Der türkische Präsident Erdoğan prophezeite den Untergang der westlichen Welt, die einer »östlichen Zivilisation« Platz machen werde.
Am 26. November trat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan in Ankara ans Rednerpult, um auf einer vom türkischen Ministerium für religiöse Angelegenheiten organisierten Konferenz zu sprechen. Was er dort zu sagen hatte, gab nicht nur einen Einblick in einige von Erdoğans grundlegenden Überzeugungen, sondern ist auch insofern brisant, als die Türkei immerhin nach wie vor Mitglied des westlichen Militärbündnisses NATO ist. Das Middle East Media Research Institute (MEMRI) hat Teile der Rede übersetzt.
Ablaufdatum für den Westen
Der Fortschritt des Westens, so führte Erdoğan aus, sei »aufgebaut auf Blut, Tränen, Massakern, Völkermord und Ausbeutung«. Er betonte, dieses System habe »vorübergehend die Oberhand gewonnen, um die göttliche und auf den Menschen ausgerichtete Zivilisation des Ostens zu ersticken«. Doch wie die Formulierung nahelegt, hält Erdoğan diese Phase, so unerfreulich sie auch sei, für bloß temporär und mit einem Ablaufdatum versehen, denn:
»Früher oder später wird der Tag kommen, an dem die Periode des Zeitalters des Fortschritts, die das Heilige und Menschliche ausschließt, geschlossen wird – und wenn die westliche Zivilisation mit großem Getöse zusammenbricht, wird unsere Zivilisation der göttlichen und menschlichen Liebe mit unserem Wesen und unserem Geist erblühen und sich mit Gottes Erlaubnis noch stärker erheben.«
In »Palästina, Gaza, Libanon und in anderen islamischen Regionen« gebe es »diejenigen, die versuchen, die Muslime an diesen Orten auszulöschen«, aber diese Leute seien »allgemein bekannt«. Wen genau er damit meinte, führte der türkische Präsident nicht aus, aber angesichts der von ihm angeführten Orte braucht man nicht allzu viel Fantasie, um sich denken zu können, von wem er sprach. Und es ist wohl keine unzulässige Unterstellung, wenn man davon ausgeht, dass Erdoğan deren finstere Machenschaften als bloß temporäre Verirrung betrachtet, der mit göttlicher Hilfe ein Ende gesetzt werde.