Mit ihrem Mut, öffentlich über den sexuellen Missbrauch zu sprechen, den sie während ihrer Hamas-Gefangenschaft erleiden musste, kämpft Amit Soussana gegen die internationale Leugnung dieser Verbrechen.
Mike Wagenheim
Die befreite israelische Geisel Amit Soussana wurde am 1. April vom US-Außenministerium mit dem International Women of Courage Award (IWOC) ausgezeichnet. Dass ihre Geschichte über die sexuellen Übergriffe, die sie in der Gefangenschaft der Hamas erleiden musste, so viel Anklang findet, hat ihrer Meinung nach vor allem damit zu tun, weil mittlerweile diese Verbrechen von der internationalen Öffentlichkeit vielfach bestritten werden.
»Die Welt hat das Geschehene vom 7. Oktober 2023 geleugnet und die Frauenorganisationen haben mich in keiner Weise unterstützt«, beklagt sie. »Ich habe mich mit meinem Gesicht und meinem Namen geoutet und detailliert erzählt, was mir in der Gefangenschaft widerfahren ist. Ich glaube, das hat einen großen Unterschied gemacht. Mehr, als ich mir je hätte vorstellen können.«
Soussana, die sexuell missbraucht wurde, nachdem sie am 7. Oktober 2023 während des Hamas-Überfalls im Süden Israels aus ihrem Haus im Kibbuz Kfar Aza verschleppt worden war, war die einzige der acht IWOC-Preisträgerinnen, die in Anwesenheit von US-Außenminister Marco Rubio und First Lady Melania Trump gebeten wurde, eine Rede zu halten.
Rubio würdigte Soussana und ihren Heldenmut persönlich:
»Am 7. Oktober 2023 wurde Amit Soussana von der Hamas aus ihrem Haus entführt. Nach ihrer Freilassung berichtete sie über die sexuelle Gewalt, die sie als Geisel erlitten hatte, wodurch Mediziner die Möglichkeit hatten, diese an ihr begangenen Gräueltaten zu dokumentieren. Dies geschah zu einer Zeit, in der die Menschen leugneten, dass diese Gräueltaten überhaupt begangen wurden, und sogar Israel für die Brutalität der Hamas verantwortlich machten.
Ihr Mut und ihr Engagement lenken die dringend benötigte Aufmerksamkeit auf die Geißel der sexuellen Gewalt in Konflikten auf der ganzen Welt. Selbst während ich jetzt zu Ihnen spreche, findet irgendwo auf der Welt in diesen verschiedenen Konflikten sexuelle Gewalt statt. Sie ist eine Geißel.«
»Es tut weh«
Soussana berichtete, es sei »ein bedeutender Moment gewesen, als ich [Melania] Trump und [Marco] Rubio traf und sie die Schrecken anerkannten, die am 7. Oktober [2023] in Israel geschahen, und mich auswählten, um im Namen der Frauen zu sprechen, die den Women of Courage Award erhielten. Es war für mich sehr bedeutsam und hat mir ein echtes Gefühl für die Dringlichkeit vermittelt, mit der die US-Regierung und die Menschen hier in den Vereinigten Staaten diesen gesamten Konflikt wahrnehmen und wir ihre Unterstützung haben, um die Krise zu beenden.«
Sousanas auf Video festgehaltenen Kampf, bei dem sie sich aus einer Meute von Terroristen, die sie gewaltsam über ein Feld in Richtung Gazastreifen zerrten, zu befreien versuchte und dabei einen von ihnen zu Boden trat, wurde zu einem der ikonischsten Aufnahmen, die an diesem 7. Oktober 2023 entstanden. Letztlich verbrachte sie 55 Tage in Gefangenschaft, bevor sie im Rahmen des ersten Geisel- und Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und der Hamas im November 2023 befreit wurde. Sie war die Erste, die von der an ihr begangenen sexuellen Gewalt berichtete.
»Ich denke, meine Geschichte beginnt damit, dass ich sie auf dem Feld bekämpft und Mut bewiesen habe. Ich hatte Angst, dass das Erzählen meiner Geschichte, das Erzählen dessen, das mir in der Gefangenschaft widerfahren ist, die sexuelle Gewalt, die ich ertragen musste, diesem mir zugestandenen Mut abträglich sein würde. Ich war froh zu sehen, dass die Menschen erkannten, dass das Erzählen meiner Geschichte mir genauso viel Kraft gab wie mein Kampf auf dem Feld.«
Auch wenn Soussana immer häufiger über ihre persönlichen Erfahrungen spricht, sei es dennoch für sie leichter, wenn sie sich bei ihrem Engagement auf die noch verbleibenden Geiseln konzentriert.
Sie bezeichnete sich selbst als zurückhaltende Person mit einer zutiefst persönlichen Geschichte: Manchmal, wenn sie hört und liest, dass viele Menschen, aber vor allem Frauenorganisationen die sexuelle Gewalt der Hamas immer noch verschweigen oder gar leugnen, »tut es weh, denn ich habe detailliert erzählt, was mir passiert ist, und es ist wirklich eine private Geschichte«. Sie ziehe sich die meiste Zeit zurück. »Da ich weiß, dass jeder Mensch in Israel mich ansieht und genau weiß, was ich durchgemacht habe, versuche ich, mich auf meine Rolle und die anderen Geiseln zu konzentrieren.«
Trotz allem optimistisch
Nach der Zeremonie am 1. April nahmen die Preisträgerinnen an einem International Visitor Leadership Program teil, das vom amerikanischen Außenministerium als »das grundlegende professionelle Austauschprogramm der US-Regierung zur Zusammenarbeit mit amerikanischen Kollegen bei der Förderung ihrer Arbeit zur Stärkung von Frauen und Mädchen auf der ganzen Welt« bezeichnet wird.
Dieses Programm gab Soussana die Möglichkeit, »einige wirklich mutige Frauen kennenzulernen und ihre Geschichten zu hören, und es war wirklich emotional für mich, weil man sich manchmal auf sein eigenes Leid konzentriert, auf das, was in Israel vor sich geht, und auf die Geiseln, und man vergisst, dass die Welt unter so vielen verschiedenen Dingen leidet«.
Sie bezeichnete den Kampf anderer mutiger Frauen als »ein Gefühl für die Bedeutung dieses gesamten Prozesses. Es fällt mir wirklich schwer, mich bei einem so engen Zeitplan für etwas zu engagieren, aber sie unterstützen mich sehr und sind sehr flexibel, sodass ich mich geehrt fühle, Teil dieses Programms zu sein.«
Soussana, die als Anwältin für geistiges Eigentum tätig ist, beabsichtigt, sich weiterhin für die Geiseln einzusetzen, weiß aber nicht, was als Nächstes auf sie zukommt, wenn die Geiseln zu Hause sind und der Krieg beendet ist. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber ich glaube, meine Zukunft wird rosig sein. Ich bin wirklich optimistisch und froh, dass ich hier bin, dass ich es geschafft habe, dass ich überlebt habe und ich glaube, dass ich mir jetzt meiner eigenen Stärke bewusster bin.«
»Ich traue mich jetzt mehr zu, öffentlich zu sprechen«, so die Anwältin abschließend. »Das hätte ich mir nie träumen lassen, und ich sehe eine rosige Zukunft für mich und für Israel. Ich hoffe wirklich, dass es so sein wird.«
Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)