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Amnesty International und die anti-israelische „Nakba“-Propaganda

Von Alex Feuerherdt

Folgt man Amnesty International, dann sind die antisemitischen Ausschreitungen im Rahmen des „Großen Rückkehrmarsches“ der Palästinenser im Gazastreifen lediglich so etwas wie ein Happening, während die israelische Reaktion darauf schreiendes Unrecht darstellt. Damit macht sich die Menschenrechtsorganisation die palästinensische „Nakba“-Propaganda zu eigen und delegitimiert den jüdischen Staat – nicht zum ersten Mal.

Amnesty International und die anti-israelische „Nakba“-PropagandaEs ist bereits ein grundlegender Fehler, die Ausschreitungen, die seit Wochen im Rahmen des „Großen Rückkehrmarsches“ der Palästinenser an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel toben, für eine Form von Protest zu halten. Denn dieser Marsch, bei dem unter anderem Soldaten und Sperranlagen angegriffen, Autoreifen angezündet, mit Sportdrachen umliegende Felder in Brand gesetzt und neben palästinensischen auch Hakenkreuzfahnen gezeigt werden, ist keine legitime Demonstration palästinensischer Bürger. Sondern ein kriegerischer Akt unter Beteiligung der Hamas und anderer Terrororganisationen, bei dem gezielt die militärische Konfrontation mit dem jüdischen Staat und dessen Armee gesucht wird. Die weitaus meisten Palästinenser, die bislang bei dieser Konfrontation getötet wurden, waren folgerichtig Terroristen und gehörten beispielsweise den Kassam-Brigaden oder den Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden an. Sie haben auch nicht bloß ein prinzipiell berechtigtes Anliegen missbraucht, denn dieses Anliegen ist selbst schon hochgradig aggressiv.

Der „Rückkehrmarsch“ ist kein Mittel, um auf soziale, wirtschaftliche oder politische Missstände hinzuweisen, die aus Sicht der palästinensischen Teilnehmer von Israel zu verantworten sind. Vielmehr liegt dem Beharren auf dem angeblichen Recht von über fünf Millionen Palästinensern, auf israelisches Territorium „zurückzukehren“ (wo sie nie gelebt haben), das Ziel zugrunde, Israel auch mit den Mitteln der Demografie zuleibe zu rücken und auf diese Weise das Ende des jüdischen Staates einzuläuten. Anders gesagt: Diejenigen, die sich an den gewalttätigen Aufmärschen an der Grenze des Gazastreifens beteiligen, lehnen nicht bloß eine bestimmte israelische Politik ab, sondern die Existenz Israels an sich. So erklärt sich beispielsweise auch, warum sie Teile des Grenzübergangs Kerem Shalom in Brand gesetzt und dabei wichtige Energieversorgungsleitungen beschädigt haben. Der „Rückkehrmarsch“ gehört zur Kriegsstrategie der Hamas wie die Raketen und die Terrortunnel.

Eine solche Manifestation gibt es jedes Jahr am „Nakba-Tag“, wenn Palästinenser den Jahrestag der israelischen Staatsgründung von 1948 zum Anlass nehmen, um die Grenzen zum jüdischen Staat zu belagern und nach Möglichkeit zu durchbrechen. Zum 70-jährigen Jubiläum Israels allerdings fallen die diesbezüglichen Aktivitäten besonders militant aus, und auch die Beteiligung ist größer als sonst. Hinzu kommt nun eine Unterstützung von prominenter Seite: Amnesty International fordert in einer langen Erklärung ein „umfassendes Waffenembargo“ gegen den jüdischen Staat und nennt als Grund dafür dessen „mörderischen Angriff gegen protestierende Palästinenser“. Bewaffnete israelische Truppen, so die Menschenrechtsorganisation, töteten und verstümmelten „Demonstranten, die keine unmittelbare Bedrohung für sie darstellen“.

 

Wie Amnesty den jüdischen Staat dämonisiert

Amnesty International und die anti-israelische „Nakba“-PropagandaSeit Wochen sehe die Welt „entsetzt zu, wie israelische Scharfschützen und andere Soldaten in voller Schutzausrüstung und hinter einem Zaun palästinensische Demonstranten mit scharfer Munition und Tränengas angreifen“, wird Magdalena Mughrabi, die stellvertretende Regionaldirektorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika, in der Stellungnahme zitiert. Trotz internationaler Verurteilungen habe die israelische Armee „ihre illegalen Befehle, unbewaffnete Demonstranten zu erschießen, nicht rückgängig gemacht“. Die Zeit für symbolische Verurteilungen sei vorüber, so Mughrabi weiter; die „internationale Gemeinschaft“ müsse jetzt „konkret handeln und die Lieferung von Waffen und militärischer Ausrüstung einstellen“. Andernfalls würden „weiterhin schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Tausende von Männern, Frauen und Kindern begangen, die unter den Folgen der grausamen israelischen Blockade des Gazastreifens leiden“.

Diese Menschen protestierten lediglich „gegen ihre unerträglichen Lebensumstände“ und forderten „das Recht, in ihre Häuser und Städte im heutigen Israel zurückzukehren“. Außerdem hätten die Organisatoren des „Großen Rückkehrmarsches“ wiederholt beteuert, „dass die Proteste friedlich sein sollen“ und vor allem „Sit-ins, Konzerte, Sportspiele, Reden und andere friedliche Aktivitäten“ umfassen. Nur vereinzelt hätten sich einige Demonstranten dem Zaun genähert oder Steine auf die bis an die Zähne bewaffneten israelische Soldaten geworfen. Diese hätten dagegen auch auf völlig harm- und wehrlose Menschen geschossen, darunter Kinder, Frauen, Journalisten und Ärzte, und dabei mehr als fünfeinhalbtausend Menschen verletzt. Die Krankenhäuser seien überfüllt, während Israel in mindestens einem Fall einem schwerverletzten jungen palästinensischen Journalisten die Einreise ins Westjordanland verweigert habe, weshalb man ihm ein Bein habe amputieren müssen.

Es ist bemerkenswert, in welchem Ausmaß und Umfang sich die renommierte Organisation die palästinensische Propaganda zu eigen macht und Israel dämonisiert. Schon die Erzählung von den friedlich-fröhlichen Protesten, die an ein studentisches Happening erinnern, ist bereits auf den ersten Blick so offensichtlich falsch, dass man geneigt ist zu fragen, ob Amnesty International ernsthaft glaubt, damit durchzukommen. Bemerkenswert ist auch, auf welche Quellen sich die Vereinigung stützt: Die Zahl der verletzten Palästinenser etwa übernimmt sie vom „Gesundheitsministerium“ im Gazastreifen, das sich bekanntlich in den Händen der Hamas befindet und damit eigentlich nicht als glaubwürdige Instanz infrage kommen dürfte. Die verlinkten Videos, die Schüsse der israelischen Armee auf Palästinenser zeigen sollen, sind teilweise nicht minder dubiosen Ursprungs.

 

Kritiklose Übernahme der „Nakba“-Ideologie

Amnesty International und die anti-israelische „Nakba“-PropagandaSie gehen beispielsweise auf Al-Mezan und Adalah zurück, zwei palästinensische NGOs, die an der antisemitischen BDS-Kampagne gegen Israel beteiligt sind und auch ansonsten ihr Dasein der Delegitimierung des jüdischen Staates widmen. Andere Amateurfilmaufnahmen – oft von minderer Qualität, ohne ernsthafte Aussagekraft und nur deshalb von einiger Relevanz, weil sie im Internet für viele Klicks gesorgt haben –, suggerieren ebenfalls mehr, als dass sie etwas beweisen. Zumindest wäre eine grundlegende Skepsis angebracht, nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass palästinensische Aktivisten nicht selten dramatische Verletzungen simulieren und inszenieren. Als „Pallywood“ wird diese Art von gestellten Vorfällen und Geschichten bezeichnet, doch Amnesty hinterfragt die Bilder nicht, sondern präsentiert sie als unumstößliche Beweise, trotz ihrer teilweise fragwürdigen oder unklaren Herkunft.

Auch die Übernahme der „Rückkehr“- und „Nakba“-Ideologie, verbunden mit der abwegigen Rechtfertigung der Aufmärsche als Protest gegen „unerträgliche Lebensumstände“, stellt eine vollumfängliche Legitimation der radikalen palästinensischen Aktivitäten gegen die Existenz des Staates Israel dar. Mit keinem einzigen Wort werden diese Aktivitäten kritisiert, selbst die Hakenkreuze bleiben unerwähnt, die Palästinenser erscheinen ausschließlich als arglose Opfer Israels. Der jüdische Staat und seine Armee dagegen werden mit Vokabeln belegt, die sonst nur für Unrechtsregime verwendet werden: „mörderischer Angriff“, „Verstümmeln“ von „unbewaffneten Demonstranten“, „illegale Befehle“, „schwere Menschenrechtsverletzungen“, „grausame Blockade“. Die Forderung von Amnesty International nach einem Waffenembargo ist ebenfalls etwas, das normalerweise lediglich gegenüber Diktaturen, Despotien und Autokratien erhoben wird, aber nicht gegen einen demokratischen Staat wie Israel geltend gemacht wird.

„Wir werden die Grenzen stürmen, wir werden ihre Herzen herausreißen, und wir werden in Jerusalem beten“, sagte der Hamas-Führer Yahya Sinwar, an die Teilnehmer des „Rückkehrmarsches“ gerichtet. Die Gotteskriegerpartei macht aus ihrem Ziel keinen Hehl, und das besteht immer noch in der Vernichtung – nicht nur Israels, sondern der Juden überhaupt. Das aber ignoriert Amnesty, und weil eine Aussage wie die von Sinwar keineswegs randständig ist, muss man annehmen, dass diese Ignoranz eine bewusste Entscheidung ist, zumal sich die Vereinigung keineswegs zum ersten Mal mit einer gegen Israel gerichteten Stellungnahme hervorgetan hat. Damit aber betätigt sie sich in diesem Fall nicht als Menschenrechtsorganisation, sondern sie bezieht faktisch Position für den Krieg gegen den jüdischen Staat. Und trägt so an dessen 70. Geburtstag zur Unterminierung von dessen Recht auf Existenz und Selbstverteidigung bei.

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