Felsendom in Jerusalem: Betreten mit Kippa verboten

Am Montag kam es einmal mehr zu einem Zwischenfall auf dem Tempelberg in Jerusalem. Wachen am Eingang des Felsendoms verweigerten einem israelischen Polizisten den Zutritt für einen Routinecheck, weil er eine Kippa trug. Firas Dibs, Sprecher der islamischen Waqf-Behörde, die das Gelände beaufsichtigt, sagte, dass daraufhin Dutzende Gläubige mit der Polizei aneinander geraten seien. Anschließend verbarrikadierten sich die Protestierenden im Felsendom und schlossen die Tore. Der israelische Polizeisprecher Micky Rosenfeld teilte in einer Erklärung mit, dass die Polizei „jegliche Störung verhindern konnte“.

Nachdem die Tore fünf Stunden später wieder geöffnet wurden, verhörte die Polizei fünf Personen. Dibs erklärte, dass die israelische Polizei routinemäßige Sicherheitschecks durchführt und dass dem Polizeibeamte nur wegen des Tragens einer Kippa der Eintritt verweigert wurde. Auch der Waqf, der den Tempelberg verwaltet, gab ein Statement ab. Die Stiftung gab an, dass sie die Schließung des Felsendoms anordnete, nachdem ein Polizist „versuchte [das Heiligtum] zu stürmen, während er eine Kippa trug“. Des Weiteren klagte sie darüber, dass die Polizei gläubige Muslime am Betreten der nahe gelegenen Al-Aqsa Moschee gehindert und hochrangigen Waqf-Beamten, einschließlich des Direktors de Al-Aqsa Moschee, Sheikh Omar al-Kiswani, den Zutritt zum Felsendom verweigert habe. Kisawni behauptete später sogar, dass er von den Polizisten körperlich angegriffen worden sei.

Zur Geschichte des Tempelbergs

Felsendom in Jerusalem: Betreten mit Kippa verbotenDie geschilderten Ereignisse sind jedoch bei Weitem nicht die einzigen Auseinandersetzungen, die sich rund um den Tempelberg abspielen, ist er doch bereits seit Jahrhunderten der Zankapfel von Religionen und Schauplatz politischer Machtspiele. Um dies zu verstehen muss ein genauerer Blick auf seine historische und religiöse Bedeutung geworfen werden.

Für Muslime ist der dort befindliche Felsendom, sowie die Al-Aqusa Moschee der drittheiligste Ort im Islam. Laut islamischer Überlieferung reiste der Prophet Mohammed im Jahr 620 in einer Nacht von Mekka nach Jerusalem. Dort stieg er in den Himmel auf und traf alle vorangegangenen Propheten. Für Juden ist es der Ort, an dem sich sowohl der erste, als auch der zweite Tempel befand. Doch noch zwei weitere wichtige Faktoren verbinden das Judentum mit dem Tempelberg. Die Bibel berichtet vom Berg Moriah, auf dem der Stammvater Abraham seinen Sohn Isaac zu opfern gewillt war, bis Gott einen Engel entsandte, um Abraham von seiner Tat abzuhalten. Manche Juden vermuten, dass der Tempelberg der Ort dieser Geschehnisse ist.

Laut einer weiteren Überlieferung wählte Gott höchstselbst den Hügel zu seinem irdischen Wohnsitz. Deshalb soll Salomon seinen Tempel genau dort errichtet haben. Der Tempel beherbergte eine Kammer, in welcher das „Allerheiligste“, die  Bundeslade mit den 10 Geboten, aufbewahrt wurden. Nachdem der Tempel im Jahr 586 v. Chr. durch die Babylonier zerstört wurde, baute man den zweiten Tempel an genau derselben Stelle. Dieser wurde im Jahr 70 n. Chr. nach einem jüdischen Aufstand von den Römern schlussendlich niedergebrannt. Im Jahr 691, nach der Eroberung Jerusalems durch die Muslime, erbauten diese den Felsendom auf dem ehemaligen Areal des Tempels, in Erinnerung an die Nachtreise Mohammeds. Religiöse Juden glauben, dass der Messias nach seiner Ankunft einen dritten Tempel errichten wird. Bis heute beten Juden an den Überresten der westlichen Stützmauer (Kotel) des antiken Tempelplateaus. Bemerkenswert ist an dieser Stelle auch, dass der Koran Jerusalem und den Tempelberg nicht ein einziges Mal erwähnt. In der Tora hingegen finden wir Jerusalem gleich 699 und Zion ganze 154 Mal.

Felsendom in Jerusalem: Betreten mit Kippa verbotenIn diesem kurzen Abriss der Geschichte findet sich auch bereits des Pudels Kern. Denn neben religiöser Verehrung weckt der Tempelberg leider auch ein anderes Gefühl, das eher Muslime gegenüber Juden empfinden und welches heute vornehmlich politisch motiviert ist: Ablehnung und Hass. So dürfen Juden nicht auf dem Tempelberg beten (allgemein ist dies allen Nicht-Muslimen untersagt) – und dies obwohl er sich auf israelischem Staatsgebiet befinden. Die Antwort auf die Frage, wie dies überhaupt möglich sein kann, ist in der jüngeren Geschichte zu finden. Während des Sechs-Tage Krieges im Jahr 1967 eroberte Israels das Westjordanland und Ostjerusalem, das vormals – als Ergebnis des Unabhängigkeitskrieges von 1948 – von Jordanien besetzt und annektiert war. Aus Rücksicht auf die religiösen Gefühle der Palästinenser übertrug Israel der jordanisch-muslimischen Stiftung Waqf die Aufgabe, den Tempelberg zu verwalten. Zugleich kümmern sich israelische Polizisten dort um die Sicherheit.

Leugnung des jüdischen Bezugs zum Tempelberg als politische Waffe

Regelmäßig leugnen palästinensische und muslimische Geistliche, dass es überhaupt je einen jüdischen Tempel gegeben habe. Der Großmufti von Jeruaslem Scheich Mohammed Ahmed Hussein etwa erklärte: „Die Al-Aksa-Moschee existiert seit 3.000 Jahren, seit 30.000 Jahren und seit der Erschaffung der Welt.“ Archäologische Forschung auf dem Tempelberg wird durch die Waqf-Stiftung abgelehnt. Seit 1996 wurden zirka 13.000 Tonnen Erde vom Berg abgegraben, um eine riesige unterirdische Moschee and der Südostecke des Platzes zu bauen. Trotz lautstarker Proteste von Seiten Israels verbot der Waqf jede archäologische Erkundung vor den Aushubarbeiten. Hinzu kommt, dass sowohl die Palästinenser als auch die Vereinten Nationen der Ansicht sind, dass Israel den Ostteil von Jerusalem besetzt halte: eine Position, die Jordanien gegenüber niemals eingenommen wurde, als es nach dem Unabhängigkeitskrieg eben jene Gebiete okkupierte.

Felsendom in Jerusalem: Betreten mit Kippa verbotenMuslime fühlen sich durch die Grenzpolizei, die auf dem Platz patrouilliert, gestört, auch wenn sie nur dazu da sind um Gefahrensituationen zu vermeiden und alle Menschen in dem Areal zu beschützen – darunter auch jene Muslime, die sich exakt darüber ereifern. Dass die Anwesenheit der Polizisten unumgänglich ist, zeigen die nicht selten auftretenden Ausschreitungen am Tempelberg, bei denen etwa Steine auf die an der westlichen Stützmauer betenden Juden geworfen werden. Als weiteres Beispiel wäre das Aufstellen von Metalldetektoren zu nennen, nachdem im Juli 2017 palästinensische Terroristen auf dem Tempelberg zwei israelische Polizisten töteten. Die Errichtung jener Detektoren hatte Massenproteste und Ausschreitungen zur Folge, bis Israel die Kontrollgeräte schlussendlich wieder abbaute. Muslime weltweit empörten sich über Israel und warfen dem jüdischen Staat vor, mit der Installation der Detektoren den Tempelberg an sich reißen zu wollen. Kein Muslim empörte sich je über die Metalldetektoren am heiligsten Ort des Islams: in Mekka.

Zu sagen bleibt, dass der jüngste Vorfall, bei dem einem israelischen Polizisten wegen des Tragens einer Kippa das Betreten des Felsendoms verweigert wurde, wohl nicht der letzte seiner Art gewesen sein dürfte. Die Rücksichtnahme Israels gegenüber der muslimischen Gemeinschaft wird nicht mit Dank, sondern mit Aufständen, Gewalt und Terroranschlägen belohnt. Welches Land würde solch einem undankbaren Partner wohl weiter die Hand reichen?

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