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Iranische Basidsch-Miliz: Die eiserne Faust des Regimes

Die Basidsch-Milizen haben ihre Stützüpunkte in Moscheen
Die Basidsch-Milizen haben ihre Stützüpunkte in Moscheen (© Imago Images / ZUMA Wire)

Der Iran setzt Tausende von paramilitärischen Basidsch-Mitgliedern im ganzen Land ein, um die regierungsfeindlichen Proteste zu unterdrücken.

Immer wieder sieht man Männer auf ihren Motorrädern, wie sie gegen Demonstranten vorgehen. Sie sind Mitglieder der paramilitärischen Basidsch-Miliz, die 1979 vom Führer der Islamischen Revolution, Ayatollah Ruhollah Khomeini gegründet wurde und offiziell als Organisation zur Mobilisierung der Unterdrückten bezeichnet wird. Ihre Aufgabe ist es, die islamischen Gesellschaftsnormen aufrechtzuerhalten, Kundgebungen und Proteste zu unterdrücken und als Sittenpolizei an Kontrollpunkten und öffentlichen Plätzen tätig zu sein. Die Truppe ist in Regierungsgebäuden präsent und wird auch bei Naturkatastrophen eingesetzt. Analysten zufolge könnte es Millionen von Basidsch-Freiwilligen geben, von denen eine Million aktiv ist.

Seit 1981 sind die Basidsch in die Organisationsstruktur des Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) eingebunden, das für die Verteidigung des schiitischen klerikalen Regimes und der revolutionären Grundsätze zuständig ist. Die Basidsch, die bei Protesten häufig als eiserne Faust des Staates fungieren, spielen auch eine zentrale Rolle bei der Unterdrückung der Demonstrationen gegen die Kopftuchpflicht und die Sittenpolizei im Besonderen sowie die Islamische Republik im Allgemeinen, die seit dem Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini Mitte September den Iran erschüttern.

Seit Beginn der Proteste gegen die Regierung am 16. September sind mindestens 250 Demonstranten, darunter um die dreißig Kinder, getötet worden, viele von Basidsch-Mitgliedern. Die von der Regierung und den staatlichen Medien veröffentlichten Zahlen deuten zugleich darauf hin, dass es aber auch eine bislang noch nie dagewesene Zahl an Todesopfern und Verletzten unter den Milizionären gibt, was die zentrale Rolle der Paramilitärs bei der Niederschlagung der Proteste unterstreicht.

Am 15. Oktober meldete die amtliche Nachrichtenagentur IRNA, dass allein in der Hauptstadt bisher 850 Basidsch-Angehörige verletzt worden seien. Die Nachrichtenagentur zitierte Brigadegeneral Hassan Hassanzadeh, den IRGC-Befehlshaber in Teheran, mit den Worten, 185 Paramilitärs seien in einer Nacht in der Hauptstadt verletzt worden, ohne dass er jedoch ein genaues Datum oder den Ort des Vorfalls nannte. Hassanzadeh fügte hinzu, dass drei Mitglieder der Basidsch bei Auseinandersetzungen mit den Demonstranten getötet worden seien.

Die Basidsch verfügen in allen Moscheen des Landes über einen Stützpunkt. Die Truppe steht unter dem Kommando des IRGC, und die meisten ihrer Mitglieder sind Freiwillige. Zwar werden sie als solche nicht direkt vom IRGC bezahlt, aber die Regierung unterstützt sie finanziell in vollem Umfang und verhilft ihnen zu Studienplätzen an Universitäten sowie zu Arbeitsstellen in Regierungsämtern und im öffentlichen Sektor.

Die ihnen vom Regime generell zugewiesene Rolle bei der Niederschlagung von Protesten scheint dieses Mal mit einem hohen Risiko verbunden zu sein: Berichten zufolge ist die landesweite Zahl der Todesopfer unter den Basidsch-Mitgliedern aktuell höher als bei jedem anderen Aufstand seit 1979.

Die mit dem IRGC verbundene Nachrichtenagentur Tasnim schrieb, dass am 14. Oktober ein Basidsch-Angehöriger und ein IRGC-Major in der kleinen Stadt Beyrom getötet wurden, als sie versuchten, Bürger festzunehmen, die regierungsfeindliche Slogans an die Stadtmauern schrieben. Kürzlich veröffentlichte die staatliche Tageszeitung Iran eine Liste jener bewaffneten und paramilitärischen Kräfte, die während der jüngsten Demonstrationswelle ums Leben kamen. Demnach wurden in den ersten vier Wochen der Proteste siebzehn Basidsch-Mitglieder und sieben bewaffnete Offiziere getötet.

Ein iranischer Politikwissenschaftler sagte gegenüber der Nachrichtensite Middle East Eye, der Einsatz der Basidsch zur Unterdrückung von Protesten habe in den letzten Jahren zugenommen, da das Regime an gesellschaftlichem Rückhalt verloren habe. »Seit ihrer Gründung im Jahr 1979 waren die Basidsch immer eine wichtige Kraft für den Repressionsapparat des Regimes, aber jetzt hat ihre Präsenz zugenommen, weil das diktatorische System seinen eigenen Polizisten nicht mehr voll vertrauen kann.«

Der Analyst betonte, bis zu den aktuellen Protesten habe nur der Iran-Irak-Krieg unter den paramilitärischen Kräften mehr Todesopfer gefordert als unter den offiziellen Streitkräften und fügte hinzu: »Der Einsatz von Paramilitärs hat für das Regime zwei Vorteile: Erstens kann es seinen Repressionsapparat um kampfbereite Arbeitskräfte erweitern, und zweitens kann es seine Verbrechen beschönigen, indem es den Paramilitärs die Schuld zuschiebt.«

Nach Angaben der bereits zitierten Tageszeitung Iran wurden Basidsch-Mitglieder bei Demonstrationen in allen größeren iranischen Städten getötet, darunter Teheran, Mashhad, Shiraz, Tabriz, Orumiyeh und Karaj.

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