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Geschäftsmodell Hass: Wie man aus Antisemitismus Geld macht (Teil 1)

Neben Antisemitismus und Hitler-Verehrung gehören auch seltsame Outfits zu seinen Markenzeichen: Kanye West. (© imago images/ABACAPRESS)
Neben Antisemitismus und Hitler-Verehrung gehören auch seltsame Outfits zu seinen Markenzeichen: Kanye West. (© imago images/ABACAPRESS)

Figuren wie der Rapper Kanye West oder der Rechtsextreme Nick Fuentes zeigen: Nie zuvor war es so einfach, mit antisemitischer Hetze reich zu werden.

Irene Kuruc

Im heutigen digitalen Zeitalter, in dem sich Informationen schnell verbreiten, hat sich die Ausbeutung antisemitischer Verschwörungstheorien zu Profitzwecken als ein unheilvolles und lukratives Geschäft herausgestellt. Dieser Artikel befasst sich mit der Frage, wie diese Verschwörungstheorien mit welchen Methoden zu Geld gemacht werden und deren gesellschaftlichen Auswirkungen.

Der Prozess der Monetarisierung des Hasses beginnt mit der Erstellung von Inhalten, die von antisemitischen Stereotypen durchdrungen sind und oft nur schlecht getarnte antisemitische Verschwörungstheorien beinhalten. Manchmal, aber nicht immer, handelt es sich um originäre Beiträge, in der Forschung wurden aber auch zahlreiche mit KI erstellte Videos auf YouTube analysiert, die expliziten Judenhass, antisemitische Tropen und Verschwörungstheorien in englischer und arabischer Sprache enthielten.

Auf Plattformen wie YouTube können Erzeuger mit Anzeigen in Videos, die antisemitische Ansichten fördern, Geld verdienen, indem sie ihre hohen Interaktionsraten in Profit verwandeln. Über Webseiten wie Patreon oder direkte Spendenlinks können die Ersteller finanzielle Unterstützung von Personen erhalten, die entweder an diese Erzählungen glauben oder sich von ihnen unterhalten fühlen. Algorithmen und Klickfarmen erhöhen die Interaktion künstlich mit Inhalten und tragen so unbeabsichtigt zur Verbreitung antisemitischer Botschaften bei, indem sie die Sichtbarkeitsmetriken manipulieren. Diese Vorgänge erhöhen die Sichtbarkeit und damit das Monetarisierungspotenzial.

Einige Content-Ersteller haben ihre gesamte Karriere darauf aufgebaut, antisemitische Verschwörungstheorien zu verbreiten und sie als »alternative Fakten« oder »nur Fragen« darzustellen. Durch den Verkauf von Produkten wie Büchern, T-Shirts und Accessoires an einen Nischenmarkt werden antisemitische Ansichten subtil oder offen verbreitet, oft unter dem Deckmantel, angebliche Geheimnisse aufzudecken. Bekanntheit kann zu bezahlten Vortragsmöglichkeiten oder Einladungen zu Fernsehsendungen in den Mainstream-Medien führen, in denen diese Personen ihre Botschaften verbreiten. Dies hilft ihnen, ein kontinuierliches Einkommen zu generieren, indem sie diejenigen ansprechen, die mit der Verschwörungserzählung sympathisieren.

Politische Randgruppen nutzen Verschwörungstheorien manchmal, um Unterstützung zu gewinnen, insbesondere in Zeiten gesellschaftlichen Drucks. Aktivisten und Organisationen bedienen sich vermehrt Verschwörungstheorien, um nicht nur politischen Dissens zu äußern, sondern auch, um Spenden zu sammeln.

Einige Beispiele zeigen, wie mehr oder minder bekannte Personen des öffentlichen Lebens Antisemitismus in finanziellen Gewinn umwandeln.

Nick Fuentes

Nick Fuentes, ein prominenter, weißer, nationalistischer Streamer, hat seine extremistische Rhetorik effektiv zu Geld gemacht, insbesondere über Plattformen wie DLive, wo er ein sechsstelliges Einkommen aus Abonnements und Bitcoin-Spenden erzielte. Obwohl er anschließend von DLive verbannt wurde, erhält er weiterhin Spenden, was die anhaltende finanzielle Unterstützung durch sein Publikum belegt.

Unbeschadet durch das Verbot seiner Beiträge auf Mainstream-Plattformen wie YouTube und Twitter erhält Fuentes seinen Einfluss und sein Einkommen über alternative Onlinekanäle und Veranstaltungen wie die America First Political Action Conference (AFPAC) aufrecht, wobei er seine kultähnliche Anziehungskraft nutzt, um seinen rechtsextremen Aktivismus zu finanzieren. Er hat sich auch bemüht, die Berühmtheit seines antisemitischen Kollegen Kanye West (siehe unten) zu funktionalisieren, um durch dessen deutlich größere Bekanntschaft an Unterstützung zulegen zu können.

Candace Owens

Der YouTube-Kanal der ehemaligen Daily-Wire-Kommentatorin Candace Owens wurde für eine Woche gesperrt und anschließend ein Interview von ihr mit Kanye West entfernt, das als »Hassrede« eingestuft wurde, nachdem sie behauptet hatte, Juden würden die Medien kontrollieren. Die Bemerkung führte dazu, dass sie ihre Monetarisierungsprivilegien verlor und ihre Show eine Zeitlang eingestellt wurde. Owens konnte keine Werbeeinnahmen mehr erzielen, aber nach 90 Tagen erneut für die Monetarisierung werben. Diese vorübergehende Verbotsmaßnahme beeinträchtigte, sehr zu ihrem Missfallen, ihre Fähigkeit, mit ihren Inhalten Einnahmen zu erzielen – was sie prompt mit der Verschwörungstheorie beantwortete, »Zionisten« seien für ihre zeitweilige Sperre verantwortlich gewesen.

Candace Owens betreibt über ihre offizielle Website auch einen Online-Shop, in dem sie Merchandise-Artikel anbietet, die ihre sozialen und politischen Ansichten fördern und verwendet dafür Slogans wie »Life Is Tough« und »Christ Is King«. Der Shop, der mit ihrer Marke »Club Candace« verbunden ist, nutzt ihre Popularität, um die Unterstützung ihres Publikums direkt zu monetarisieren.

Owens hat auch ihre Vortragsreisen, auf denen sie hohen Eintrittspreise verlangt, zu Geld gemacht. Sie nutzt ihre umstrittene Persönlichkeit, um große Menschenmengen anzuziehen und trotz gelegentlicher Rückschläge wie Sperrungen auf Online-Plattformen oder Visumsannullierungen beträchtliche Einnahmen zu lukrieren.

Kanye West

Am bekanntesten und bizarrsten ist vielleicht, wie Kanye West mit antisemitischen Äußerungen in den sozialen Medien, darunter Aussagen wie »Ich bin ein Nazi« und »Ich liebe Hitler«, für Kontroversen gesorgt hat. Außerdem bewarb er auf seiner Yeezy-Website mit Hakenkreuzen versehene Waren, was dazu führte, dass Shopify die Website schloss.

Seine Handlungen wurden weithin verurteilt, was seine Talentagentur 33&West dazu brachte, die Zusammenarbeit mit ihm einzustellen und seinen Mitarbeiter Ty Dolla Sign dazu veranlasste, Antisemitismus zu verurteilen. West behauptete später, am Tag nach seinen Pro-Nazi-Postings vierzig Millionen Dollar verdient zu haben.

Dies folgt einem Muster provokanten Verhaltens, das in krassem Gegensatz zu seinen früheren Karriereerfolgen wie zum Beispiel den lukrativen Adidas-Deals steht und seinem öffentlichen Image und seinen beruflichen Beziehungen beständig weiteren Schaden zufügt. Am 9. Februar strahlte Kanye West einen mit geringem Budget hergestellten Super-Bowl-Werbespot aus, der die Zuschauer auf seine Yeezy-Website weiterleitete, wo er 20-Dollar-T-Shirts mit einem Hakenkreuz verkaufte. Er nutzte die Top-Einschaltquoten des Football-Endspiels, um den Verkauf des umstrittenen Artikels anzukurbeln.

Nach der Ausstrahlung der Anzeige, die nicht landesweit, sondern nur in ausgewählten lokalen Märkten gezeigt wurde, war das T-Shirt mit dem Hakenkreuz das einzige Produkt, das auf der Webseite angeboten wurde, was dazu führte, dass Shopify Yeezy.com wegen Verstoßes gegen seine Nutzungsbedingungen schloss – und Wests Monetarisierungsbemühungen einen abrupten und herben Rückschlag versetzte. Dennoch behauptete er, beträchtliche Einnahmen erzielt zu haben und unterstrich damit seine Strategie, bei einem der größten Ereignisse im Fernsehen von Provokationen zu profitieren. West wurde zuvor im Jahr 2022 bereits von Twitter (jetzt X) suspendiert, weil Elon Musk damals sagte, bei seinen Postings habe es sich um »Anstiftung zur Gewalt« gehandelt. (Im Juli 2023 wurde ihm eine Rückkehr auf X ermöglicht.)

Palästinensische Propaganda

Einige besondere Varianten von Verschwörungstheorien mit weiter Verbreitung stammen aus der palästinensischen Propaganda, die eng mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt verbunden ist. Die Agitatoren unterstellen Israel, den USA oder anderen geheime oder schädliche Handlungen, die von Behauptungen über von Israel inszenierte Angriffe wie am 7. Oktober 2023, über Holocaust-Verzerrungen bis hin zu abwegigen Behauptungen reichen wie etwa, Israel setze Tiere wie Wildschweine oder Delfine gegen Palästinenser ein.

Breitere geopolitische Verschwörungstheorien verknüpfen palästinensische Themen mit externen Plots wie zum Beispiel Behauptungen über eine US-israelische Inszenierung des IS, 9/11 oder COVID-19. Antiisraelische Proteste dienen oft als öffentliche Bühne, auf der diese Verschwörungstheorien sowohl Teilnehmer als auch Zuschauer erreichen. Die Sichtbarkeit dieser Proteste verstärkt die Verbreitung solcher Narrative, da emotional aufgeladene Rhetorik und nicht verifizierte Behauptungen prominent zur Schau gestellt werden und bei einem wohlwollenden Publikum Anklang finden können.

Organisatoren und Teilnehmer verdienen mit diesen Veranstaltungen Geld, indem sie Produkte und Broschüren verkaufen, die diese Verschwörungstheorien stützen und so aus der öffentlichen Äußerung von Protest ein profitables Geschäft machen. Bezahlte Anti-Israel-Redner sind in bestimmten Protestkreisen zu einer festen Größe geworden. Sie werden oft engagiert, um die Menge anzuheizen und Verschwörungstheorien und Ritualmordvorwürfen Glaubwürdigkeit zu verleihen, wodurch diese Ideen weiter in der Kultur verankert werden und die Redner gleichzeitig beträchtliche Gagen für ihre Auftritte erhalten.

Diese Praxis sorgt für Stirnrunzeln, insbesondere, wenn die Finanzierung aus westlichen Regierungsinitiativen wie USAID, der United States Agency for International Development, stammt, die kürzlich dafür kritisiert wurde, über Jahre hinweg angeblich Millionen von Dollar an antiisraelische Interessengruppen und mit Terrorismus verbundene Einrichtungen weitergeleitet zu haben. Unter anderem soll USAID 3,3 Millionen Dollar an Steuergeldern an eine Organisation mit Sitz im Gazastreifen unter der Leitung von Raffoul Saadeh gezahlt haben, der für die Produktion antisemitischer Rap-Inhalte bekannt ist. Diese Enthüllungen haben eine Debatte über die Rolle staatlicher Finanzierung bei der Verbreitung spaltender Narrative unter dem Deckmantel des Aktivismus ausgelöst.

Wie aus diesen Beispielen hervorgeht, tragen sie dazu bei, antisemitische Ideen zu etablieren, indem sie Hass zu einer Ware machen, was zu einer Zunahme von Hassverbrechen und Diskriminierung führt. Ein solches Wachstum erfordert ein gewisses Maß an Verständnis für die psychologischen Triebkräfte des »ältesten Hasses«, mit dem sich Teil 2 dieses Artikels auseinandersetzen wird.

(Irene Kuruc hat Abschlüsse in internationalem öffentlichem Recht, Terrorismusbekämpfung und Heimatschutz und arbeitete vor Kurzem als Beraterin für das Simon Wiesenthal Center mit Schwerpunkt auf Großbritannien und Irland.)

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