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London wird Sitz der Muslimbruderschaft

London, neues Zentrum der Muslimbruderschaft (© imago images/agefotostock)
London, neues Zentrum der Muslimbruderschaft (© imago images/agefotostock)

Im internen Machtkampf in der Muslimbruderschaft scheint London sich gegen Istanbul durchsetzen zu können.

Die britische Hauptstadt London entwickelt sich dem Anschein nach zunehmend zum Zentrum der Aktivitäten der Muslimbruderschaft, nachdem die türkischen Behörden den Handlungsspielraum der Gruppe in der Türkei eingeschränkt haben.

Der amtierende Generalführer der Muslimbruderschaft, Ibrahim Mounir, übt seine Tätigkeit von London aus. In der jüngsten Zeit hielt auch das sogenannte Global Guidance Office der Organisation eine Reihe von Sitzungen in der britischen Hauptstadt ab. Arabischen Berichten zufolge sollen auch Sendungen und Studios der Muslimbrüder-TV-Station Mekameleen in die Stadt verlegt worden sein, nachdem dieser in der Türkei geschlossen worden war.

Interner Machtkampf

Inmitten des erbitterten Streits zwischen zwei rivalisierenden Fronten innerhalb der Muslimbruderschaft hat das Global Guidance Office in den vergangenen zwei Wochen mehrere Treffen in der britischen Hauptstadt abgehalten. Anwesend waren dabei führende Mitglieder der Bruderschaft. Das kann als deutliches Zeichen der Unterstützung der Fraktion Ibrahim Mounir gewertet werden und geht auf Kosten der Fraktion des ehemaligen Generalsekretärs der Organisation, Mahmoud Hussein, die sich in Istanbul befindet.

Der Konflikt zwischen den beiden Flügeln der Muslimbruderschaft in Istanbul und London hatte sich vor Monaten verschärft, nachdem Mounir die Auflösung des Verwaltungsbüros für Angelegenheiten der Muslimbruderschaft in der Türkei und die Entlassung von Mahmoud Hussein und anderen angeordnet hatte. Die Istanbuler Fraktion kündigte daraufhin an, Mounir seines Postens zu entheben.

Nach den jüngsten Treffen in London erklärte das Global Guidance Office, dass Mounir der amtierende Führer sei und forderte die Mitglieder der Muslimbruderschaft auf, ihm die Treue zu schwören. Parallel dazu übertrug der TV-Kanal Mekameleen am vergangenen Sonntag seine Sendungen via Satelliten von Studios in London aus, das offenbar zu seinem neuen Hauptsitz geworden ist.

Um in England stationiert bleiben zu können, wird Makameleen laut dem Experten für islamistische Organisationen Amr Abdel Moneim seinen Tonfall den britischen Gesetzen anpassen müssen, denn Großbritannien würde die Verbreitung von Falschmeldungen und Anstiftungen zu Morden nicht zulassen. »Der zu erwartende Wandel des Senders spiegelt nicht eine Veränderung der Positionen der Muslimbruderschaft wider, sondern wird vielmehr durch die britische Sicherheitspolitik und die Gesetzeslage erzwungen.«

London sitzt am längeren Ast

In den vergangenen Monaten ging die türkische Unterstützung für die Muslimbruderschaft zurück. Im Hintergrund stand die Annäherung zwischen der Türkei und mehreren Ländern der Region, darunter die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Saudi-Arabien – allesamt ausgesprochene Gegner der Bruderschaft, denen die Türkei ein Stück weit entgegenkommen wollte.

Infolgedessen begannen führende Vertreter der Muslimbruderschaft, nach London auszuweichen. Schon bevor Mekameleen an die Themse übersiedelte, begann der ägyptische Journalist Moataz Matar, seine via YouTube verbreiteten Sendungen in der britischen Hauptstadt zu produzieren. Davor war er sieben Jahre lang in der Türkei ansässig gewesen.

Ibrahim Mounir, der nun im internen Machtkampf die Oberhand zu gewinnen scheint, leitet die Muslimbruderschaft und ihre weltweiten Netzwerke bereits seit September 2020 von seinem Wohnsitz in London aus, nachdem sein Vorgänger als amtierender Generalführer, Mahmoud Ezzat, in Ägypten verhaftet worden war. Obwohl die jüngere Zeit vom heftigen Konflikt mit dem Istanbuler Flügel geprägt war, scheint Mounir die Kontrolle über die Angelegenheiten der Gruppe nie wirklich verloren zu haben.

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