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Die iranische Politik der Geiselnahme

Demonstration in Italien für die Freilassung der im Iran als Geisel gehaltenen Journalistin Cecilia Sala
Demonstration in Italien für die Freilassung der im Iran als Geisel gehaltenen Journalistin Cecilia Sala (Imago Images / Zuma Press Wire)

Im Iran sind Geiselnahmen nicht nur als politisches Mittel zur Erzeugung von Druck auf den Verhandlungspartner fest verankert, sondern auch zu einem Instrument der Vergeltung geworden.

Die Freilassung von Cecilia Sala, der italienischen Journalistin, die im Iran über längere Zeit festgehalten wurde, mag zunächst wie eine positive Nachricht erscheinen. Tatsächlich deutet sie jedoch nicht auf positive Veränderungen in der Politik der Islamischen Republik hin; vielmehr spiegelt sie die seit Langem bestehende Vorgehensweise des Regimes im Umgang mit Personen verschiedener Nationalitäten wider und symbolisiert eine Krise, mit der die Iraner seit Jahrzehnten zu kämpfen haben: Geiselnahmen, die nicht nur Personen von außerhalb der Landesgrenzen, sondern auch iranische Staatsbürger betreffen.

Die Islamische Republik hat nun einen Punkt erreicht, an dem solche Geiselnahmen nicht nur in ihrer Politik fest verankert sind, sondern auch zu einem politischen Instrument der Vergeltung gegen ihre Gegner geworden sind.

Politisches Instrument

Während Salas Freilassung von einigen als hoffnungsvolle Nachricht angesehen werden könnte, sind die bitteren Realitäten hinter den Kulissen weitaus beunruhigender. Das iranische Mullah-Regime hat Geiselnahmen mittlerweile zu einer der zentralen Taktiken seiner Außenpolitik instrumentalisiert. Regelmäßig nimmt Teheran ausländische Staatsbürger, insbesondere Journalisten und politische Aktivisten, als Faustpfand, um politische Abkommen mit anderen Regierungen auszuhandeln.

Im jüngsten Fall forderte das Regime die Freilassung von Mohammad Abedini im Austausch für Cecilia Salas Freiheit. Dem bis vor Kurzem in Italien Inhaftierten wird vorgeworfen, gegen US-Sanktionen verstoßen und elektronische Ausrüstung im Zusammenhang mit der Drohnenproduktion exportiert zu haben, wohingegen sich die Islamische Republik – wenig überraschend – für seine Freilassung eingesetzt hat.

Der Ansatz, Geiseln als Druckmittel zu nehmen, spiegelt die schmutzigen Taktiken wider, die der Iran bereits bei zahlreichen anderen Gelegenheiten verfolgt hat. Besonders besorgniserregend ist in diesem Zusammenhang, dass der Iran nicht nur gegen Personen vorgeht, die sich dem Regime widersetzen, sondern auch völlig unschuldige und unbeteiligte Menschen als Werkzeuge missbraucht, um seine Ziele zu erreichen.

Diese Handlungen sind insofern als terroristische anzusehen, da die Inhaftierung von Zivilisten dazu eingesetzt wird, den politischen und wirtschaftlichen Druck auf die Verhandlungspartner zu erhöhen. Wie Mohsen Rezaei, eine Schlüsselfigur im Korps der Islamischen Revolutionsgarde, beschrieb, werden Geiselnahmen als eine der wichtigsten Methoden zur Lösung wirtschaftlicher Probleme angesehen.

Flucht aus der Heimat

Während einige Medien Salas Freilassung als einen Sieg für die internationale Gemeinschaft und die Menschenrechtspolitik betrachten, sieht die Realität im Iran so aus, dass der Staat seine eigenen Bürger praktisch als Geiseln genommen hat. Die Iraner werden nicht nur ihrer Grundfreiheiten beraubt, sondern sind auch starkem politischem und wirtschaftlichem Druck ausgesetzt.

In dieser Situation wird eine Auswanderung nicht mehr als Möglichkeit für ein besseres Leben gesehen, sondern als einziges Mittel, um Unterdrückung und wirtschaftlicher Not zu entkommen. In den sozialen Medien bezeichnen Iraner die Migration als »Rettungsaktion«, ein Begriff, der darauf hindeutet, dass das Leben im Iran für viele unerträglich geworden und nicht mehr auszuhalten ist. Einst ein beliebtes Reiseziel für Touristen, scheint der Iran nun zu einem Land geworden zu sein, dem seine eigene Bevölkerung verzweifelt entkommen will. In diesem Zusammenhang geht es bei der Migration nicht mehr nur um einen Umzug, sondern um einen strategischen Schritt, um angesichts gewaltiger Herausforderungen zu überleben.

Vor fünfzig Jahren war der Iran eines der beliebtesten Reiseziele für Touristen und lockte Besucher aus Europa und den Vereinigten Staaten an, die seine historischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten erkunden wollten. Die Situation hat sich jedoch drastisch verändert; heute zählt der Iran zu den am wenigsten touristenfreundlichen Ländern der Welt. Viele ziehen es vor, nicht mehr in den Iran zu reisen, wobei sie vor allem Sicherheitsbedenken sowie die wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes als Gründe anführen.

Darüber hinaus sind die Bedingungen für iranische Expatriates, die in ihr Heimatland zurückkehren möchten, immer schwieriger und gefährlicher geworden. Strenge Einschränkungen, politische Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen haben die Rückkehrmotivation vieler Iraner im Ausland völlig untergraben. Die Islamische Republik hält also nicht nur Touristen davon ab, das Land zu besuchen, sondern auch im Ausland lebende Iraner, in ihre Heimat zurückzukehren.

Warten auf Befreiung

Auffallend an der Politik des Mullah-Regimes ist dessen instrumentelle Nutzung von Menschen als Geiseln. Die Machthaber haben einen Punkt erreicht, an dem sie nicht mehr als legitime Regierung anerkannt werden kann, sondern eher als terroristische Organisation anzusehen sind, die Gefangene als Druckmittel verwendet, um ihre politischen Ziele voranzutreiben.

Dabei sind die iranischen Bürger als die am schlimmsten betroffenen Geiseln des Regimes anzusehen. Sie leben in einem Land, in dem ihre Rechte und Freiheiten ständig verletzt werden, darunter auch Grundrechte wie die Rede- und Pressefreiheit oder soziale und wirtschaftliche Rechte. Der heutige Iran ähnelt einem autoritären und faschistischen System, das keine abweichenden Meinungen und keine Opposition toleriert. Die Angemessenheit des Begriffs »Geisel« für die iranischen Bürger wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass eine der ersten Maßnahmen des Regimes gegen Demonstranten darin besteht, Reiseverbote zu verhängen, um sie so praktisch im Land gefangen zu halten.

Viele Iraner suchen verzweifelt nach Wegen, den harten und entmutigenden Bedingungen zu entkommen, mit denen sie täglich konfrontiert sind. Dies deutet darauf hin, dass die Iraner die Hoffnung auf einen internen Wandel weitgehend verloren haben und ausschließlich die Migration zum Ausweg aus dem Chaos und der Not geworden ist.

Die Geiselnahme der italienischen Journalistin Cecilia Sala ist also nur ein kleiner Ausdruck einer viel größeren Krise. Während das Regime als diktatorische und terroristische Regierung zu charakterisieren ist, halten viele Bürger weiterhin an der Hoffnung auf Veränderung und Befreiung fest und warten auf den Tag, an dem sie sich von Unterdrückung und Tyrannei befreien und ihr Land in eine Nation verwandeln können, die ihre eigenen Bürger respektiert und achtet und internationale Touristen anzieht und willkommen heißt.

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