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Gaza-Flottille: Inszenierter Aktivismus auf hoher See

Demonstration zur Unterstützung der Gaza-Flottille in Paris
Demonstration zur Unterstützung der Gaza-Flottille in Paris (© Imago Images / ABACAPRESS)

Nach Behauptungen über Drohnenangriffe auf Schiffe der Anti-Israel-Flottille entsenden Spanien und Italien Kriegsschiffe zum »Schutz« der Gaza-Segler.

Anfang September stach die sogenannte Global Sumud Flotilla (GSF) mit rund zwanzig Schiffen in See. Offiziell versteht sie sich als »Hilfsflotte« für den Gazastreifen, tatsächlich geht es ihr erklärtermaßen darum, die israelische Seeblockade zu durchbrechen – und sich dabei als humanitäres Bollwerk zu inszenieren. Schon der Start der aktuellen Unternehmung war jedoch von internen Konflikten, Skandalen und strategischem Zündstoff begleitet. Wer hier wen instrumentalisiert und wer am Ende profitiert, bleibt mindestens fragwürdig.

Mittlerweile umfasst die Flotte nach Angaben ihrer Initiatoren rund fünfzig Schiffe, von denen sich die meisten vor der Küste Kretas befinden. In der Nacht zum Mittwoch behaupteten die Organisatoren in den sozialen Netzwerken, mehrere Boote seien von Drohnen attackiert worden, zudem sei die Funkverbindung gestört worden. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben bislang nicht.

Spannungen an Deck

Bisher wird die Fahrt der Global Sumud Flotilla vor allem von internen Auseinandersetzungen begleitet. Schon vor dem Auslaufen war erkennbar, dass es der Unternehmung nicht allein um die Lieferung humanitärer Güter geht, sondern um ein politisches Projekt. Gezieltes Storytelling, kalkulierte Eskalationen und symbolträchtige Inszenierungen sind Teil der Strategie.

Am Montag gaben die Organisatoren bekannt, dass Koordinator Khaled Boujemâa sein Amt im Leitungsgremium mit sofortiger Wirkung niedergelegt habe. Hintergrund ist die Teilnahme von LGBTQ-Aktivisten, darunter Saif Ayadi, der sich selbst als »Queer Activist« bezeichnet. Boujemâa erklärte, er sei über deren Identität nicht informiert worden und warf den Verantwortlichen vor, mit ihrer Zulassung eine »kulturell progressive Agenda« in die Flottille eingeführt zu haben.

Auch andere Stimmen meldeten sich mit Kritik. So bezeichneten die Aktivistin Mariem Meftah und der Moderator Samir Elwafi die Beteiligung queerer Gruppen als unvereinbar mit islamischen Werten und zugleich als Ablenkung von der »heiligen Sache Al-Aqsa«. Rasch verlagerte sich die Auseinandersetzung in die sozialen Netzwerke, wo sie nicht nur eskalierte, sondern auch die ohnehin fragile Allianz innerhalb der Aktivistenszene weiter belastete.

Parallel kam es zu Konflikten über Kommunikation und Führungsfragen. Nach Medienberichten musste Greta Thunberg das Leitungskomitee der Flottille verlassen, blieb jedoch als Teilnehmerin an Bord. Als Gründe wurden Differenzen über die Kommunikationsstrategie sowie über die Kontrolle des Narrativs und der Außendarstellung genannt.

Schon vor Beginn der Fahrt war das Bündnis von Prominenz, Solidaritätsbekundungen und politischem Risiko äußerst fragil – und erweist sich nun als wenig belastbar. So war auch die Teilnahme der österreichischen Millionenerbin und Aktivistin Marlene Engelhorn ein Gegenstand von Spekulationen. Hieß es zuerst, sie nehme ebenfalls an der Gazafahrt teil, blieb ihr Platz auf der Hauptflottille dann aber verwaist. Ihre »weißen Privilegien« hätten sie dazu veranlasst, jemand anderem den Vortritt zu lassen, wie Engelhorn erklärte, – was sie allerdings nicht davon abhält, via Instagram die gewohnten Phrasen von Unterdrückung und Befreiung zu wiederholen. In ihrem neuesten Video wirft sie mit grotesk überhöhten Opferzahlen aus dem Gazastreifen um sich und schwadroniert gar von 700.000 Toten, die Hälfte davon Kinder.

Der Standard hat noch etwas ausgegraben, was eine Begründung ist:

"Damit die Balance stimmt", erklärt Engelhorn. Die Aufmerksamkeit sollte nicht auf den Menschen, die mitfahren, sondern auf dem Thema liegen."

Mittelgut gelungen.

Tausende von posts zeigen das Gegenteil.

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— Rant_if  🎗️ (@rant-ifa-2024.bsky.social) 16. September 2025 um 06:38

Prominente Namen ziehen Aufmerksamkeit auf sich, bergen jedoch zugleich Konfliktpotenzial und die Gefahr, dem Kollektivismus zu schaden. In Kreisen, in denen Symbolhandlungen oft wichtiger sind als logistischer Erfolg, kann ein Verzicht auf Präsenz auch Teil der Strategie sein.

Mediale Wellen, echte Konflikte

Kaum hatte die Flottille den Hafen verlassen, begannen bereits die ersten dramatischen Erzählungen. Bei einem Zwischenstopp in Tunesien berichteten die Aktivisten von Explosionen an Bord, angeblich ausgelöst durch bislang unbekannte Objekte, mutmaßlich von Drohnen oder anderen Luftfahrzeugen. Auch von massiven Kommunikationsstörungen war die Rede; einzelne Aktivisten sprachen gar von gezielten psychologischen Operationen, bei denen über Funk Musik mit Bezug auf Greta Thunberg eingespielt worden sei.

Die Wirklichkeit stellte sich indes weit weniger spektakulär dar. Denn nicht Thunbergs Boot war, wie behauptet, »von einer Drohne getroffen« worden, sondern ein Besatzungsmitglied hatte einen Feuerwerkskörper gezündet – und die anschließende Behauptung einer Drohnenattacke frei erfunden. Selbst die tunesischen Behörden bestätigten, dass es in der betreffenden Region keinerlei Drohnenaktivitäten gegeben habe.

Greta Thunberg behauptete, ihr Boot sei "von einer Drohne getroffen" worden.

Die tunesischen Behörden bestätigten, dass es in der Gegend keinerlei Drohnenaktivität gab.
Es stellte sich heraus, dass ein Besatzungsmitglied einen Feuerwerkskörper gezündet und eine "Drohne" dafür verantwortlich machte

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— Markus 🎗️ (@mschaub.bsky.social) 9. September 2025 um 08:49

In der Nacht zum vergangenen Mittwoch berichteten die Organisatoren erneut von angeblichen Angriffen. »Unsere Boote wurden wiederholt von militärischen Drohnen attackiert. Sie beschossen uns mit unbekannten, aber reizenden Substanzen, mit Schallbomben und sogar mit Drohnen, die absichtlich die Masten mehrerer Schiffe beschädigten«, erklärte die italienische GSF-Sprecherin Maria Elena Delia auf Instagram.

Doch auch in diesem Fall sind die Angaben widersprüchlich. Der polnische Abgeordnete Franek Sterczewski sprach auf X von insgesamt dreizehn Angriffen auf zehn Schiffe, wobei drei Boote beschädigt worden seien. Die deutsche Aktivistin Yasemin Acar hingegen berichtete in zwei Instagram-Videos von Angriffen auf lediglich fünf Schiffe und will »15 bis 16 Drohnen« gesichtet haben. Ein auf dem Instagram-Kanal der Flottille veröffentlichtes Video zeigt eine Explosion, die offenbar vom Schiff »Spectre« aus aufgenommen wurde. Ob es sich dabei tatsächlich um eine externe Attacke handelt oder um ein selbstproduziertes Bildmaterial, bleibt offen.

Die Angaben der griechischen Küstenwache widersprechen diesen Schilderungen. Ein Patrouillenboot der EU-Grenzschutzagentur Frontex habe sich einem der Schiffe genähert und »keine Anzeichen von Schäden« feststellen können. Und auch bei genauerer Betrachtung der Videos und Bilder zu den mutmaßlichen Angriffen und Explosionen auf den Kanälen der Flottille drängt sich die Frage auf, warum sie eher wie vom Boot abgeschossene Positionsleuchten wirken – und von unten nach oben fliegen.

Italien und Spanien entsenden Kriegsschiffe

Als Reaktion auf die Berichte über die mutmaßlichen Angriffe entsandte Italien eine Fregatte der Marine ins Mittelmeer. Verteidigungsminister Guido Crosetto erklärte auf X, das Schiff sei bereits unterwegs, um »mögliche Rettungsmaßnahmen« zu ergreifen. Gemeinsam mit Ministerpräsidentin Giorgia Meloni habe er den sofortigen Einsatz der Mehrzweckfregatte Fasan genehmigt, um italienische Staatsbürger an Bord der Flottille zu schützen.

Zuvor hatte Außenminister Antonio Tajani Israel aufgefordert, die Sicherheit der Schiffe zu gewährleisten. Unter den Passagieren befinden sich nach seinen Angaben sowohl italienische Staatsbürger als auch Mitglieder des nationalen und des Europäischen Parlaments.

Auch Spanien kündigte die Entsendung eines Kriegsschiffs an. Ministerpräsident Pedro Sánchez erklärte, ein Patrouillenboot solle im Bedarfsfall spanische Staatsbürger von der Flottille aufnehmen und zurückführen. Parallel dazu forderten die UN, die EU-Kommission und weitere internationale Akteure eine unabhängige Untersuchung der angeblichen Angriffe sowie die Gewährleistung der Freiheit der Schifffahrt.

Die Organisatoren der Flottille inszenieren sich währenddessen als Opfer einer machtpolitischen Auseinandersetzung, in der Israel, wie gewohnt, allein als Aggressor erscheint. Dass ihre Schilderungen bislang von keiner unabhängigen Seite bestätigt wurden und die internen Widersprüche beträchtlich sind, gerät dabei in den Hintergrund.

Die Flottille als Bühne

Schon die frühere Gaza-Flottille mit Greta Thunberg, die unter dem Namen »Freedom Flotilla« segelte, entpuppte sich am Ende vor allem als propagandistische Inszenierung. Medial wurde die Aktion groß ausgeschlachtet, während die tatsächlich transportierten Hilfsgüter überschaubar blieben und auch kaum praktischen Nutzen hatten, ihr Symbolwert überwog.

Auch die aktuelle »Global Sumud«, die als größte Flottille ihrer Art angekündigt wird, steht in dieser Tradition. Ihr realer Beitrag zur Versorgung der Menschen im Gazastreifen ist begrenzt und dürfte gegen null gehen. Israel hatte nach eigenen Angaben angeboten, die Hilfsgüter in einem Hafen entgegenzunehmen und anschließend weiterzuleiten. Die Organisatoren lehnten ab – der symbolische Bruch der Blockade ist ihnen offenbar wichtiger als eine geordnete Logistik, die den Bedürftigen tatsächlich zugutekäme.

Dass die Blockade seit achtzehn Jahren besteht, um den Waffenschmuggel an die Hamas zu unterbinden und eine von den Vereinten Nationen ins Leben gerufene Untersuchungskommission zu dem Schluss kam, dass die Seeblockade eine legitime Sicherheitsmaßnahme ist, um den Waffenschmuggel an Terrorgruppen zu verhindern, wird in der Selbstdarstellung der Flottille konsequent ausgeblendet.

Hinzu kommt eine Rhetorik, die von antiisraelischen und bisweilen offen antisemitischen Versatzstücken geprägt ist. Zudem mehren sich Hinweise auf Kontakte zu Gruppierungen, die vom israelischen Sicherheitsapparat als terroristisch eingestuft werden. Das wirft die zentrale Frage auf, ob es hier tatsächlich um humanitäre Hilfe geht – oder vielmehr um ein politisches Instrument gegen Israel.

Symptomatisch dafür ist auch die Namensgebung der Schiffe: Eines trägt den Namen »Ahed Tamimi«, jener palästinensischen Aktivistin, die international als Symbolfigur stilisiert wird, während sie immer wieder mit antisemitischen Invektiven und Aufrufen zum Judenmord auffällt, und deren Familie eng mit militanten Strukturen verbunden ist.

Eines der Schiffe der #GlobalSumudFlotilla heißt Ahed Tamini. Nur ein Zitat von ihr: "Wir werden Euch abschlachten. Wir warten auf Euch in allen Städten des Westjordanlands. Was Hitler Euch angetan hat, wird dagegen ein Witz gewesen sein. Wir werden Euer Blut trinken und Eure Schädel essen.«"

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— Rant_if  🎗️ (@rant-ifa-2024.bsky.social) 22. September 2025 um 14:47

Mit der Teilnahme von Prominenten, dem medialen Branding durch Greta Thunberg, der Präsenz von LGBTQ+-Aktivisten, mysteriösen Zwischenfällen und dem fortwährend inszenierten Konflikt mit Israel produziert die Flottille Bilder, die sofort Aufmerksamkeit generieren und in den sozialen Medien viral gehen. Jenseits der antiisraelischen Szene stellen sich jedoch naheliegende Fragen: Wer finanziert und kontrolliert diese Unternehmung, und mit welchen Mitteln? Weshalb beteiligt sich ein libysches Schiff? Und warum wehen auf mehreren Booten iranische und islamistische Fahnen?

Gerade vor diesem Hintergrund ist die Überprüfung der von den Organisatoren verbreiteten Angaben zentral – nicht nur, um die Faktenlage zu klären, sondern auch mit Blick auf die Stabilität internationaler Beziehungen. Ob sich die Berichte über die angeblichen Vorfälle tatsächlich bestätigen lassen, bleibt daher abzuwarten.

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