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Nach Eroberung durch RSF: Massenmorde in sudanesischem el-Fasher gemeldet

Sudanesen in London demonstrieren gegen die Belagerung von el-Fasher durch die Schnellen Eingreiftruppen
Sudanesen in London demonstrieren gegen die Belagerung von el-Fasher durch die Schnellen Eingreiftruppen (© Imago Images / ZUMA Press Wire)

Die Schnellen Eingreiftruppen werden beschuldigt, in den letzten Tagen über zweitausend unbewaffnete Zivilisten in der sudanesischen Stadt el-Fasher getötet zu haben.

Nachdem die paramilitärischen Schnellen Eingreiftruppen (RSF) die Kontrolle über die Stadt in der westlichen Region Darfur übernommen haben, werden Berichte über ethnisch motivierte Massenmorde und andere Gräueltaten aus el-Fasher laut. In einer Erklärung vom Dienstag beschuldigten die mit dem sudanesischen Militär verbündeten Darfur Joint Protection Forces die RSF, in den vergangenen Tagen über zweitausend unbewaffnete Zivilisten hingerichtet zu haben.

Bereits am Montag erklärte das Humanitarian Research Lab der Yale University, das den Krieg im Sudan mithilfe von Open-Source-Informationen und Satellitenbildern beobachtet, Beweise gefunden zu haben, die mit den Berichten über Massenmorde durch die RSF übereinstimmen. Am Dienstag erklärte das Yale-Labor, die Stadt werde »durch Zwangsumsiedlungen und summarische Hinrichtungen offenbar einem systematischen und absichtlichen Prozess der ethnischen Säuberung von nicht-arabischen Gemeinschaften unterzogen«.

Die RSF behaupteten bereits am vergangenen Sonntag, die Kontrolle über den Hauptstützpunkt der Streitkräfte in der Stadt übernommen zu haben und veröffentlichten eine Erklärung, »die Kontrolle über die Stadt el-Fasher aus den Händen von Söldnern und Milizen übernommen« zu haben. Der sudanesische Armeechef Abdel Fattah al-Burhan erklärte am Montag, seine Truppen hätten sich aus el-Fasher »an einen sichereren Ort« zurückgezogen und räumte damit den Verlust der Stadt ein. Laut der sudanesischen Journalistenvereinigung wurde die Kommunikation in der Stadt, einschließlich der Satellitennetzwerke, durch eine Medienblockade unterbrochen.

Die RSF befinden sich seit April 2023 in einem blutigen Bürgerkrieg mit der Armee, nachdem es zu Machtkämpfen zwischen den beiden Seiten gekommen war. Mehr als 150.000 Menschen wurden getötet und über vierzehn Millionen aufgrund der Kämpfe vertrieben. In den letzten Wochen wuchs die Sorge um die Sicherheit von Zehntausenden von Zivilisten, die durch eine achtzehnmonatige Belagerung der RSF in el-Fasher gefangen waren.

Summarische Hinrichtungen

Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Türk sagte am Montag, in el-Fasher bestehe ein wachsendes Risiko für »ethnisch motivierte Verstöße und Gräueltaten«. Sein Büro erklärte, es habe »mehrere alarmierende Berichte erhalten, wonach die Schnellen Eingreiftruppen Gräueltaten, darunter auch summarische Hinrichtungen, begehen«.

Laut Türks Büro gebe es Berichte über »standrechtliche Hinrichtungen von Zivilisten, die zu fliehen versuchten, mit Hinweisen auf ethnische Motive für die Morde«. Auch seien Videos im Umlauf, die »Dutzende unbewaffnete Männer zeigen, die erschossen wurden oder tot daliegen, umgeben von RSF-Kämpfern, welche die Toten beschuldigen, Kämpfer der sudanesischen Armee gewesen zu sein«.

Shayna Lewis, Sudan-Expertin bei Preventing and Ending Mass Atrocities, einer jener Gruppen, die in engem Kontakt mit der Zivilgesellschaft in Darfur stehen, beschuldigte die RSF ebenfalls, Zivilisten massakriert zu haben: »Einwohner die zuvor die Stadt verlassen hatten, erfahren durch die in den sozialen Medien weit verbreiteten Hinrichtungsvideos vom Tod ihrer Angehörigen.«

Es bestehen große Befürchtungen, dass sich die Massaker wiederholen könnten, die 2023 in Geneina stattfanden, nachdem die RSF die ebenfalls in Darfur liegende Stadt eingenommen hatte. Damals wurden bis zu 15.000 Zivilisten – überwiegend aus nicht-arabischen Gemeinschaften – getötet.

Nach Angaben der Vereinten Nationen ist seit Beginn des Kriegs über eine Million Menschen aus el-Fasher geflohen; etwa 260.000 Zivilisten, davon die Hälfte Kinder, sind weiterhin ohne Hilfe eingeschlossen. Die Migrationsagentur der Vereinten Nationen gab an, dass seit Sonntag mehr als 26.000 Menschen vor den Kämpfen geflohen sind, um entweder in den Außenbezirken der Stadt Schutz zu suchen oder sich in Richtung Tawila siebzig Kilometer westlich zu begeben.

In Tawila berichteten Teams der Organisation Ärzte ohne Grenzen, mit einem massiven Zustrom von Verwundeten aus el-Fasher in das Krankenhaus der Stadt konfrontiert zu sein. Seit Sonntagabend seien 130 Menschen ins Krankenhaus eingeliefert worden, darunter fünfzehn in kritischem Zustand, so Ärzte ohne Grenzen.

Die Einnahme von el-Fasher, der letzten noch von der Armee kontrollierten Großstadt in Darfur, verschafft den paramilitärischen RSF die Kontrolle über alle fünf Landeshauptstädte in Darfur und markiert einen bedeutenden Wendepunkt in dem Krieg. Die Armee ist nun aus einem Drittel des sudanesischen Territoriums verdrängt, was Experten zufolge die Möglichkeit einer Teilung des Landes erhöht.

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