Galt vor einem Jahr die Idee, ein internationaler Akteur wie die USA sollte vorübergehend die Regierung im Gazastreifen übernehmen, als Wunschdenken, ist sie heute eine reale Möglichkeit.
Vor einem Jahr schlug ich in einem von mir verfassten Kommentar vor, dass am »Tag danach«, also nachdem die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) alle israelischen Geiseln zurückgebracht und die Hamas-Herrschaft im Gazastreifen zerschlagen hat, ein internationaler Akteur wie die USA vorübergehend die Regierung in Gaza übernehmen sollte. Die meisten Kommentatoren waren der Meinung, dass dies nichts weiter als Wunschdenken sei. Wer würde sich schon freiwillig in den Schlamm von Gaza begeben? Heute, einige Wochen nach der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump, sind meine Gedanken deutlich realistischer geworden.
Trump sprach davon, den Gazastreifen in einen amerikanischen Aktivposten zu verwandeln – die Frage, ob vorübergehend oder dauerhaft, ließ er offen bzw. machte widersprüchliche Aussagen dazu. Er ging sogar noch weiter und sagte, es sei dringend notwendig, die Bevölkerung von etwa zwei Millionen Menschen temporär an einen anderen Ort umzusiedeln, um die Entwicklung der Küstenenklave zu ermöglichen und den endlosen Terrorismus, den die dortige Führung gegen ihre eigene Bevölkerung, gegen Israel und gegen Ägypten schürt, ein für alle Mal zu beenden.
Ob diese Lösung realistisch ist oder nicht, ist zweitrangig; von Bedeutung ist, dass solche Worte öffentlich vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ausgesprochen wurden, da sie einer neuen Idee jene Legitimität und das Gewicht verleihen, die erforderlich sind, um über den Tellerrand hinauszusehen und originelle und kreative Lösungen abzuwägen, die möglicherweise gegen den Strich gehen.
Bislang keine Lösung
Dies gilt umso mehr angesichts der Tatsache, dass das, was bisher in Bezug auf den Gazastreifen erwogen und in Betracht gezogen wurde, einfach nicht funktioniert hat. Nicht der potenzielle Frieden, den sich der ehemalige israelische Premierminister Ariel Sharon vorgestellt hatte, als er sich 2005 einseitig aus dem Gazastreifen zurückzog; nicht die Arbeitsgenehmigungen, die Zehntausenden von Bewohnern des Gazastreifens erteilt worden waren, um in Israel zu arbeiten, also in den Häusern und auf den Farmen genau jener Israelis, deren Leben sie dann am 7. Oktober2023 zerstörten; nicht die katarischen Gelder, mit denen ein normales ziviles Leben in der Enklave ermöglicht werden sollte.
Auch die israelischen Militäroperationen Cast Lead im Jahr 2008 und Protective Edge im Jahr 2014 brachten nicht die erhofften Ergebnisse. Darüber hinaus stoppte auch der aktuelle Krieg im Gazastreifen, der mit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 begonnen hatte, die Ausbreitung des schrecklichen Hasses, der Aufstachelung und des Terrors im Gazastreifen nicht.
Die Möglichkeit, die Hamas-Führung durch die vom Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas geführte Fatah zu ersetzen, ist reine Zeitverschwendung, wie die Geschichte bereits 2007 bewiesen hat, als die Hamas den Gazastreifen übernahm und einfach ihre »palästinensischen Brüder« abschlachtete, die Funktionäre und Sicherheitsbeamte derselben Fatah, die jetzt wieder die Macht übernehmen soll.
Ebenso hielt die Idee, die sogenannten Hamoulas, sprich: die Oberhäupter mehrerer großer und wohlhabender Familien im Gazastreifen, während des aktuellen Kriegs mit der Leitung von Gebieten im Gazastreifen zu betrauen, nur wenige Tage an, da sie von der Hamas und ihren Aktivisten ermordet wurden.
Entmachtung der Hamas notwendig
Der jüngste Krieg im Gazastreifen hat deutlich gemacht, dass die Infrastruktur der Hamas sowohl über als auch unter der Erde zerstört werden muss, insbesondere das unterirdische Tunnelnetz im gesamten Gazastreifen. Dies kann logistisch nicht erreicht werden, ohne die Bevölkerung des Gazastreifens vorübergehend zu entfernen. So sagte kürzlich etwa der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate in Washington, Yousef Al Otaiba, auf einem Gipfel in Abu Dhabi, dass auch er keine andere Möglichkeit zu Trumps Plan sehe: »Ich sehe keine Alternative zu dem, was vorgeschlagen wird. Wirklich nicht. Wenn also jemand eine hat, sind wir gerne bereit, darüber zu diskutieren und sie zu prüfen, aber bisher ist noch keine aufgetaucht.«
Es ist offensichtlich, dass die extremistische islamische Ideologie seit der Hamas-Machtübernahme im Jahr 2006 Einzug in jedes Haus und jedes Schulbuch im Gazastreifen gehalten hat. Daher muss ein völlig neues Bildungssystem eingeführt und durchgesetzt werden – etwas, das nicht geschehen kann, wenn die Hamas an der Macht bleibt oder die Fatah an ihre Stelle tritt. Schließlich sind Hass, Aufwiegelung und Indoktrination im Westjordanland von Abbas und der Fatah-Partei ebenso Teil der Botschaft wie im Gazastreifen.
Die Vereinigten Arabischen Emirate wären die optimalen Akteure, ein reformiertes und neues Bildungssystem einzuführen, denn sie haben bereits bewiesen, dass sie in der Lage sind, rasche und weitreichende Reformen in ihrem eigenen Bildungssystem durchzuführen. Aber sie würden solch einen Schritt niemals in Betracht ziehen, bliebe die Hamas an der Macht, da sie dann im Gazastreifen nicht ohne die Gefahr agieren könnten, selbst zum Ziel der Terrorgruppe zu werden.
Wird die Bevölkerung auch temporär anderweitig untergebracht, wird die Hamas aus mehreren Gründen nicht in der Lage sein, ihre Terroraktivitäten fortzusetzen: Erstens wird sie sich nicht mehr in die Zivilbevölkerung einbetten können, die ihr als menschlicher Schutzschild dienen soll. Zweitens könnte sie nicht mehr im Schutz der Menschenmengen in den nördlichen Teil des Gazastreifens zurückkehren und damit auf ihre alte Position, die ihr als Abschussrampe für Angriffe auf die nahegelegenen israelischen Dörfer und Städte diente. Drittens kann die Hamas ohne Zivilisten nicht mehr die Ausrede vorbringen, Israel anzugreifen, um die Menschen im Gazastreifen zu »schützen«.
Katar in die Pflicht nehmen
Als die Palästinenser im Jahr 1970 im Schwarzen September in Jordanien vom dortigen König massakriert wurden, nachdem sie einen Terroranschlag nach dem anderen im Land verübt hatten, schwieg die Welt. Als aus Jordanien in den Libanon geflohenen Palästinenser unter Yassir Arafat aus dem Land verbannt wurden, nachdem sie es in eine Brutstätte des Terrors verwandelt und sich an den regelmäßigen Massakern an christlichen Libanesen beteiligt hatten, schwieg die Welt. Als die Palästinenser aus Kuwait verbannt wurden, weil sie trotz der herzlichen Gastfreundschaft die irakische Besetzung des Emirats gefeiert hatten, schwieg die Welt.
Wenn die Palästinenser allerdings das tun dürfen oder müssen, was für jeden anderen Kriegsschauplatz der Welt gilt, und für eine gewisse Zeit aus dem Gazastreifen emigrieren oder umgesiedelt werden, dann wird die Welt nicht schweigen, da dieses Mal Israel in irgendeiner Weise involviert sein wird. Die anhaltenden Feindseligkeiten in Form von unversöhnlichem Hass und völkermörderischer Begeisterung, die in jeder Erklärung der Hamas-Führung deutlich werden, können jedoch nicht so weitergehen wie bisher. Die Frage ist also, wohin die Palästinenser gehen sollen.
Ist Ägypten der richtige Ort dafür? Meiner bescheidenen Meinung nach lautet die Antwort: Nein. Nicht, weil es auf der Sinai-Halbinsel keinen Platz gäbe. Dort gibt es in der Tat viel Platz. Doch das würde bedeuten, das Problem von einer gemeinsamen Grenze mit Israel an eine andere zu exportieren.
Darüber hinaus ist auch die Panik, die angesichts einer solchen Möglichkeit in der ägyptischen Führung ausgebrochen ist, berechtigt. Warum? Die Ägypter, ähnlich wie die Jordanier, wissen sehr wohl, was es bedeutet, etwa zwei Millionen Palästinenser aufzunehmen. Obwohl dies nur ein winziger Prozentsatz der ägyptischen eigenen Bevölkerung von 110 Millionen Menschen wäre, erinnert sich Kairo gut an die Ermordung seiner Soldaten in Rafah durch die Hamas im Jahr 2012 und an die Hamas-Versuche, Aktionen mit terroristischen Gruppierungen auf der Sinai-Halbinsel zu koordinieren, um das ägyptische Regime zu untergraben.
Kairo weiß um die engen Beziehungen der Hamas zur auch in Ägypten tätigen Muslimbruderschaft deren palästinensischer Ableger die Terrorgruppe in Gaza ist. Die Ägypter wissen sehr gut, dass jedes Land, das Palästinenser aufgenommen hat, unter Terrorismus und Instabilität zu leiden hatte. Die Geschichte hat dies bewiesen – und es ist eine berechtigte Angst.
Jordanien ist ein ähnliches Beispiel, nur kleiner und weniger stabil. König Abdullah II. sieht sich bereits einem großen palästinensischen Bevölkerungsanteil gegenüber, der durch externe Faktoren wie die Islamische Republik Iran leicht dazu angeregt werden kann, die jordanische Führung zu untergraben. König Abdullah braucht keine weiteren zwei Millionen Palästinenser, die nicht nur sein Regime weiterhin destabilisieren, sondern auch die bereits fragile Wirtschaft und Infrastruktur schwächen werden. Und zu allem Überfluss hat Jordanien eine über 330 Kilometer lange Grenze mit Israel. Mit zwei Millionen Palästinensern, die ja nicht über Nacht deradikalisiert wären, mehr in seiner direkten Nachbarschaft wäre das Problem lediglich geografisch verschoben.
Katar wiederum umfasst etwa 11.000 Quadratkilometer und damit etwa die Hälfte des Staates Israel. In dem Gebiet leben nur 300.000 Katarer, neben der obersten Führung der Hamas, die nach Katar verbannt wurde und dort seit Jahren in großem Wohlstand lebt. Warum sollte dieses Land, das sich praktisch zum Sponsor der Hamas erklärt hat, nicht für die Zeit des Wiederaufbaus die zwei Millionen Zivilisten aufnehmen, die derzeit mit nur 365 Quadratkilometern im Gazastreifen auskommen müssen?
Die Entfernung zu Israel ist auch groß genug, um Grenzscharmützel zu vermeiden, und die Ägypter und Jordanier könnten bei solch einer Lösung sicherlich aufatmen. Anstatt selbst Palästinenser aufzunehmen, könnten die beiden Staaten im Gegenzug für die fortgesetzte finanzielle Unterstützung durch die Vereinigten Staaten die dringend benötigten Reformen in ihren Bildungssystemen und Medien anbieten, die sicherlich inklusiver, toleranter und multikultureller gestaltet werden könnten.