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Iran: „Die Wasserkrise wird sich in eine Katastrophe verwandeln“

Iran: „Die Wasserkrise wird sich in eine Katastrophe verwandeln“„Die kleine Gruppe iranischer Landwirte versammelte sich neben ihren Traktoren, die seit langem untätig am Stadteingang neben dem Kanal geparkt stehen, der einst ihre Felder bewässerte, um zu demonstrieren und von der Regierung Unterstützung zu fordern. ‚Wir sind das Volk‘ rief Mostafa Benvidi. ‚Helft dem Volk. Wir gehen nachts hungrig schlafen!‘ Auf ihren Schildern richten sie sich an die Amtsträger, die sie dafür verantwortlich machen, dass ihre Felder so verdorrt sind. ‚Wie lange wollt ihr Euer mit unserem Blut gemachtes Brot essen?‘ hieß es auf einem der Schilder. Jeden Tag halten die Landwirte ihre kleine Demonstration am Rande von Varzaneh ab. Dies spiegelt den zunehmenden Ärger über die Wasserknappheit wider, die auf die jahrelange Dürre, aber auch auf die Misswirtschaft der Regierung zurückzuführen ist. Die wirtschaftliche Not im Iran infolge der Inflation und der Arbeitslosigkeit hat im Laufe des letzten Jahres wiederholt Proteste ausgelöst, die an Stärke zugenommen haben. Gelegentlich ist es auch zu Gewaltausbrüchen gekommen. Anfang Juli wurden in einem anderen Teil des Südiran elf Menschen verletzt, als die Polizei eine Demonstration in Khorramshahr auflöste, wo die Menschen sich darüber beklagen, dass braunes Wasser aus den Leitungen kommt. (…)

Der UNO-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation zufolge erlebt der Iran seit einem Jahrzehnt die am längsten anhaltende Dürre seit 30 Jahren. Schätzungsweise 97 Prozent des Landes sind auf die eine oder andere Weise von der Dürre betroffen, so die meteorologische Behörde des Landes. Die Provinz Isfahan, in der Varzaneh liegt, und die benachbarten zentraliranischen Provinzen haben besonders unter der Dürre gelitten. (…) Die Felder um Varzaneh bestehen inzwischen nur noch aus ausgedörrter, versalzener Erde. Das Vieh ist verschwunden. Um die 90 Prozent der landwirtschaftlichen Aktivitäten in dem Bezirk seien eingestellt worden, so Reza Khalili, ein Umweltaktivist in Varzaneh. Khalili und anderen Experten zufolge hat das Vorgehen der Regierung die durch die Dürre verursachte Lage noch verschlimmert. Die Behörden errichten weitere Fabriken, die riesige Wassermengen beanspruchen. Im Juli schoben Amtsträger feierlich die nächste Ausbaustufe eines Stahlwerks in Isfahan an. Wasser ist zudem in andere Regionen umgeleitet worden. (…)

Im Jahr 2012 kam es zu Zusammenstößen zwischen Landwirten und der Polizei in Varzaneh. Dabei beschädigten sie eine Wasserleitung, die jährlich 50 Millionen Kubikmeter Wasser von Isfahan aus in die Nachbarprovinz Yazd befördert. Ähnliche Proteste haben seit 2016 erneut stattgefunden. Die Regierung hat jeder von der Krise betroffenen Familie umgerechnet ungefähr 250 Dollar gezahlt, doch wurde dies kritisiert, weil es nur ein Pflaster auf die Wunde klebe und keine Lösung darstelle. ‚Es dürfte zu weiteren sozialen Konflikten kommen. Die Amtsträger verfügen nicht über die erforderliche Expertise, um die Wasserressourcen angemessen zu verwalten‘, erklärte Hamid Safavi, der an der Technischen Universität in Isfahan Wasserressourcenverwaltung und Umwelttechnik lehrt. Jede Provinz entscheide selbst, wie sie ihr Wasser verwende, ohne die Folgen zu bedenken. Sofern sich nichts ändere, ‚wird sich die Wasserkrise in eine Katastrophe verwandeln‘. ‚Das ist keine Mutmaßung, sondern eine Gewissheit.‘“ (Nasser Karimi / Mohammed Nasiri : „Rivers dry and fields dust, Iranian farmers turn to protest“)

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