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Warum Erdogan keine Angst vor dem Internationalen Strafgerichtshof haben muss

Der türkische Präsident Erdogan auf einer propalästinensischen Demonstration in Istanbul
Der türkische Präsident Erdogan auf einer propalästinensischen Demonstration in Istanbul (© Imago Images / Xinhua)

Der mit der Hamas gegen Israel kooperierende Erdogan muss nicht befürchten, wegen seines brutalen Vorgehens gegen die Kruden in Syrien und im Irak vom IStGH belangt zu werden.

Der erste Haftbefehl, den der damals noch recht junge Internationale Strafgerichtshof (IStGH) ausstellte, war im Jahr 2009 für den damaligen sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir. Neun Monate später wollte al-Bashir zu einer Konferenz der Organisation der Islamischen Konferenz nach Istanbul reisen, wobei sich damals natürlich die Frage stellte, ob die türkische Regierung unter Präsident Erdogan etwas unternehmen, sprich den Haftbefehl exekutieren werde.

Daraufhin befragt, erklärte der damalige türkische Außenminister Abdullah Gül, al-Bashir müsse sich keinerlei Sorgen machen, und Erdogan fügte hinzu, in Darfur finde ja, anders als im Gazastreifen, gar kein Völkermord statt. Al-Bashir kam dann aus anderen Gründen nicht zu dem Treffen in Istanbul – und wäre er gekommen, hätte die Türkei ihn auch nicht festnehmen müssen. Denn wie viele andere Länder in der Region hat sie das Römische Statut, die Grundlage für die Kooperation mit dem IStGH, nicht ratifiziert, weswegen Den Haag in dem Land auch keine Jurisdiktion hat.

Da dies auch für Syrien und den Irak gilt, zwei Staaten, in denen das türkische Militär regelmäßig interveniert und wo ihm vor allem in Syrien schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen vorgeworfen werden, muss Ankara sich auch keine Sorgen machen, dass ihm wegen seines Vorgehens in Nachbarstaaten etwas passieren könnte. Nur zur Erinnerung: Eine UN-Kommission äußerte 2020 den Verdacht, dass die Vertreibung kurdischer Bewohner Afrins in Nordwestsyrien eine gezielte ethnische Säuberung darstellen könnte. Erst vor wenigen Wochen bombardierte die türkische Luftwaffe erneut gezielt die Elektrizitätsversorgung in Rojava, infolgedessen Millionen Zivilisten ohne Strom und Wasser waren.

Tyler Stapleton von der Foundation of the Defense of Democracy kommentierte die Angriffe jüngst mit den Worten, Erdogan führte »unter dem Deckmantel von Operationen zur Terrorismusbekämpfung eine gezielte Kampagne gegen Zivilisten in Syrien durch«. Die Angriffe auf zivile Infrastruktur verschlimmerten die bereits katastrophale humanitäre Lage nur noch weiter, doch Erdogan sehe »in den gescheiterten Normalisierungsbemühungen mit Assad und dem wahrscheinlichen Rückzug der USA aus dem Irak eine Gelegenheit, die Kurden ohne Konsequenzen ins Visier zu nehmen«.

Erdogans Glashaus

Mag anderswo auch der Spruch eine gewisse Gültigkeit haben, wer im Glashaus sitzt, sollte möglichst nicht mit Steinen werfen, gilt im Nahen Osten eher das Gegenteil. So begrüßten unter anderem die iranischen Revolutionsgarden und die Hamas die gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und Ex-Verteidigungsminister Yoav Gallant ausgestellten Haftbefehle des IStGH. Nur Stunden später folgte dann das Statement des türkischen Präsidenten:

»Wir unterstützen den Haftbefehl. Wir halten es für wichtig, dass diese mutige Entscheidung von allen Vertragsstaaten umgesetzt wird, um das Vertrauen der Menschheit in das internationale System wiederherzustellen.«

Wenige Wochen nach den Massakern des 7. Oktober 2023 hatte Erdogan auf einer Kundgebung der Menge zugerufen, dass für ihn die Hamas eine Befreiungs- und keine Terrororganisation sei:

»Wir sind die Einzigen, die mutig genug waren, die Hamas als Befreiungsbewegung zu bezeichnen. Trotz derer, die versuchen, Israel zu hofieren, indem sie die Hamas als Terroristen einstufen, wird die Türkei den Kampf Palästinas für die Unabhängigkeit weiterhin auf jede erdenkliche Weise verteidigen.«

Die Hamas unterhält bekanntlich in Ankara seit Jahren eine Dependance, und da Katar jüngst bekannt gab, die Führungsspitze der Terrororganisation nicht weiter bei sich zu dulden, stellt sich nun die Frage, ob der politische Arm der Organisation ganz in die Türkei umziehen wird.

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