Ein Gesetz zur Verschärfung der Hidschab-Pflicht im Iran darf nicht umgesetzt werden – zu groß war die Angst vor massiven Unruhen.
Bereits im Dezember 2023 beschloss das iranische Parlament mit dem »Gesetz zur Unterstützung der Familie durch Förderung von Sittsamkeit und Hidschab« eine drastische Verschärfung der Verschleierungspflicht in der Islamischen Republik. Jetzt hat der Oberste Nationale Sicherheitsrat des Landes der Umsetzung des Gesetzes allerdings einen Riegel vorgeschoben, wie Iran International berichtete.
Das Gesetz sieht Maßnahmen wie hohe Geldstrafen, die Installation von Überwachungskameras mit Gesichtserkennungstechnologie in staatlichen Ämtern zur Identifizierung von Zuwiderhandelnden und Strafen für Unternehmen vor, welche die Kleiderordnung nicht durchsetzen. Darüber hinaus ermächtigt das Gesetz auch normale Bürger, Verstöße zu melden.
Laut Aussage von Parlamentspräsident Mohammad-Bagher Ghalibaf hat der Sicherheitsrat dem Parlament offiziell untersagt, das Gesetz in Kraft zu setzen. Befürchtet worden sei offenbar, dass eine Durchsetzung der Vorschriften eine neue Protestwelle wie jene zur Folge haben würde, die das Land nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini in Händen der Polizei ab dem Herbst 2022 erschüttert hat.
Nicht vorbei
Auch wenn das verschärfte Hidschab-Gesetz im Moment vom Tisch ist, bedeutet es keineswegs, dass dies auch für die darin vorgesehen Maßnahmen gilt. Iranisch Behörden setzen in Sachen Hidschab-Pflicht auch ohne das neue Gesetz zunehmend durch digitale Überwachung. Frauen berichten von SMS-Warnungen aufgrund von Verstößen, die über KI-gestützte Gesichtserkennungssysteme registriert wurden.
Zudem kooperiert die Polizei mittlerweile mit dem Bildungsministerium, um die Vorschriften auch in Schulen durchzusetzen – ein Schritt, der auf heftigen Widerstand von Lehrergewerkschaften trifft, die vor einer »Militarisierung der Bildung« warnten.
Der Konflikt um das Hidschab-Gesetz offenbart die tiefe gesellschaftliche und politische Spaltung im Land. Immer mehr Frauen widersetzen sich offen der Vorschrift und in den Städten zeigen sich immer mehr Frauen ohne die Zwangsverschleierung auf den Straßen und posten in den sozialen Medien Videos davon als Akte zivilen Widerstands.