Wenn die Israelboykott-Bewegung BDS die Erfolgsmeldung herausgibt, wegen ihres Drucks ziehe sich die französische Supermarktkette Carrefour aus mehreren arabischen Ländern zurück, dann stimmt daran buchstäblich nichts.
Seit 2022 gibt es in Israel Supermärkte mit dem Logo des französischen Unternehmens Carrefour. Betrieben werden sie von der israelischen Gruppe Electra Consumer Products. Dadurch wurde der Carrefour-Konzern – der sich für politisch neutral erklärt hat – zu einem Propagandaziel der antisemitischen BDS-Bewegung. »Carrefour ist an der Apartheid, der illegalen Besatzung und den Menschenrechtsverletzungen gegen Palästinenser in Israel mitschuldig«, so BDS.
Da BDS eine Sekte ist, deren Boykottaufrufe von niemandem beachtet werden (nicht einmal von den BDS-Aktivisten selbst), hat das natürlich nicht geschadet. »Das Geschäft von Carrefour verzeichnete im ersten Halbjahr 2025 eine deutliche Beschleunigung, angetrieben durch die Dynamik in seinen drei Kernländern: Frankreich, Spanien und Brasilien«, heißt es im jüngsten Geschäftsbericht.
Doch jetzt jubeln die Boykotteure, denn das Carrefour-Logo verschwindet aus einer Reihe arabischer Länder. Die Märkte heißen nun »HyperMax«. Carrefour müsse seine Supermärkte in arabischen Ländern wegen zu großer Verluste schließen, heißt es vonseiten der Boykotteure.
Von einem »Erfolg« des »anhaltenden Drucks« durch BDS ist die Rede. Carrefour sei aus arabischen Ländern »rausgeworfen« worden, schreiben manche gar. »Der Zusammenbruch beweist, dass Boykott funktioniert – wenn man ihre Geldbörsen trifft, gehen sie unter.« Ein anderer Nutzer posaunt in der für BDS typischen pompösen Sprache und mit einer an Sowjetpropaganda erinnernden ideologischen Übersteigerung, die aus dem Verkauf von Konserven und Klopapier ein Menschheitsverbrechen macht:
»Ein weiterer Erfolg für BDS: Carrefour muss nach Schließungen in Oman und Jordanien auch in Kuwait und Bahrain schließen. Der französische Einzelhandelsriese … ist seit langem in Verbrechen gegen die Menschlichkeit verstrickt, arbeitet als direkter Partner zionistischer Konzerne, unterzeichnet Verträge mit Besatzungsfirmen und vertreibt Siedlungsprodukte im Ausland. Unter dem anhaltenden Druck der Boykottbewegung ist Carrefour in diesem Jahr nun im vierten arabischen Land zusammengebrochen. Was mit dem BDS-Aufruf im Dezember 2022 begann, hat sich in der ganzen arabischen Welt zu einer kaskadenartigen Ablehnung entwickelt und zeigt, dass die Mittäterschaft von Unternehmen am Völkermord einen hohen Preis fordert.«
Sie schnappen über vor Freude. Was, wenn man ihnen sagen würde, dass sich überhaupt nichts geändert hat? Dass Carrefour sich gar nicht aus Kuwait oder Bahrain zurückziehen konnte – weder im Zuge des vermeintlichen Drucks durch BDS noch aus anderen Gründen –, da der Konzern dort nie Filialen betrieben hat? Das Mysterium, das von manchen Anti-Israel-Hitzköpfen nicht verstanden wird (wenn sie etwa Steine auf McDonald’s werfen), lautet: Franchise.
Bloße Marke
Carrefour ist eine von mehreren Franchise-Marke für die Majid Al Futtaim Group (MAF). Das 1992 gegründete Unternehmen mit Sitz in Dubai, das nach dem 2021 verstorbenen Firmengründer benannt ist, ist ein breit aufgestelltes Konglomerat mit Schwerpunkt auf Freizeit, Immobilien, Einzelhandel, Unterhaltungsangebote, Flüge und Mode. Es beschäftigt Zehntausende Menschen und bedient hunderte Millionen Kunden pro Jahr.
Carrefour ist eine der Marken, die Majid Al Futtaim benutzen darf, denn die Gruppe hat seit 1995 die exklusiven Franchise-Rechte für Carrefour in einer großen Region, darunter: Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Jordanien, Saudi-Arabien, Ägypten und Katar. Darüber hinaus gibt es weder eine wirtschaftliche noch eine logistische Verbindung mit Carrefour in Frankreich. Carrefour selbst (die französische Muttergesellschaft) betreibt keine eigenen Filialen in den meisten arabischen Ländern.
Das heißt: In diesen Ländern betreibt MAF die Läden in Eigenregie – mit dem Namen »Carrefour«, aber nicht durch die französische Carrefour-Gruppe selbst. Wenn jemand dort meint, »Carrefour« zu boykottieren, boykottiert er in Wirklichkeit das arabische Unternehmen MAF — das aber wiederum keine Verbindung zu Israel hat.
MAF kann jederzeit den Namen wechseln, wenn es das will – z. B. zu »HyperMax», wie jetzt geschehen. Es gibt keine rechtliche Pflicht, bei »Carrefour« zu bleiben – das ist eine reine Markenlizenz, ähnlich wie bei McDonald’s oder IKEA in manchen Regionen. Durch den Wechsel spart MAF sich Lizenzgebühren, Franchiseauflagen und erhält mehr Kontrolle über Sortiment, Lieferanten, Positionierung und Kommunikation.
Wenn es also heißt, »Carrefour zieht sich aus Oman oder Jordanien zurück«, ist das falsch. Korrekt wäre: Majid Al Futtaim hat entschieden, in bestimmten Ländern nicht mehr unter dem Markennamen »Carrefour« aufzutreten und führt stattdessen eine eigene Marke ein wie jetzt eben »HyperMax«. Die Filialen, Mitarbeiter, Lieferketten etc. bleiben erhalten – nur das Branding ändert sich.
Erfundene Erfolge
Es gehört zur Strategie von BDS, Erfolge zu erfinden. Wie vor einigen Jahren, als der amerikanische Lebensmittelriese General Mills eine Fabrik in Israel schloss, die Backteig für Endverbraucher herstellte. Auch damals feierte BDS, dass der »Druck« gewirkt habe. In Wirklichkeit hatte General Mills beschlossen, sich von margenschwachen Produkten zu trennen, die nicht zum Kerngeschäft gehörten. Kurz zuvor hatte der Konzern bereits das europäische Teiggeschäft (u.a. »Knack & Back«) veräußert. Der Vorgang hatte mit BDS also nichts zu tun.
Während BDS sich über Supermarktschilder in der arabischen Welt und in Israel produzierten Brötchenteig echauffiert, arbeiten israelische Unternehmen weiter an der Spitzentechnologie und Software, die etwa in Computern, Handys, Medizintechnik und bei der Anwendung von Künstlicher Intelligenz zum Einsatz kommt. Israel ist ein wichtiger Forschungs- und Entwicklungsstandort für Unternehmen wie Nvidia, Alphabet, Microsoft oder Meta.
Die wichtige Stellung des Landes bei Mikrochips illustriert ein gerade erschienener Bericht des Unternehmensberaters Deloitte, in dem es heißt: »Israel spielt in nahezu allen Segmenten der Halbleiter-Wertschöpfungskette eine führende Rolle und weist besondere Stärken in den Bereichen Chipdesign, Messtechnik und -prüfung sowie Fertigung auf.«
Das Land wird als »Magnet für multinationale Unternehmen der Halbleiterindustrie« bezeichnet. »Israel hat sich zu einer Halbleiter-Hochburg entwickelt und ist nicht nur eine Startup-Nation. Mit zwei globalen Fertigungsstätten und einer Erfolgsbilanz einflussreicher Innovationen spielt das Land eine strategische Rolle in der globalen Wertschöpfungskette.«
Den BDS-Aktivisten müsste das die Tränen in die Augen treiben. Vielleicht ist es ihnen aber auch egal, da der »Boykott« für sie eher eine Art Selbsttherapie ist – als vermeintliche Sinnstiftung in einem ansonsten nicht so aufregenden Alltag.






