelernt hat und bis heute voller Hingabe quer durch die Musikliteratur Gitarre spielt. Rock, Blues, Hendrix, Pink Floyd, klassische Werke, Flamenco. Seit einigen Jahren hat er auch die Jazzgitarre für sich entdeckt und sogar die Country-Musik: »Da gibt es ein paar richtig lustige Techniken«, freut sich der Hobbymusiker. Und inmitten der Retro-Regale voller Bücher des wissenschaftlichen Leiters eines vorwiegend digitalen Mediums sollen auch regelmäßige Pokerrunden stattfinden. Wer das undurchdringlichste Pokerface hat, lässt sich erahnen.
Florian Markls Wünsche sind bescheidener Natur. Er ist sich bewusst, dass die »Ambition, die Welt aus den Angeln zu heben, immer wieder zu den schlimmsten Ereignissen der Geschichte geführt hat«. Sollte es einen Erfinder für die Formulierung »das wird so nicht funktionieren« geben, darf man getrost ohne Plagiatsklagen befürchten zu müssen Florian Markl in Betracht ziehen. Für ihn wäre Utopia schon erreicht, könnte er mit einem Buch am Meer sitzen und sich sicher sein, keine persönlichen oder politischen Katastrophen mehr erleben zu müssen.