Die Situation von jesidischen Binnenvertriebenen im Irak hat sich in den letzten Monaten nachhaltig verschlechtert. Das liegt unter anderem auch an den gestrichenen Hilfsgeldern aus den USA.
Die massiven Kürzungen von Hilfsgeldern durch die Administration des amerikanischen Präsidenten Donald Trump führen auch im Irak zu fatalen Folgen. Besonders betroffen sind davon die Jesiden, die auch elf Jahre nach dem Völkermord durch den Islamischen Staat (IS) in Lagern im Nordirak leben, denn ein Großteil der Hilfszahlungen kam aus den USA und wurde nun quasi über Nacht eingestellt. Das hat vor allem massive Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung, denn viele der Gesundheitszentren in den Lagern mussten schließen oder ihre Arbeit auf ein Minimum beschränken.
Ammar Aziz, der für Kirkuk Now einige der Camps besucht hatte, berichtete: »Nur sieben der 21 Gesundheitszentren in den 16 Flüchtlingslagern in der nördlichen Provinz Duhok sind noch geöffnet, nachdem Hilfsorganisationen ihre Finanzierung eingestellt haben. Statistiken zufolge leben in der Provinz jedoch immer noch etwa 190.000 Binnenflüchtlinge. Das Lager Bersiv 2 zum Beispiel beherbergt nach wie vor 7.660 Binnenflüchtlinge ohne jegliche medizinische Versorgung.«
Besonders leiden jene, die seit über zehn Jahren in diesen Camps leben müssen und mehrheitlich mit schwerwiegenden, situationsbedingten psychischen Problemen zu kämpfen haben. Sie müssen nun oft mehrere Kilometer zum nächstgelegenen Krankenhaus fahren, was Geld kostet, das sie oft nicht haben, und zudem das öffentliche Gesundheitssystem weiter überlastet.
Aber nicht nur die Krankenversorgung ist betroffen, sondern auch Kindergärten, psychosoziale Versorgung und andere Programme, die von internationalen oder lokalen Hilfsorganisationen betrieben wurden. Das amerikanische Hilfsprogramm USAID, das von der neuen US-Administration abgewickelt wird, war einer der wichtigsten Geldgeber – schließlich hatten frühere Regierungen in Washington die Hilfe für die Überlebenden des Völkermords an den Jesiden zur Chefsache gemacht. Damit scheint nun Schluss zu sein und europäische Länder zeigen bislang wenig Interesse, die Lücken zu schließen.
Verschlechterte Lage
Längst nämlich sind die Jesiden im Irak weitgehend in Vergessenheit geraten und ihrem Schicksal überlassen. Derweil möchte die irakische Regierung in Bagdad die Lager so schnell wie möglich schließen und unternahm im vergangenen Jahr verschiedene Initiativen, um die jesidischen Insassen in ihr Stammgebiet, den Sinjar, zurück zu siedeln.
Allerdings ist dieses Gebirge an der syrischen Grenze bis heute alles andere als sicher, bekämpfen sich dort doch weiterhin verschiedene Milizen. Außerdem ist vom Wiederaufbau des im Krieg gegen den IS zerstörten Hauptortes Shingal bislang wenig zu sehen. Auch gibt es für Rückkehrer bislang kaum Einkunftsquellen – alles Gründe, weshalb bis heute so viele Jesiden in den Lagern in der irakisch-kurdischen Provinz Dohuk ausharren.
Offiziell hat Bagdad im Jahr 2024 die Verantwortung für die Camps an die kurdische Regionalregierung in Arbil übertragen, die allerdings – auch aus Geldmangel – nur für eine rudimentäre Versorgung aufkommt.
Das hat nicht nur im Gesundheitssystem fatale Konsequenzen. Auch die Müllabfuhr, so berichtet die jesidische Aktivistin Basma Aldikhi, sei inzwischen zu einem enormen Problem geworden, denn, anders als in den vergangenen Jahren, käme diese nur noch sporadisch und sammle den Müll nur noch auf den Hauptstraßen ein. Dies führe zu äußerst unhygienischen Bedingungen und sorge für eine weitere Verschlechterung der Gesundheit der Bewohner. Hinzu komme die schlechte ökonomische Lage in den Camps: Viele Familien seien so arm, dass sie ihre Kinder nicht ausreichend ernähren könnten, was zu Mangelerscheinungen führe.
Kurzum: Die Lage der Jesiden im Irak hat sich in letzter Zeit verschlechtert und keineswegs verbessert. Das allerdings hindert etwa die deutsche Regierung nicht, im Wochentakt auch Jesiden in den Irak abzuschieben – und damit in eine völlige Perspektivlosigkeit. Bis Ende letzten Jahres gab es in einigen Bundesländern noch eingeschränkte Abschiebestopps, die nun allerdings alle ausgelaufen sind.