Da die Unterstützungsgelder aus dem Iran zurückgehen, muss die libanesische Terrororganisation vermehrt auf andere Geldquellen zurückgreifen.
Muhamad Abdi / Sebastian Leber, Tagesspiegel
Außer als Rückzugsraum und zum Spendensammeln nutzen Hisbollah-Mitglieder Deutschland auch als Ort für Drogenhandel, Autoschieberei und Geldwäsche. Die Verwicklungen der Gruppe ins Drogengeschäft sind gut dokumentiert. Während Ende der Nullerjahre noch der Schmuggel in die USA überwog, führen die Hauptrouten der Gruppe mittlerweile von Südamerika über Afrika in die EU. Kokain gelangt vor allem über die Häfen in Rotterdam, Antwerpen und Hamburg nach Deutschland. Das dabei erwirtschaftete Geld wird für Waffenkäufe und zur Finanzierung von Anschlägen genutzt.
Experten wie der israelische Anti-Terror-Forscher Daniel Cohen nennen dieses Phänomen „Narco-Terrorismus“. An einem Montagabend Anfang November steht Cohen im Hauptgebäude der Humboldt-Universität hinter dem Rednerpult. Er ist eingeladen worden, um über die Ergebnisse seiner jahrelangen Forschungen am „Abba Eban Institute for Diplomacy“ in der Nähe Tel Avivs zu berichten.
In den vergangenen Jahren, sagt Cohen, sei die Hisbollah in Finanznöte geraten, da ihr Hauptsponsor Iran wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise und den US-Sanktionen weniger Geld überweise. „Die fehlenden Zuwendungen muss die Hisbollah auf anderem Wege kompensieren.“ Einerseits durch Drogenschmuggel und Geldwäsche, andererseits durch verstärktes, Eintreiben von Spenden ihrer Anhänger im Ausland. „Lässt man diese Kräfte in Europa gewähren, unterstützt man automatisch ihren Terror“, sagt Cohen.
Die Hisbollah sieht er als multinationale, ja global operierende Industrie mit unterschiedlichsten Geschäftsfeldern. Sein Team hat versucht, die Akteure aller Zweigstellen und deren Vernetzung zu dokumentieren. Dabei spielen auch deutsche Städte eine Rolle: Während der Chef einer Düsseldorfer Autovermietung als Kopf von Geldwäsche-Aktivitäten in Deutschland gilt, stünden in Berlin Mitglieder mehrerer Großfamilien in Verbindung mit der Hisbollah.