Die Terror-Connection des venezolanischen Diktators

Tareck El-Aissami wurde von Nicolas Maduro zu Venezuelas neuem Ölminister ernannt
Tareck El-Aissami wurde von Nicolas Maduro zu Venezuelas neuem Ölminister ernannt (© Imago Images / Agencia EFE)

Venezuelas Diktator Nicolas Maduro hat seinen langjährigen Weggefährten Tareck El-Aissami, der gute Kontakte zum iranischen Regime und zur Hisbollah hat und von den USA wegen Drogenhandels zur Fahndung ausgeschrieben ist, zum Erdölminister ernannt.

Das Berichtenswerte ist nicht, dass Aissami nun ein hohes Amt bekleidet – er hatte schon Posten inne, die zumindest auf den ersten Blick höher dotiert sind: Unter Maduros Vorgänger und Mentor Hugo Chavéz war er Innen- und Justizminister (2008 bis 2012) und Gouverneur des karibischen Bundesstaates Aragua (2012 bis 2017); von 2017 bis 2018 diente er unter Maduro als Vizepräsident.

Das Interessante ist, dass Maduro ihn nun ausgerechnet zum Erdölminister macht. Damit ist er derjenige, der an den Treffen der OPEC teilnimmt und die Verantwortung für die im Niedergang befindliche venezolanische Ölindustrie trägt, die wiederum die einzige – bzw. die einzige legale – Geldquelle ist, die das Regime hat.

Oder vielleicht sollte man lieber sagen: die das Regime hatte, denn beim derzeitigen Ölpreis, der sich auf einem 20-Jahrestief befindet, kann Venezuela wohl kaum noch einen Gewinn machen. Aissamis Jobbeschreibung lautet also: Er soll ein Wunder bewirken, er ist Maduros letzte Hoffnung.

Chavéz’ Erbe

Dafür ist er nicht so sehr deshalb prädestiniert, weil er ein profunder Kenner der Ölindustrie wäre – davon ist nichts bekannt –, sondern wahrscheinlich wegen seiner guten Kontakte nach Teheran.

Zum Erbe von Hugo Chavéz gehört nämlich, dass das Ajatollah-Regime einer der engsten Verbündeten ist. 2007 richteten Chávez und der damalige iranische Ministerpräsident Mahmud Ahmadinedschad einen regelmäßigen Flugverkehr zwischen der venezolanischen Hauptstadt Caracas und Irans Hauptstadt Teheran ein. Diese Flüge fanden bis 2010 alle ein bis zwei Wochen statt und konnten von gewöhnlichen Bürgern nicht gebucht werden.

Von Anfang an gab es einen Zwischenstopp in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Angeblich sollen Chávez und Ahmadinedschad die Flugverbindung „Aeroterror“ genannt haben.

2015 enthüllte das investigative brasilianische Wochenmagazin VEJA den Zweck der „Aeroterror“-Flüge. Laut venezolanischen Überläufern, die in die USA geflohen sind, so das Blatt, „wurden die Flüge genutzt, um Dutzende islamische Extremisten zu transportieren“, die über den Iran und Syrien in den Westen reisten, ohne erkannt zu werden.

In Damaskus wurden sie nach Erkenntnissen amerikanischer Sicherheitsdienste mit echten venezolanischen Pässen ausgestattet. CNN-Recherchen von 2017 nennen die venezolanische Botschaft in Bagdad als den Ort, wo die Pässe ausgestellt wurden – wahrscheinlich ist beides richtig.

CNN berichtete, dass vor allem Hisbollah-Leute mit Pässen versorgt worden seien. Mit einem venezolanischen Reisepass kann man nicht nur nach Venezuela, sondern in 130 Staaten der Welt, darunter 26 EU-Staaten, ohne Visum einreisen.

Terror- und Drogennetzwerk

Joseph Humire, ein Experte für Terrorismus und transnationale Kriminalität und Autor eines Buches über Irans Eindringen nach Lateinamerika, sagte 2015 vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses aus, „örtliche Geheimdienstbeamte“ verfügten über Daten „zu mindestens 173 Personen, die solche Leistungen [venezolanische Reisepässe] erhalten haben, von denen die meisten vermutlich mit der libanesischen Hisbollah verbunden sind“.

In einigen Fällen sei „schnell“ ein Visum erteilt worden, damit die Hisbollahleute „Bankkonten in Lateinamerika“ eröffnen konnten. In anderen Fällen sei der Reisepass genutzt worden, um Strohmannfirmen zu gründen und frei in der Region zu reisen. In den „extremsten Fällen“ seien falsche Geburtsurkunden ausgestellt worden, so dass militante Islamisten zu „Phantomen“ geworden seien, deren Spur man kaum habe verfolgen können. Weiter sagte Humire aus:

„Im Laufe der Jahre entwickelte El Aissami ein ausgeklügeltes, vielschichtiges Finanznetzwerk, das als kriminell-terroristische Pipeline fungiert, militante Islamisten nach Venezuela und in die umliegenden Länder bringt und illegale Gelder und Drogen aus Lateinamerika in den Nahen Osten sendet.

Sein Finanznetzwerk besteht aus fast 40 Frontunternehmen, die über 20 Liegenschaften mit Bargeld, Fahrzeugen, Immobilien und anderen Vermögenswerten besitzen, dazu 36 Bankkonten in Venezuela, Panama, Curaçao, St. Lucia, Südflorida und im Libanon.“

Dieses Netzwerk sei in das „größere Geldwäschernetzwerk“ des gebürtigen Libanesen Ayman Joumaa integriert, das die (mittlerweile aufgelöste) Lebanese Canadian Bank in Beirut genutzt habe, „um Hunderte Millionen Dollar zu waschen und mehrere Tonnen Kokain im Auftrag kolumbianischer und mexikanischer Drogenkartelle sowie der Hisbollah zu transportieren“.

Wie riesig dieser Kokainschmuggel über Venezuela ist, mag man anhand einer Meldung aus dem Jahr 2013 ermessen: Damals wurden am Flughafen Charles de Gaulle in Paris an Bord einer aus Venezuela kommenden Air-France-Maschine 1,3 Tonnen reines Kokain sichergestellt. Es war der größte Drogenfund, der im Großraum Paris je gemacht wurde. Der Verkaufswert belief sich nach Aussagen der französischen Behörden auf über 200 Millionen Euro.

Was bezweckt Maduro?

El-Aissami ist also offenbar zum einen jemand, der etwas von Geschäften versteht und der zum anderen gute Kontakte in den Nahen Osten hat. Warum wird er jetzt Erdölminister?

Die eine Möglichkeit ist, dass er sich wirklich darum kümmern soll, das Ölgeschäft wieder rentabel zu machen bzw. überhaupt am Leben zu halten. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am 23. April – wenige Tage bevor bekannt wurde, dass Aissami Erdölminister wird –, dass der Iran ein Frachtflugzeug mit Materialien nach Venezuela geschickt habe, die nötig sind, um den venezolanischen Raffineriekomplex Paraguaná – den drittgrößten der Welt – wieder zum Laufen zu bringen.

Die Chávisten nämlich wissen nicht, wie man eine Raffinerie betreibt, sodass es in jener Raffinerie in den letzten 15 Jahren immer wieder zu Explosionen kam, bei denen zahlreiche Arbeiter getötet wurden. Die größte ereignete sich 2012. Damals starben 48 Arbeiter, 151 wurden verletzt.

Weil die Raffinerie derzeit offenbar kein Benzin produzieren kann, leidet Venezuela, das Land mit den größten Ölvorkommen der Welt (unter Einberechnung der Teersande), unter einer akuten Benzinknappheit. Reuters schreibt über die iranische Hilfe bei der Modernisierung des Raffineriekomplexes:

„Die Lieferungen markieren eine neue Phase der Zusammenarbeit zwischen den beiden OPEC-Staaten, die beide mit lähmenden US-Sanktionen konfrontiert sind. (…)

Erling Rojas, Vizeminister für Raffinerie und Petrochemie im venezolanischen Ölministerium, kündigte die Ankunft des Materials auf Twitter an. ‚Danke für die Unterstützung unserer Verbündeten in der Islamischen Republik Iran’, twitterte er.“

Vielleicht hat Maduro El-Aissami aber auch wegen seiner anderen Expertise zum Erdölminister gemacht? Kokain mit dem Flugzeug transportieren, schön und gut – aber wie viel Rauschgift könnte erst mit Schiffen verschickt werden? Venezuelas staatlicher Ölkonzern PdVSA besitzt eine große Tankerflotte. Eine Ölgesellschaft, die auch mit Koks handelt, das könnte der Plan sein.

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