Eine irakisch-kurdische Frau erinnert sich daran, wie sie in ihrer Kindheit genitalverstümmelt wurde.
WADI e.V.
Noch immer leiden zu viele Mädchen und Frauen unter dem „Schnitt“. Obwohl die Zahl neuer Fälle von weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) seit dem Start der „Stop FGM Kurdistan Campaign“ im Jahr 2004 rückläufig ist, wird diese Praxis in einigen Gebieten immer noch praktiziert.
Nur wenige Frauen, die sich dieser Prozedur unterziehen mussten, vergessen jemals, was ihnen angetan wurde, und leiden bis an ihr Lebensende darunter. News Chronicle hat mit einer von ihnen gesprochen. Die Teammitglieder von Wadi, das sich im Rahmen der Kampagne dafür einsetzt, das Bewusstsein gegen FGM weiter zu schärfen, bis diese Praxis vollständig abgeschafft ist, hören fast täglich solche Geschichten:
Dania (nicht ihr richtiger Name) wurde im Alter von sieben Jahren in ihrer Heimatstadt Sulaymaniyah im Nordirak an ihren Genitalien verstümmelt. Sie erzählt, wie alles begann: „Meine Mutter sagte eines Morgens zu mir: ‚Komm mit, wir müssen zur Bäckerei.‘ An diesem Tag erlebte ich Angst, Täuschung und unerträgliche Schmerzen. Ich war erst sieben Jahre alt.“ (…)
Dania fuhr fort: „Als wir in der Bäckerei ankamen, führte mich meine Mutter in das Hinterzimmer, wo ein alter Ofen stand. Ich sah eine alte Frau mit Rasierklingen in der Hand. Ich erinnere mich, wie diese alte Frau und meine Mutter mich festhielten. Worte können den Schmerz und die Verwirrung, die ich empfand, nicht ausdrücken. Es dauerte ein paar Sekunden und ich sah Blut an meinen Oberschenkeln herunterlaufen. Dann legte die Frau Kohle auf meine Genitalien.“
Dania ist heute 53 Jahre alt. Aber sie sagt: „Ich erinnere mich an alles: den Geruch, den Schmerz, die Schreie und das Blut, das an meinen Schenkeln herunterlief.“
Genitalverstümmelung (FGM) ist jeder Eingriff, der die weiblichen Genitalien aus nichtmedizinischen Gründen verändert oder verletzt. Sie ist international als Menschenrechtsverletzung anerkannt und kann dauerhafte physische und psychische Folgen haben, darunter schmerzhafte Menstruation, Unfruchtbarkeit, Infektionen und in einigen Fällen sogar den Tod.
Sie findet in Ländern und Gemeinschaften auf der ganzen Welt statt, auch in der Region Kurdistan. Die starke Lobbyarbeit der letzten Jahre hat jedoch etwas bewirkt. Schätzungen aus dem Jahr 2015 zeigten, dass von den befragten Müttern 44,8 Prozent angaben, selbst beschnitten zu werden, während 10,7 Prozent ihrer Töchter unter 14 Jahren beschnitten wurden, wobei das Durchschnittsalter beim Beschneiden fünf Jahre betrug.
Nichtsdestotrotz beeinträchtigt diese Praxis weiterhin die Gesundheit und das Leben von viel zu vielen Mädchen. In der Region Irakisch-Kurdistan ist sie tief in kulturellen Überzeugungen und Mythen verwurzelt. So betrachten viele die Beschneidung als unerlässlich, um die Ehre ihrer Töchter zu schützen, während andere sie als Voraussetzung für eine spätere Heirat ansehen.
(Aus dem Artikel „An Iraqi-Kurdish woman remembers how she was genitally mutilated in her childhood“, der bei WADI e.V. erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)