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Ephraim Kishon, ein Sieg der gerechten Sache

Der Satiriker Ephraim Kishon. (© imago images/teutopress)
Der Satiriker Ephraim Kishon. (© imago images/teutopress)

Ephraim Kishon war ein brillanter Satiriker, seine höchst politische Seite wird meistens ausgeblendet.

Dieser Tage wird vielfach an den großen israelischen Satiriker Ephraim Kishon (1924–2005) erinnert, der vor hundert Jahren in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren wurde, den Holocaust überlebte und 1949 mit seiner ersten Frau nach Israel kam. In den vielen Erinnerungsartikeln wird zurecht auf den erstaunlichen Erfolg seiner zahlreichen Bücher hingewiesen, die weltweite Bestseller waren und allein in Deutschland 34 Millionen Mal verkauft worden sind.

Erinnert wird an Kishon als jemanden, dessen satirische Texte sich um die »Tücken des Alltags- und Familienlebens [drehten], vor allem die Bürokratie, Steuerlasten, Inflation«, so ein Nachruf im ORF-Radiosender Ö1. Sein Buch Kishons beste Familiengeschichten, in dem er »vor allem seine eigene Familie auf vergnügliche Weise porträtierte, rangiert knapp nach der Bibel als eines der meistverkauften Bücher aller Zeiten«.

Dass er ausgerechnet in Deutschland, dem Täterland des Holocaust, am meisten Bücher verkaufte, mag er als Genugtuung empfunden haben, wie Thomas Ribi in der Neuen Zürcher Zeitung schreib, entbehrte aber nicht immer eines seltsamen Beigeschmacks: »Er machte es den Deutschen leicht, über Juden zu lachen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Die Themen Krieg, Nazis und Holocaust sparte er aus.« Und das, obwohl die Privatperson Kishon Zeit seines Lebens tief vom Holocaust geprägt war.

Beißende politische Kommentare

Beiseite gelassen wird in den Erinnerungen an Kishon meist, dass er zwar als »großer israelischer Humorist« berühmt wurde, der die Absurditäten des Alltags durch deren Übertreibung kenntlich zu machen verstand, sich darüber hinaus aber auch immer wieder politisch äußerte – und das kaum weniger pointiert als in seinen Satiren.

Mit der in Österreich bis zur Heiligkeit verklärten Nahpostpolitik Bruno Kreiskys beispielsweise konnte Kishon nicht nur nichts anfangen, sondern hielt mit seiner Meinung über den damaligen österreichischen Bundeskanzler, dessen Freundschaft zu Jassir Arafat und Bemühungen um eine internationale Anerkennung des Terrordachverbands PLO nicht hinter dem Berg.

Als Kreisky etwa 1978 eine seiner zahlreichen Diffamierungen und Verurteilungen von Juden und Israel zum Besten gab, antwortete ihm Kishon im deutschen Wochenmagazin Spiegel. »Schlag uns, Bruno, wir sind Deine Trommel«, lautete der Titel der Abrechnung in Form eines Briefes, in dem Kishon unter anderem schrieb:

»Mit aller Verehrung müssen wir Dir sagen, dass man einen solchen Haufen anti-jüdischen Mists in der westlichen Welt sonst nicht mehr äußert, außer auf vierzig Jahre alten Grammophonplatten. Erstmals, lieber Freund, ist uns klargeworden, dass Du, Überlebender des Holocaust, ein begabter autodidaktischer Antisemit bist. (…) Du hältst uns für ein lästiges Volk. Allerdings. Wenn wir nicht so lästig wären, dann wären wir vielleicht auch kein Volk mehr, und Du hättest nichts mehr, was Du bekämpfen könntest.«

»Diese Goebbels-Methoden«

Und weil der politische Kommentator Ephraim Kishon in vielen Nachrufen ausgeblendet wird, sei an dieser Stelle an einen brillanten Text erinnert: 1968 veröffentlichte er das Buch Pardon, wir haben gewonnen. Vom Sechs-Tage-Krieg bis zur Siegesparade ein Jahr danach. Darin findet sich mit Ein Sieg der gerechten Sache eine Satire, in der eigentlich schon damals alles über das absurde Schauspiel namens Vereinte Nationen gesagt wurde, was es zu sagen gibt:

»Der Antrag Pakistans, Israel für die Besetzung der Tschechoslowakei durch die Sowjets zu verurteilen, wurde dem Vorsitzenden des Sicherheitsrats in den frühen Morgenstunden zugestellt. (…) Wie man hörte, machten die USA gewisse Vorbehalte gegen ein Alleinverschulden Israels geltend, während Belgien und Kanada für eine Verschiebung der Beratungen eintraten und einen für alle Beteiligten annehmbaren Kompromiss ausarbeiten wollten.«

Als der israelische UNO-Botschafter die Frechheit besessen habe, den Sicherheitsrat darauf aufmerksam zu machen, dass nicht Israel die Tschechoslowakei besetzt haben, sondern die Staaten des Warschauer Paktes und daher die Sowjetunion verurteilt werden müsse, sei dieser der Kragen geplatzt:

»Daraufhin verließ der sowjetische Delegierte Jakob Malik demonstrativ den Sitzungssaal und rief dem Vertreter Israels von der Türe her zornbebend zu: ›Diesmal werden Ihnen diese Goebbels-Methoden nichts nützen. Sie spielen mit dem Feuer!‹ (…)

Die Atmosphäre wurde immer angespannter. Ein von der algerischen Delegation verteiltes Pamphlet nannte Israel eine ›Erpressernation‹. In der Prawda erschien ein scharfer Angriff auf die ›Nazikohorten von Tel Aviv und ihre schamlosen imperialistischen Annexionen‹«.

Am Ende des von Kishon geschilderten Schauspiels, das sich von wenigen Unterschieden abgesehen auch heute noch so oder sehr ähnlich abspielen könnte, sei ein »Kompromissantrag« gestanden, der gelautet habe:

»›Der Sicherheitsrat bedauerte den im Zusammenhang mit Osteuropa erfolgten Aggressionsakt und sieht sich veranlasst, Israel nachdrücklich vor jedem gegen die Grundsätze der Vereinten Nationen gerichteten Vorgehen zu warnen.‹ Auf Antrag Weißrusslands erhielt die Resolution noch die folgende Zusatzklausel: Israel wird ferner aufgefordert, keine weiteren Erdbeben im Iran zu verursachen.«

Wenn Sie eine Ausgabe von Pardon, wir haben gewonnen finden, zögern Sie nicht zuzugreifen. Die Lektüre dieser vermeintlichen Satiren ist erhellender als so machner der bedächtigen aktuellen Kommentare, mit denen Sie sonst Ihre Zeit verschwenden.

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