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Wie deutschsprachige Medien auf Israels Schlag gegen den Iran reagieren (Teil 1)

Israelische Kampfflugzeuge bereiten sich auf den Luftschlag gegen den Iran vor
Israelische Kampfflugzeuge bereiten sich auf den Luftschlag gegen den Iran vor (© Imago Images / Xinhua)

Kaum hat Jerusalem die Konsequenz aus der sich stetig verschärfenden Bedrohung durch das iranische Regime gezogen, sind hiesige Medien schon damit beschäftigt, Israel die Schuld zuzuschanzen.

Wenn Machthaber eines großen Staates nicht durch demokratische Prozesse kontrolliert und abgelöst werden können und auch noch glauben, sie selbst wären vor den Folgen ihres Handelns geschützt, ist das ein Rezept für eine Katastrophe. Noch schlimmer wird es, wenn die politische Klasse fest entschlossen ist, die Augen zu verschließen, wenn die Brandstifter Fässer voller Benzin ins Haus tragen.

Seit Jahrzehnten hat das Ayatollah-Regime im Iran den Nahen Osten in eine große Raketenabschussanlage verwandelt: Im Gazastreifen, im Libanon, in Syrien, im Irak und im Jemen übernahm es de facto die Macht, ließ seine Gegner gewaltsam aus dem Weg räumen und versorgte seine Handlanger mit Waffen für die angestrebte endzeitliche Schlacht gegen Israel. Auf dem Palästina-Platz in Teheran hat das Regime eine Uhr aufgestellt, welche die vermeintliche Restzeit des Staates Israel bis zu dessen Vernichtung zählt.

Die Bevölkerung wurde versklavt und muss zusehen, wie die Früchte ihrer Arbeit gestohlen werden, um den Vernichtungsfantasien des Regimes zu dienen. »Baut noch mehr Raketen!«, lautet das einzige Wirtschaftsprogramm. In einem Land, das dank Bodenschätze und Bildungsniveau zu einem der reichsten der Welt gehören könnte, leben zwei von drei Menschen in Armut. Währenddessen eröffnete das Regime immer mehr Fronten:

  • einen Drohnen- und Raketenkrieg gegen Saudi-Arabien,
  • Angriffe auf US-Militärstützpunkte im Irak,
  • Angriffe gegen Gegner des syrischen Ex-Diktators Assad,
  • Angriffe auf die Schifffahrt im Golf von Oman,
  • Raketenangriffe auf Pakistan.

Geplatzte Verhandlungen

Zunächst vom Gazastreifen und dem Libanon, später auch vom Jemen und dem Iran aus, begann das Regime im Oktober 2023 einen umfassenden Krieg gegen Israel. Es dachte nicht, dass Israel es wagen würde, die Verantwortlichen dort anzugreifen, wo sie sitzen: im Iran.

Die Atomverhandlungen mit der US-Regierung müssen sich für das Regime wie eine Zeitreise zurück in die Obama-Jahre angefühlt haben. Am 12. Juni verkündete Behrouz Kamalvandi, Sprecher der iranischen Atomenergieorganisation (AEOI), die Urananreicherung werde »dramatisch gesteigert« und »politischer Druck« das Regime »nicht zu Kompromissen bewegen«.

Mehr musste US-Präsident Donald Trump nicht hören; es war nun völlig klar, dass Verhandlungen unmöglich waren und die iranische Atombombe nur mit militärischen Mitteln zu verhindern war. Folglich gab er Israel grünes Licht.

Die Operation war über alle Maßen erfolgreich. Nicht nur wurden Atomanlagen getroffen, sondern auch die Führungsspitze der Streitkräfte ausgelöscht, darunter Hussein Samali, Chef der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC). Im Jahr 2016 prahlte er mit »100.000 iranischen Raketen«, die auf Israel gerichtet seien, drei Jahre später drohte er, Israel von der Landkarte zu entfernen: »Heute gibt es mehr denn je fruchtbaren Boden, mit der Gnade Allahs, für die Auslöschung, das Wegwischen, den Kollaps des zionistischen Regimes.«

Noch vor wenigen Tagen traf Salami mit Jamil Mazhar, dem stellvertretenden Generalsekretär der Terrororganisation PFLP, zusammen, der in einer gemeinsamen Presskonferenz den Überfall der Hamas auf Israel 2023 als »eine grundlegende Operation und Schlacht, welche die Art des Kampfs gegen das zionistische Regime verändert hat und zu einer großen sicherheitspolitischen Niederlage für dieses Regime geführt« habe, lobte.

Im vergangenen Mai hatte er noch vollmundig verkündet, der Iran befände sich »im umfassenden Krieg. Alle Schlachtfelder sind aktiv, doch das Land genießt Sicherheit und Frieden und alle Komponenten des Systems arbeiten normal.« Dies sei »ein außergewöhnliches Phänomen«, doch »unser Volk ist nicht ängstlich; es ist in völliger Ruhe, während unsere Feinde und die Zionisten in einem Zustand der Angst und Unruhe sind«.

Pauschalverurteilung

Auch in Deutschland und Österreich gibt es Kommentatoren, die wie Salami der Meinung sind, das Ayatollah-Regime sei unbesiegbar und alles, was Israel tue, führe ins Verderben. Der Historiker Moshe Zimmermann hält die Dummheit der israelischen Bevölkerung für die Wurzel aller Kriege im Nahen Osten und meint, die Europäer seien klüger: »Weil die Menschen in Europa begriffen haben, dass man nicht jeden Konflikt mit der Waffe lösen muss.«

Dass die Deutschen das erst auf die harte Tour lernen mussten und die Nazis 1938/39 nicht durch das von Zimmermann stets empfohlene freundliche Entgegenkommen gestoppt wurden, möchte er lieber nicht sehen. Seltsam auch, dass er sein Patentrezept immer nur auf Israel anwenden will. Warum erklärt er nie der Hamas, dass man »nicht jeden Konflikt mit der Waffe lösen muss«?

Zimmermann also, für den zuverlässig Israel an allem schuld ist, wurde gestern Früh vom Deutschlandfunk gefragt, ob er vom israelischen Angriff »überrascht« sei. Die Antwort war wenig überraschend. »Überrascht« zeigte sich Zimmermann davon, dass Israel »so etwas versucht«, »das Regime zu stürzen, um irgendwie aus der Sackgasse zu kommen«.

Woran Zimmermann erkannt zu haben meinte, Israel hätte eine Revolution im Iran geplant, würde man gerne erfahren. Aber dann hätte er über den Iran reden müssen. Sein Steckenpferd ist jedoch Israels ewige Schuld, darum dreht sich alles. Er spricht von einer »Flucht nach vorn«. Israel sei »schon lange« in einen Konflikt mit dem Iran »verwickelt« und »tut alles, um diesen Konflikt zu verschärfen«. »Langfristig kann so etwas nicht erfolgreich sein», raunt Zimmermann. Als Beweis nennt er, dass seine Familie in Israel »schon jetzt im Luftschutzbunker« sitze und auf den Angriff iranischer Drohnen warte.

Zimmermann empfiehlt die Taktik, die schon in München 1938 so erfolgreich war: »Vielleicht hat man das erreicht, was man seit Langem haben wollte, eine Verunsicherung des Regimes im Iran. Aber langfristig kann man nichts erreichen, wenn man nicht verhandelt.« Ob das iranische Atomprogramm gar keine Bedrohung für Israel sei, hakte der Moderator nach »Es ist eine Bedrohung für Israel, aber eine Bedrohung muss man auf eine andere Art und Weise beseitigen.« – Nämlich, indem man die Gebetsmühlen schneller laufen lässt als die Zentrifugen in Natanz. Israel hat diese lieber mit dem Baseballschläger kaputt gemacht. Zugegeben: Der Baseballschläger war sehr groß und schwer, aber anders hätte es ja auch nicht geklappt.

Für die Aggressivität des Ayatollah-Regimes – seine Kriege vom Gazastreifen und Libanon über den Irak und den Jemen bis hin nach Belutschistan – macht Zimmermann mit dem ihm eigenen Zynismus »die Amerikaner« (neben Israel) verantwortlich, die 2015 das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt hätten. Seither habe es keine »Alternative« gegeben. Nun hätten Amerika und der Iran »über eine Alternative« gesprochen, »doch für das israelische Regime, für Netanjahu, reicht das nicht aus, die suchen immer die Konfrontation«. – »Weltbrandstifter Juda«, man kennt das Lied.

Konstanz in schwierigen Zeiten

Ist das noch der Deutschlandfunk oder doch das deutsche Programm der Islamic Republic News Agency (ITNA)? Vielleicht sollte man über eine Zusammenlegung der beiden Sender sprechen, das würde Ressourcen sparen. Den Israelis spricht Zimmermann die intellektuelle Fähigkeit ab, »zu verstehen«, dass sie sich »in einem längeren Krieg« befinden. Zimmermann zählt die Kriegsschauplätze – Gazastreifen, Westjordanland, Libanon, den Iran – auf und macht für alle Gewalt Israel verantwortlich. So, als hätte Israels Regierung die Angriffe auf ihr Land seit dem 7. Oktober 2023 bestellt und bezahlt. Wer hat der Hamas, der Hisbollah, den Huthi (die Zimmermann zu erwähnen vergaß) und den Islamischen Revolutionsgarden gesagt, dass sie Israel angreifen sollen?

In Zimmermanns Weltbild wird über Krieg und Frieden einzig und allein in Jerusalem entschieden: »Wenn die Leute kapieren, dass es eine falsche Entscheidung ist, dann werden sie dagegen sein, aber dafür ist es zu spät.« Zimmermann ist der Jetzt-ist-alles-zu-spät-Prophet. Eine »Regierung, die auf Konfrontation setzt«, sieht er nicht in Teheran, sondern in Jerusalem, und nur dort. Moderator Tobias Armbrüster gießt Öl in Zimmermanns Feuer, möchte wissen: »Ist das, was wir jetzt gerade erleben, diese Häufung von militärischen Konflikten … sozusagen eine neue Stufe in der israelischen Außenpolitik?« – »Man versetzt sich in eine Situation, wo man immer bedroht ist, wenn man nicht nach einer Alternative sucht.«

Am Antisemitismus sind die Juden schuld. Und offenbar ebenfalls daran, dass mit den Mullahs auch sonst nicht gut Kirschen essen ist. Denn nicht nur Israel wird ja von iranischen Drohnen und Raketen angegriffen, sondern auch Syrien, Saudi-Arabien, Schiffe im Golf vom Oman, Pakistan und sogar die Ukraine. Und an alldem soll Israel schuld sein, weil es angeblich nicht nach »Alternativen« gesucht habe?

Auffällig: Die Opfer wechseln, die einzige Konstante ist der Aggressor, das Regime in Teheran. Zimmermann unbeirrt: »Das ist eben das Problem mit Israel«, es habe nicht nach »Verständigung und internationaler Zusammenarbeit« gesucht.

»Das ist eben das Problem mit Israel« ist Zimmermanns einzige Analyse und der Grund, warum er ein so gern gesehener Gast im deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist. Man weiß vorher, was er sagen wird. Mag ein Konflikt auch noch so komplex sein, am Ende lautet die Antwort auf die Frage »Was ist das Problem?« stets »Israel«. Für Journalisten, die Rundfunksendungen planen müssen, ist das beruhigend.

Nun hofft Zimmermann darauf, dass sich die »mehr als vierzig Millionen Menschen« im Iran – tatsächlich sind es neunzig – hinter das Regime scharen: »Die werden sich neu aufstellen. Das heißt, die Bedrohung wird größer sein als bislang. Auch mit einem neuen Regime, falls es dazu kommt, bleibt der Hass der Iraner auf Israel.« Das ist Projektion: Nicht die Iraner hassen Israel. Nur Moshe Zimmermann kann sich niemals beruhigen.

Teil 2 erscheint morgen hier.

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