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Ex-Anführer gesteht Gewaltbereitschaft der Muslimbruderschaft

Der frühere Sprecher der Muslimbruderschaft in Europa, Kamal Al-Helbawi
Der frühere Sprecher der Muslimbruderschaft in Europa, Kamal Al-Helbawi (Quelle: Egypt Today / Mohamed Zain)

Erstmals bestätigt ein prominenter früherer Anführer der Muslimbruderschaft, dass diese im Gegensatz zu ihren öffentlichen Aussagen sehr wohl Gewalttaten unterstütze und fördere.

Kamal Al-Helbawi, der frühere Sprecher der Muslimbruderschaft in Europa, gab zu, dass die Gruppe ideologisch vom Ansatz Sayyid Qutbs beeinflusst ist, der den Grundstein für den dschihadistischen Extremismus legte und trotz ihrer öffentlich erklärten Toleranz und des immer wieder behaupteten Festhaltens an friedlichen Mitteln zur Gewalt neigt.

In einer Erklärung, die vor einigen Tagen in einem Artikel auf einer arabischen Website veröffentlicht wurde, schrieb Al-Helbawi:

»Ich trat der Muslimbruderschaft schon in jungen Jahren bei, in den frühen Fünfzigern. In den Neunzigern des letzten Jahrhunderts war ich nach einer langen Reise schließlich ein Mitglied der Führung der weltweiten Organisation der Muslimbruderschaft.

1997 trat ich von der Führung zurück und arbeitete stattdessen an intellektuellen Projekten, darunter ›Was hat der Islam dem Westen zu bieten?‹ sowie an einem Projekt zur Bekämpfung des Terrorismus. Auch blieb ich Mitglied der Muslimbruderschaft.

Als die Januarrevolution [der Beginn der Proteste gegen den ägyptischen Diktator Hosni Mubarak im Jahr 2011] in Ägypten stattfand, packte ich meine Koffer und kehrte aus Großbritannien nach Kairo zurück mit dem Wunsch, die Freude und die strahlende Zukunft des Volkes zu teilen.

Nach meiner Rückkehr habe ich mir die Verhältnisse in der Muslimbruderschaft genau angesehen. Es waren aufschlussreiche Tage. Ende März 2012 trat ich dann endgültig aus der Organisation aus, da die Gruppe zu glauben begonnen hatte, politisch auf dem Vormarsch zu sein, und sich mehr auf die Macht als auf die Interessenvertretung konzentrierte.

Ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass es innerhalb der Muslimbruderschaft Abweichungen vom eigentlichen islamischen Projekt gab, dessen Grundlagen von Hassan Al-Banna und nicht von Sayyid Qutb gelegt wurden. Einige dieser Abweichungen zeigen sich im Fortbestehen von Aspekten der Geheimhaltung in der Arbeit der Gruppe sowie in der zunehmenden Tendenz zur Gewalt, die trotz den immer wieder erhobenen Parolen zum Frieden zu erkennen ist.«

Gewaltbereitschaft schon durch Al-Banna?

Al-Helbawi gilt als einer der historisch bedeutsamen und prominenten Führer der Muslimbruderschaft, womit seine Aussage eine ausdrückliche Bestätigung eines (ehemals) hochrangigen Mitglieds für die Tendenz der Gruppe zur Gewalt darstellt. Zugleich stehen die Ausführungen Al-Helbawis im Gegensatz zu dem toleranten und angeblich zur Integration in die Gesellschaft und zum Dialog neigenden Gesicht, das die Muslimbruderschaft vor allem in Europa so gerne zeigt.

In einem im Januar 2020 veröffentlichten Aufsatz beschrieb der Forscher Lorenzo Vidino Al-Helbawi mit den Worten:

»Charismatisch, unermüdlich und der Organisation seit mehr als sechzig Jahren zutiefst verpflichtet, gehört Kamal Al-Helbawi zu einer Handvoll Personen, die den Kurs der Muslimbruderschaft im Westen geprägt haben.«

In diesem Zusammenhang kommt Tariq Abu Al-Saad, ein Experte für die Angelegenheiten der Muslimbruderschaft, gegenüber Mena-Watch zu dem Schluss, dass »Al-Helbawis Zeugnis über die Neigung der Bruderschaft zur Gewalt real, konsistent und unbestreitbar ist«.

Er fuhr in seiner Einschätzung fort, dass Al-Helbawi den Theoretiker und Aktivisten Sayyid Qutb für die Neigung der Muslimbruderschaft zur Gewalt verantwortlich machen möchte und nicht den Gründer der 1928 aus der Taufe gehobenen Gruppe, Hassan Al-Banna. Dies sei, so Al-Saad »der Streitpunkt zwischen ihm und mir«.

»Das wahre Gesicht der Muslimbruderschaft ist Hassan Al-Banna, der als Erster den Terrorismus und geheime bewaffnete Aktionen eingeführt hat. Al-Bannas Ideen führen immer zu Gewalt und Terrorismus und zum Einsatz von Waffen, um die Macht zu erlangen.«

Sayyid Qutb (1906–1966) war der führende Theologe der Muslimbruderschaft, dessen Schriften bis heute nachwirken und nicht zuletzt die Anführer von Terrororganisationen inspiriert haben, darunter die Al-Qaida-Gründer Osama bin Laden und Ayman al-Zawahiri.

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