Berichten zufolge haben sich der Iran und Niger in geheimen Verhandlungen auf ein 56-Millionen-Dollar-Geschäft geeinigt, das Teheran den Erwerb von dreihundert Tonnen raffiniertem Uran ermöglicht.
Die in Frankreich ansässige Nachrichtenagentur Africa Intelligence berichtete Ende April, die nigrische Militärjunta habe geheime Verhandlungen mit dem Iran über die Lieferung von dreihundert Tonnen Yellowcake im Austausch gegen Drohnen und Boden-Luft-Raketen geführt. Yellowcake ist ein gelbliches, puderförmiges Gemisch von Uranverbindungen, das aus Uranerz gewonnen wird und als Zwischenschritt bei der Herstellung von Kernbrennstoff oder Waffen dient.
Die französische Zeitung Le Monde hat die Geheimverhandlungen inzwischen bestätigt und berichtet, diese spezielle Art von Uran werde in den Minen eines französischen Unternehmens gewonnen. Uran ist Nigers wichtigstes Exportprodukt und stammt aus Minen, die seit 1971 von der französischen Gruppe Orano in Arlit im Norden des Landes ausgebeutet werden.
Nigers Junta-Regierung hat die Geheimverhandlungen und das Abkommen dementiert. Nach Angaben von Africa Intelligence würde Teheran Großgeneratoren nach Niamey liefern, um Nigers Energiedefizit zu beheben und die Entwicklung der Landwirtschaft zu unterstützen. Entsprechende Initiativen wurden von der neuen Regierung eingeleitet, die am 26. Juli 2023 durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen war und Präsident Mohamed Bazoum von einer Militärjunta, dem Nationalen Rat für den Schutz des Vaterlands (CNSP), gestürzt wurde.
Unterlaufen der Sanktionen
Quelle zufolge fand im August letzten Jahres in der malischen Hauptstadt Bamako ein geheimes Treffen zwischen iranischen Vertretern und dem nigrischen Premierminister Ali Lamine Zeine statt, bei dem der zweite Befehlshaber der Militärjunta, General Salifou Modi, ebenfalls anwesend war. Iranische Vertreter sollen sich auch mit Delegationen panafrikanischer Aktivisten im Dienst der Juntas von Mali, Niger und Burkina Faso getroffen haben.
Das Yellowcake-Abkommen würde nicht nur die zahlreichen Sanktionen und Abkommen infrage stellen, die den Iran an der Verbreitung von Atomwaffen hindern sollen, sondern auch in Washington und Paris Besorgnis hervorrufen. Wenn Teheran mehr Uran erwirbt, könnte es seine nuklearen Fähigkeiten ausbauen und die internationalen Spannungen verschärfen. Die gemeldete Uranmenge entspricht in etwa der iranischen Inlandsproduktion für 2019.
Der nun öffentlich gewordene Schritt könnte deswegen auch zu Spannungen zwischen Niger und den westlichen Ländern führen, die ihre Bedenken gegen den Verkauf von Uran an die Islamische Republik deutlich zum Ausdruck gebracht haben, da damit das iranische Atomprogramm gestärkt wird. Eine Verschlechterung der Beziehungen des Westen zum Niger könnte zu wirtschaftlichen Sanktionen und politischer Isolation des Landes führen, was die Sicherheit in der Region weiter untergraben würde.
Russische Belohnung?
Einige Experten sind der Meinung, dass die nigrische Junta dieses Geschäft strategisch nutzt und versucht, ihre umfangreichen Uranreserven als Hebel einzusetzen, um von anderen internationalen Mächten politische und wirtschaftliche Zugeständnisse zu erhalten.
Seit ihrer Machtübernahme hat die Junta französische, andere europäische und nun auch amerikanische Truppen ausgewiesen und sich gleichzeitig um Unterstützung durch Russland bemüht. Im März dieses Jahres forderte die Junta nach einem Treffen mit amerikanischen Beamten den Abzug der US-Truppen. Während des Treffens äußerten hochrangige US-Beamte ihre Besorgnis über die Ankunft russischer Truppen und beschuldigten die nigrische Militärregierung, ein Uranabkommen mit dem Iran zu planen.
Als Reaktion auf diese Anschuldigungen kritisierte CNSP-Sprecher Abdramane die US-Delegation für ihren angeblichen Versuch, die Souveränität Nigers zu leugnen und mit Vergeltung zu drohen. Abdramane betonte, es sei das Recht seines Landes, seine Partner selbst zu wählen, um den Terrorismus wirksam zu bekämpfen. Die USA hatten zuvor eine bedeutende Militärpräsenz in Niger aufgebaut, darunter zwei Stützpunkte im Rahmen eines Antiterror-Abkommens von 2012. Einer dieser Stützpunkte, der Luftwaffenstützpunkt 201, wird seit 2018 zur Bekämpfung von Terroristen des Islamischen Staats und der Jama’at Nusrat al-Islam wal Muslimeen (JNIM) genutzt.
Der frühere iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad besuchte Niger vor über einem Jahrzehnt, um vor dem Atomabkommen von 2015 (JCPOA) Uran anzukaufen. Der in Deutschland ansässige Nahost-Forscher Hamid Talebian vermutet, dass der Zugang zu Nigers Uranquellen eine Belohnung seitens Moskau für Irans militärische Unterstützung für Russland sein könnte.