Die Begegnung der Verteidigungsminister beider Länder zeigt, dass die Bemühungen um eine Normalisierung der Beziehungen voranschreiten. So einigten sich die beiden auf ein Außenministertreffen Anfang 2023.
Das Gespräch zwischen dem türkischen Verteidigungsminister Hulusi Akar und seinem syrischen Amtskollegen Ali Mahmoud Abbas fand kürzlich in Moskau in Anwesenheit des Direktors des türkischen Geheimdienstes, Hakan Fidan, des russischen Verteidigungsministers Sergei Shoigu und der Leiter des syrischen und des russischen Geheimdienstes statt. Es war das erste offizielle Treffen auf Ministerebene zwischen der Türkei und Syrien seit dem Ausbruch des Syrienkriegs im Jahr 2011 und den daraus resultierenden Spannungen in den Beziehungen zwischen Ankara und Damaskus.
Nach Angaben der amerikanischen Website Al-Hurra wurden in Moskau die Syrienkrise, das Flüchtlingsproblem und die gemeinsamen Bemühungen zur Bekämpfung aller »terroristischen Organisationen« auf syrischem Boden erörtert. Die Parteien kamen überein, die trilateralen Treffen fortzusetzen, um die Stabilität in Syrien und der Region zu gewährleisten und aufrechtzuerhalten.
Das russische Verteidigungsministerium teilte in einer Erklärung ebenfalls mit, bei »den in Moskau staffindenden Gesprächen zwischen den Verteidigungsministern Russlands, Syriens und der Türkei« seien »Wege zur Lösung der Syrienkrise und der Flüchtlingsfrage sowie gemeinsame Anstrengungen zur Bekämpfung extremistischer Gruppen erörtert« worden. Die syrische Nachrichtenagentur SANA fügte hinzu, bei dem Treffen »wurde die Bedeutung und Notwendigkeit der Fortsetzung des Dialogs zur Stabilisierung der Region betont«.
Türkische Haltungsänderung
Mit dem Ausbruch der Krise in Syrien im Jahr 2011 stellte sich die Türkei gegen das Regime von Baschar al-Assad und unterstützte syrische Oppositionsgruppen. Während des Kriegs im Nachbarland nahm Ankara rund vier Millionen Flüchtlinge auf und verlegte später seine Streitkräfte in den Norden Syriens.
Präsident Erdoğan versucht seit einiger Zeit, eine »Null-Problem«-Politik mit den Ländern in der Region zu verfolgen und hat dementsprechend vor Kurzem seine Haltung gegenüber Damaskus geändert, was im Rahmen einer Reihe von Bemühungen zur Verbesserung seiner Beziehungen zu arabischen Ländern, darunter Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, zu sehen ist.
Das jetzige Treffen in Moskau geht auf einen Vorschlag zurück, den Erdoğan vor Wochen seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin unterbreitet hatte, um einen trilateralen Mechanismus mit Syrien einzurichten, der den diplomatischen Weg zwischen Ankara und Damaskus beschleunigen soll. Dabei schlug Erdoğan vor, zunächst ein Treffen zwischen den Geheimdiensten der drei Länder zu arrangieren, gefolgt von einem auf Ebene der Verteidigungs- und später der Außenminister, und schließlich ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs zu vereinbaren.
In diesem Zusammenhang zitierte die in London erscheinende Zeitung Asharq Al-Awsat eine russische Quelle mit den Worten, dass das Treffen zwischen den Verteidigungsministern Syriens und der Türkei »die korrekte Realität widerspiegelt«. Der Diplomat erklärte, die Konferenz der Verteidigungsminister und Leiter der Sicherheitsbehörden sei »ein Schritt in die richtige Richtung, der den Weg für eine politische Lösung und die Stärkung der Lage und der Stabilität in Syrien und im gesamten Nahen Osten ebnet. Weitere Schritte werden bald unternommen.«
Dem russischen Diplomaten zufolge arbeite Russland daran, die Voraussetzungen für die Abhaltung einer Zusammenkunft auf Außenministerebene »zu Beginn des neuen Jahres« zu schaffen, das wiederum den Weg für die Abhaltung eines Dreiergipfels auf Präsidentenebene vor Mitte des kommenden Jahres ebnen werde.
Stolpersteine
Trotz dieser positiven Entwicklungen im Hinblick auf die Annäherung der beiden Länder könnten einige strittige Themen die vollständige Wiederherstellung der Beziehungen erschweren, wenn nicht gar behindern, insbesondere die Frage der syrischen Flüchtlinge in der Türkei und die türkische Militärpräsenz in Nordsyrien.
Der Erdoğan nahestehende Journalist Handy Firat meinte, einige Punkte könnten zu Stolpersteinen auf diesem Weg werden: »Was wird mit den kurdischen Organisationen in Syrien geschehen? Was wird mit den Assad-Gegnern in der Türkei geschehen? Wie und auf welche Weise werden die Flüchtlinge zurückkehren?«
Die Lösung des Problems der syrischen Flüchtlinge ist für Erdoğans Regierung vor den für Mitte 2023 angesetzten Parlamentswahlen ein äußerst wichtiges Thema, da die türkische Öffentlichkeit angesichts der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage die Rückkehr der Syrer in ihr Land fordert und die Angelegenheit zu einem heißen Wahlkampfthema geworden ist.