Für Hamas-Kader Abu Zuhri hat der Gaza-Krieg geradezu religiöse Bedeutung. Die Toten seien »der Preis, den wir zahlen müssen«.
In einem Interview mit einem libyschen Fernsehsender Ende März äußerte sich Sami Abu Zuhri, Leiter der politischen Abteilung der Hamas im Ausland, über die aus seiner Sicht tiefgreifende Bedeutung des aktuellen Kriegs im Gazastreifen. In dem vom Middle East Media Research Institute übersetzten Video sagt Abu Zuhri, hier gehe es um Größeres als bloß um die Zerstörungen im Gazastreifen. Der Krieg sei vielmehr eine »historische und beispiellose Schlacht«, die fast in einer Reihe mit den »Schlachten des frühen Islam« stehe.
Den Blick auf die im Gazastreifen geschehenen Zerstörungen zu fokussieren, ist für den Hamas-Kader offenbar die falsche Perspektive. Es gehe nicht »um hundert zerstörte Häuser oder 1.000 Märtyrer«, sondern um eine umfassendere historische Entwicklung.
Weitere Babys
Und auch die zahlreichen Opfer scheinen ihn nicht sonderlich zu beunruhigen. Bekannt ist, dass Hamas-Führer Yahya Sinwar überzeugt war, dass der Blutzoll unter palästinensischen Zivilisten der Sache der Hamas helfen würde, und auch Abu Zuhri scheint dieser kein sonderliches Kopfzerbrechen zu bereiten:
»Die Gebärmütter unserer Frauen werden um ein Vielfaches mehr Märtyrer gebären. Wussten Sie, dass die Zahl der Neugeborenen in Gaza der Zahl der Märtyrer entspricht, die in diesem Krieg getötet wurden? Mindestens 50.000 Babys wurden während des Kriegs in Gaza geboren (…) Wir werden die Häuser wieder aufbauen und für jeden Märtyrer Dutzende weitere [Babys] zur Welt bringen. Das ist der Preis, den wir zahlen müssen.«
Besonders angetan ist Abu Zuhri von den globalen Auswirkungen des Kriegs, insbesondere die Proteste an amerikanischen Universitäten:
»Wer hätte gedacht, dass Studenten in Amerika – an Universitäten, die Politiker absolvieren –, gegen ihre Führer und die zionistische Besatzung protestieren und sagen würden, dass Palästina ›vom Fluss bis zum Meer‹ befreit werden muss. (…) Das ist ein Traum, der wahr geworden ist.«
Laut Abu Zuhri würden Menschen in Amerika, Frankreich und anderen Teilen Europas unter dem Eindruck des Kriegs zum Islam konvertieren, die Zahl der Muslime würde sich »vervielfachen«, denn das Blutvergießen sei ein geradezu religiöses Ereignis:
»Heute gibt Gaza dem Heiligen Koran eine neue Deutung. Früher haben die Menschen Verse gelesen, aber vielleicht nicht verstanden, was sie bedeuteten. Jetzt, wo sie sehen, was in Gaza geschieht, verstehen sie die Bedeutung vieler dieser Verse.«