Als Begründung gibt die Terrorgruppe an, weitere Verhandlungsrunden gäben bloß Israel die Legitimation, seinen Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen fortzusetzen.
Die Hamas gab am Sonntag bekannt, keine Vertreter zu dem für Ende der Woche geplanten Gipfeltreffen zu schicken, bei dem über ein Abkommen zum Waffenstillstand im Gazastreifen und den Austausch von israelischen Geiseln gegen in Israel inhaftierte palästinensische Terroristen beraten werden soll. Die Terrorgruppe argumentiert, weitere Verhandlungsrunden würden den Krieg nur verlängern und Israel eine diesbezügliche Legitimation verschaffen.
Die israelischen Unterhändler sind von der Hamas-Ankündigung nicht übermäßig beunruhigt, da sie diese als eine Taktik ansehen, mit der sich Yahya Sinwars Truppe ein Druckmittel verschaffen möchte. Israel geht von einer Fortführung dieser Art von psychologischer Kriegsführung bis zum Gipfeltreffen, das am Donnerstag in Doha oder in Kairo stattfinden wird, aus.
»Wir fordern die Vermittler auf, einen Plan zur Umsetzung der am 2. Juli getroffenen Vereinbarungen vorzulegen, anstatt neue Verhandlungen aufzunehmen«, schrieb die Hamas in einer Erklärung. »Weitere Gesprächsrunden oder neue Vorschläge dienen nur dazu, die Aggression der Besatzung [d. h. Israel] zu vertuschen und ihr Zeit zu geben, ihren Vernichtungskrieg zu gewinnen.« Dabei bezog sich die Terrorgruppe auf einen Anfang Juli vorgelegten Vorschlag, den sie allerdings mit dem Erheben neuer Forderungen untergraben hatte.
Der Hamas-Funktionär Osama Hamdan sagte nun dem Hisbollah-Sender Al-Manar TV, es gebe »von den Vermittlern vorgelegte Ideen, die wir akzeptiert haben und wir sind bereit, sie sofort umzusetzen. Es ist inakzeptabel, dem Feind mehr Zeit zu geben. Unsere Position ist klar und wir warten nicht auf Diskussionen über neue Rahmenbedingungen oder Schlagzeilen.«
Jetzt oder nie
Letzte Woche übermittelte Israel den Vermittlern ein Papier zur Klärung offener Fragen, das an die Hamas weitergeleitet wurde. Beide Seiten arbeiten nun rund um die Uhr mit den Vermittlern zusammen, um alle Lücken zu schließen, wie zum Beispiel den Status der Philadelphi-Route an der Grenze zu Ägypten, den Grenzübergang Rafah, die Truppenbewegungen und den Waffenstillstand. Ziel ist die Klärung dieser zentralen Fragen vor dem Gipfel und am Donnerstag einen Rahmen vorzulegen, der produktive Gespräche garantiert und innerhalb weniger Tage zu einer Einigung führen könnte.
Israel besteht auf der Freilassung von dreiunddreißig ausgewählten Geiseln. In den von der Hamas übermittelten Erklärungen forderte die Terrorgruppe Israel auf, ihr mehr Flexibilität bei der Entscheidung zu gewähren, welche palästinensischen Terroristen aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden sollen. Israel hat jedoch deutlich gemacht, eine Namensliste im Voraus zu erhalten.
Vor der Ankündigung der Hamas, an dem Gipfel nicht teilzunehmen, haben israelische Beamte erklärt, es gäbe nun eine bislang noch nie dagewesene Gelegenheit, eine Einigung zu erzielen. Sie betrachteten den Gipfel als in ein kritisches Zeitfenster fallend, das zu einem für alle Beteiligten wünschenswerten Ergebnis führen könnte.
Israel steht unter enormem Druck, diese Gelegenheit zu nutzen, um einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln zu erreichen. Wird diese Gelegenheit verpasst, könnte dies die Tür für ein weiteres Abkommen in naher Zukunft schließen. »Hier und jetzt ist die erste und letzte Gelegenheit«, meinte ein hoher israelischer Sicherheitsbeamter vor der Ankündigung der Hamas. »Wir können eine Einigung erzielen. Dies ist unsere letzte Chance, die Geiseln lebend zurückzubringen.«
Es wird erwartet, dass CIA-Direktor Bill Burns und der Sondergesandte von US-Präsidenten Joe Biden, Brett McGurk, am Donnerstag in der Region eintreffen und wahrscheinlich Israel einen Besuch abstatten werden, bevor sie zum Gipfel nach Doha oder Kairo reisen.