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Die »jüdische Nakba« (Teil 9): Die Verfolgung der Juden im Iran

Antiker Teppich mit jüdischen Motiven aus dem Iran
Antiker Teppich mit jüdischen Motiven aus dem Iran (© Imago Images / NurPhoto)

Seit Ayatollah Ruhollah Khomeinis Islamischer Revolution von 1979 ging die Zahl der Juden im Iran von über 100.000 auf rund 8.500 zurück.

Flucht und Vertreibung der Juden aus arabischen Ländern und dem Iran im 20. Jahrhundert waren nahezu total und können nicht bloß mit der Entstehung des Staates Israel in Verbindung gebracht werden. Der sich in der »jüdischen Nakba« manifestierende Antisemitismus hatte seine Ursachen im Judenbild des Korans und dem Export des europäischen Antisemitismus. Die Errichtung des Staates Israel war damit Anlass, aber nicht Grund für die Auslöschung der jüdischen Gemeinden in der arabischen Welt.

Antike und islamische Eroberung

Die Geschichte der Juden im Iran begann vor etwa 2.600 Jahren mit der von König Kyros II. nach seiner Eroberung Babylons erteilten Erlaubnis, aus dem babylonischen Exil nach Jerusalem zurückkehren und den Tempel wieder aufbauen zu dürfen, was allerdings nur ein Teil der Juden in Anspruch nahm. Unter der folgenden Herrschaft der religiös toleranten Parther unterstützten die im Land verbliebenen Juden die Regierenden im Kampf gegen die Römer. 

Im Jahr 226 wurden die Parther von den Sassaniden abgelöst, deren Zoroastrismus anderen Religionen weniger Spielraum ließ. Infolgedessen wurde Christen und Juden phasenweise verfolgt, weswegen die ab 634 vordringenden islamischen Eroberer Persiens anfangs durchaus als Befreier begrüßt wurden. Die Juden mussten sich dennoch mit dem Dhimmi-Status von gegen die Zahlung einer Sondersteuer (»Jizya«) Geduldeten bzw. Schutzbefohlenenzufriedengeben. 

Während der Periode der Mongolenherrschaft und jener der Safawiden, welche die schiitische Richtung des Islams zur Staatsreligion erhoben, verschlechterte sich ihr Status weiter. So wurden etwa 1656 die Juden aus Isfahan vertrieben und gezwungen, zum Islam überzutreten. Da dies zu einem finanziellen Verlust durch den Ausfall der ihnen auferlegten Jizya führte, wurde den Juden 1661 wieder erlaubt, zu ihrem Glauben zurückzukehren. Sie mussten jedoch auf ihrer Kleidung ein besonderes Kennzeichen tragen, da sie als unrein galten. Physischer Kontakt mit Juden führte daher zur religiösen Notwendigkeit für Muslime, sich rituell zu reinigen.

Islamische Neuzeit und Pahlavi-Dynastie

1830 kam es zu einem Massaker an den Juden in Täbris und zu einer zwangsweisen Konversion der Überlebenden zum Islam. Die Allahdad (»Gottes Gerechtigkeit«) war ein 1839 begangenes Pogrom von Muslimen an der jüdischen Gemeinde von Maschhad. Überlebende Juden wurden wiederum gezwungen, zum Islam zu konvertieren. Eine große Anzahl von Juden praktizierte danach äußerlich den Islam, um als »Krypto-Juden« im Geheimen weiterhin ihren Glauben auszuüben. 

1867 kam es zu einem Massaker in Barfurush, und 1892 wurden in Shiraz zwanzig Juden ermordet und drei Synagogen niedergebrannt. Bereits 1910 gab es erneut ein Pogrom in Shiraz, das durch verleumderische Ritualmordbeschuldigungen der zum Islam übergetretenen, ursprünglich jüdischen Qavam-Familie ausgelöst wurde, die behauptete, Juden hätten ein muslimisches Mädchen getötet. Zwölf Mitglieder der jüdischen Gemeinde wurden ermordet, fünfzig verwundet und die sechstausend jüdischen Bewohner von Shiraz ihres Eigentums beraubt. Zu Pogromen und der erzwungenen Annahme des Islams kam es auch in Zarqon, Lar, Jahrom, Darab, Nobendigan, Sarvestan und Kazerun.

Die 1925 an die Macht gekommene Pahlavi-Dynastie verbesserte anfangs die Situation der Juden. Zwangskonversionen wurden untersagt und der Status der Unreinheit der Juden abgeschafft. Dennoch wurde im Jahr 1931 der kritische jüdische Journalist und Parlamentsabgeordnete Shmuel Hayyim unter falschen Beschuldigungen verhaftet.

Zu dieser Zeit begann Reza Schah mit den Nationalsozialisten zu sympathisieren. Diese wiederum sahen in den Iranern »Arier«, die von den Nürnberger Gesetzen nicht betroffen waren. Zum jüdischen Purimfest, bei dem der Tod antiker persischer Feinde der Juden gefeiert wird, die ein Pogrom veranstalten und die Juden auslöschen wollten, im Jahr 1941 ermunterte das persischsprachige nationalsozialistische Radio die Iraner, sich bei den Juden zu revanchieren.

Am 16. September 1941 zwangen die Engländer Reza Schah, zugunsten seines Sohnes Mohammed Reza Pahlavi abzudanken. Insbesondere in den letzten Jahren seiner Herrschaft vor der Islamischen Revolution von 1979 äußerte sich der Schah wohl auch in Folge der starken Vertretung von Juden in der kommunistischen Tudeh-Partei antisemitisch hinsichtlich angeblicher jüdischer Verschwörungen. Mit dem Staat Israel kam es zu einer engen wirtschaftlichen und sicherheitsmäßigen Zusammenarbeit.

Islamische Revolution von 1979

In den ersten Monaten nach der Islamischen Revolution versuchten linksgerichtete jüdische Intellektuelle, die in der Association of Jewish Iranian Intellectuals (AJII) zusammengeschlossen waren, als auch die Oberrabbiner Yedidia Shofet und Uriel Davidi mit dem sich etablierenden islamischen Regime einen Modus vivendi zu finden, bis die meisten von ihnen schließlich das Land verließen. Häufig geschah dies in Richtung Kalifornien, wohl auch, um im Iran zurückgebliebene Familienmitglieder nicht durch eine Auswanderung nach Israel zu gefährden.

Am 16. März 1979 wurde der Ehrenpräsident der jüdischen Gemeinde, Habib Elghanian, der sich bereits im Ausland befunden hatte, bei einem Heimatbesuch verhaftet und als angeblicher Spion zum Tod verurteilt. Insgesamt wurden im ersten Jahr der Revolution siebzehn Juden als angebliche Spione hingerichtet.

Obwohl das iranische Regime vordergründig behauptet, zwischen »Juden« und »Zionisten« zu unterscheiden, sind beide Begriffe in der iranischen Propaganda austauschbar. Das Regime scheut dabei auch nicht die Zusammenarbeit mit dem Who is Who der Holocaustleugner-Szene. So wurde am 6. Februar 2006 ein Wettbewerb für Holocaust-Karikaturen ausgeschrieben, der 1.200 Ausstellungsstücke erbrachte. 

Im Dezember 2006 folgte eine Holocaustleugner-Konferenz unter der Teilnahme international bekannter Rechtsextremisten wie dem französischen Holocaust-Leugner Robert Faurisson, deutschen NPD-Funktionären oder dem ehemaligem Führer des Ku-Klux-Klans, David Duke. 2012 wurden am israelischen Shoah-Gedenktag den Holocaust leugnende Filme im iranischen Fernsehen ausgestrahlt, im Jahr 2014 fand eine zweite einschlägige Konferenz unter dem Titel »Zweite Neuer-Horizont-Konferenz unabhängiger Denker« statt, 2016 schließlich der zweite Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb.

Gegen den Staat Israel werden regelmäßig Vernichtungsdrohungen ausgestoßen. Das Militär, insbesondere Einheiten der Revolutionsgarden, unterstützen den syrischen Diktator Assad und betreiben umfangreichen Waffenschmuggel über Syrien zur Hisbollah im Libanon. Der ehemalige Präsident Ali Akbar Hāschemi Rafsandschāni forderte beispielsweise in einer am 14. Dezember 2001 gehaltenen Predigt in der Moschee der Universität Teheran die nukleare Vernichtung Israels, wobei er unter anderem sagte:  »Der Einsatz auch nur einer Atombombe in Israel wird alles zerstören. Sie wird im Gegensatz dazu der islamischen Welt aber nur einen Schaden zufügen. Es ist nicht irrational, eine solche Eventualität in Betracht zu ziehen.«

Nicht zuletzt solche Aussagen machen die offensichtliche Entwicklung derartiger Waffen durch den Iran so gefährlich und für Israel völlig unannehmbar, wie etwa der deutsche Politikwissenschaftler Stephan Grigat festhält: »Die offenen Vernichtungsdrohungen gegenüber Israel sind beim Iran und seinen Verbündeten wie der Hisbollah so bedrohlich, weil dieser Antisemitismus mit einer sowohl konventionellen Aufrüstung als auch einem Nuklearwaffenprogramm kombiniert ist.«

Exodus

Im Zeitraum zwischen 1948 und 1966 emigrierten ca. 45.000 Juden aus dem Iran nach Israel. Nach einer Phase der Stabilisierung ging die Zahl der Juden im Iran seit der Islamischen Revolution von etwa 100.000 bis 150.000 unmittelbar vor der Revolution auf 8.500 im Jahr 2021 stark zurück. 

Angesichts dieses Exodus erweist sich die von Apologeten des Teheraner Regimes so gerne vorgebrachte Behauptung, den Juden im Iran gehe es gut, schließlich lebte dort die zweitgrößte Gemeinde das Nahen Ostens, als irreführend. »Man könnte ebenso gut feststellen, Finnland sei das zweitbeliebteste Ziel für Strandurlauber und Windsurfer, wenn Jamaika die einzige Alternative ist«, charakterisierte der amerikanische Nahostexperte Michael Rubin diese absurde Schutzbehauptung einmal.

Empfohlene weiterführende Literatur:

In der Reihe erschienen:

Die »jüdische Nakba« wird verschwiegen
Die »jüdische Nakba« (Teil 2): Geschichte der muslimischen Judenfeindschaft
Die »jüdische Nakba« (Teil 3): Die Vertreibung aus Ägypten 
Die »jüdische Nakba« (Teil 4): Das Ende der jüdischen Gemeinde im Irak 
Die »jüdische Nakba« (Teil 5): Das Verschwinden der jüdischen Gemeinde in Marokko
Die »jüdische Nakba« (Teil 6): Der Libanon, Syrien und die Ritualmordlegende zwischen 1840 und heute
Die »jüdische Nakba« (Teil 7): Die Juden des Jemen
Die »jüdische Nakba« (Teil 8): Die Flucht der Juden aus Algerien, Tunesien und Libyen
Die »jüdische Nakba« (Teil 9): Die Verfolgung der Juden im Iran
Die »jüdische Nakba« (Teil 10): Abschließende Zusammenfassung

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