„Ankara fordert eine ‚Sicherheitszone‘, die etwa 35 bis 40 Kilometer tief sein und entlang der gesamten Grenze verlaufen soll. Dies würde fast alle dicht besiedelten Gebiete im Nordosten von Syrien türkischer Kontrolle unterstellen, die derzeit von der kurdisch geführten (und mit der PKK verbundenen) Demokratischen Union (PYD), regiert werden.
Städte wie Qamishly (die Hauptstadt der Region), Kobane (in der die Kurden im Jahr 2014 so tapfer darum kämpften, das Momentum des Islamischen Staates zu brechen), Tal Abyad, Ras al-Ayin (kurdisch Sere Kaniye), Al Malikiya und andere große Städte liegen alle innerhalb der 40-Kilometer-Distanz von der türkischen Grenze entfernt.
Die Amerikaner schlagen eine alternative Sicherheitszone vor, die neun Meilen tief und 140 Kilometer lang wäre und aus der die kurdischen Kämpfer abgezogen würden. Die Türkei lehnte diesen Vorschlag ab – und der Grund ist ganz einfach: Die Türkei braucht keine Sicherheitszone auf syrischem Territorium. Die syrisch-türkische Grenze ist bereits eine der am stärksten befestigten und am intensivsten patrouillierten Grenzen der Welt. Ein riesiger Stacheldrahtzaun mit Wachposten alle paar hundert Meter erstreckt sich über die gesamte Länge der Grenze; und das flache Land, auf dem die Grenze verläuft, ist stark vermint.
Seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 konnte kaum mehr Wesentliches über die nordöstliche türkisch-syrische Grenze geschmuggelt werden. Wenn Dschihadisten aus der Türkei in dieses Gebiet einreisen wollten, taten sie dies mit der Zustimmung der türkischen Behörden. Währenddessen mussten Kurden und andere Gruppen alternative Routen in Syrien und im Irak ausfindig machen. (…)
Was die Türkei tatsächlich in der Region plant, ist daher keine Sicherheitszone, sondern die vollständige Beseitigung der von Kurden geführten, de facto autonomen Kantone – und die Schaffung eines Gebiets, in das die 3,6 Millionen syrischen Flüchtlinge umgesiedelt werden können, die sich derzeit in der Türkei befinden.
Mit anderen Worten: Ankara möchte die Kantone Kobane und Jazira in einen neues Afrin verwandeln. Die Türkei marschierte im Januar 2018 in Afrin ein, wobei sie Hunderttausende Kurden, die in dieser Region ansässig waren, ethnisch säuberte und an ihrer Stelle Araber und Turkmenen aus anderen Teilen Syriens ansiedelte – darunter auch virulent dschihadistische Gruppen, die als Handlanger Ankaras fungierten.“ (David Romano: „Turkey’s tests of wills in northern Syria“)