In einer seltenen öffentlichen Zurechtweisung forderte Beirut den iranischen Botschafter auf, sich aus der Diskussion um die Hisbollah-Entwaffnung herauszuhalten.
Das libanesische Außenministerium hat vergangene Woche den iranischen Botschafter einbestellt, nachdem dieser Pläne zur Entwaffnung der von Teheran unterstützten Terrorgruppe Hisbollah als »eindeutige Verschwörung« bezeichnet hatte. Bei der Vorladung wurde Botschafter Mojtaba Amani aufgefordert, sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Libanons einzumischen, der versucht, das Gewaltmonopol herzustellen und alle bewaffneten Gruppen im Land aufzulösen und unter staatliche Kontrolle zu bringen.
Der Generalsekretär des Außenministeriums Hani Chmeitli betonte Amani gegenüber »die Notwendigkeit, sich an die diplomatischen Grundsätze zu halten, die in internationalen Abkommen über die Souveränität von Staaten und die Nichteinmischung in ihre inneren Angelegenheiten, allen voran die Wiener Konvention, festgelegt sind«, berichtete die libanesische Nachrichtenagentur Lebanon.
Dieser Vorfall stellte eine seltene öffentliche Zurechtweisung des Irans dar und unterstreicht die sich wandelnde Dynamik innerhalb der libanesischen Politik. Die Wahl von Präsident Joseph Aoun und die Ernennung von Premierminister Nawaf Salam im Januar beendeten eine mehr als zweijährige politische Pattsituation und weckten Hoffnungen, dass das Land endlich seine finanziellen und politischen Krisen bewältigen kann. Im Februar wurde eine neue Regierung gebildet. Zuvor hatte Teheran jahrelang Einfluss auf die libanesischen Angelegenheiten ausgeübt.
Zunehmender Druck
Die libanesische Regierung sieht sich zunehmendem internationalem Druck ausgesetzt, die Hisbollah zu entwaffnen und alle Waffen unter staatliche Kontrolle zu bringen. Die Hisbollah, einst eine dominierende Kraft in der libanesischen Politik und in Sicherheitsbelange, wurde durch ihren Krieg mit Israel geschwächt. Anfang dieses Monats erklärte die stellvertretende US-Sonderbeauftragte für den Nahen Osten, Morgan Ortagus, nach einem Besuch im Libanon, die Hisbollah und andere bewaffnete Gruppen sollten »so schnell wie möglich« entwaffnet werden.
Ebenfalls im April erklärte Aoun, dass »die Entscheidung gefallen« sei, dem Staat die ausschließliche Kontrolle über die Waffen im Land zu übertragen – ein Ziel, das seiner Aussage nach durch Dialog und nicht mit Gewalt erreicht werden soll. Aoun will kein irakisches System, in dem die proiranischen Milizen als solche in die Streitkräfte eingegliedert wurden, sondern die völlige Auflösung der bewaffneten Hisbollah-Verbände, deren jetzige Mitglieder dann wie alle anderen Staatsbürger auch als Individuen Teil der Sicherheitskräfte werden könnten.
Am 19. April kommentierte der iranische Botschafter diese Pläne auf X mit den Worten, dass »das Entwaffnungsprojekt eine eindeutige Verschwörung« sei: »Wir in der Islamischen Republik Iran sind uns der Gefahr dieser Verschwörung bewusst. Wir warnen andere davor, in die Falle der Feinde zu tappen.« In einem Interview mit dem lokalen Sender Al Jadeed räumte Amani am vergangenen Mittwoch ein, dass er wegen des Beitrags vom Außenministerium vorgeladen worden sei, den ersten Termin aber verpasst habe, woraufhin eine zweite Vorladung für Donnerstag ergangen sei.