Erweiterte Suche

Die Illusion von Oslo

Shimon Peres und Yassir Arafat im Jahr 1994
Shimon Peres und Yassir Arafat im Jahr 1994 (© Imago Images / ZUMA Wire)

Das israelische Hoffnung von Oslo, im Gegenzug für Zugeständnisse an die Palästinenserführung Frieden zu bekommen, war von Anfang an auf Sand gebaut.

Caroline Glick

Faisal Husseini, der in der Palästinensischen Autonomiebehörde für Jerusalem zuständig war, gab kurz vor seinem Tod im Sommer 2001 ein Interview, in dem er den Betrug im Herzen des Oslo-Prozesses aufdeckte. In einem Gespräch mit der Zeitung Al Araby sagte Husseini, dass Jassir Arafat, seine Stellvertreter und Gefolgsleute den „Friedensprozess“ nie als einen Weg zum Frieden mit Israel gesehen hätten. Oslo war für sie ein Mittel, um ihr Ziel der Zerstörung Israels „vom Fluss bis zum Meer“ zu erreichen.

Husseini bezeichnete den Oslo-Prozess als ein „Trojanisches Pferd“. Arafat und seine Leute seien die feindliche Armee gewesen, die „im Bauch des hölzernen Pferdes“ in die Stadt eindrang. Als Arafat auf dem Gipfeltreffen in Camp David im Juli 2000 die palästinensische Eigenstaatlichkeit und den Frieden ablehnte und zwei Monate später den palästinensischen Terrorkrieg namens „Zweite Intifada“ begann, war es, als hätten er und seine Leute den Bauch des Pferdes verlassen und den Kampf begonnen. „Dies war der Beginn der eigentlichen Arbeit“, erklärte Husseini.

Terror statt Frieden

Die PLO nutzte die sieben Jahre, die dem palästinensischen Terrorkrieg vorausgingen, um ihre Macht auszubauen. Arafat führte „Friedens“-Gespräche, und Israel zahlte viel Geld für das Privileg, mit ihm und seinen Apparatschiks am Tisch zu sitzen.

Israel gab ihnen den Gaza-Streifen. Israel gab ihnen die palästinensischen Städte und Dörfer in der Westbank. Israel hat ihnen Waffen und Munition gegeben. Israel gab ihnen internationale Legitimität. Israel – und mit Israels Erlaubnis die Nationen der Welt – gaben den PLO-Terroristen jedes Jahr Milliarden von Dollar. Israel erlaubte der Europäischen Union und der CIA, Arafats Terrorlegionen zu bewaffnen und auszubilden.

Arafat versprach, dass er im Gegenzug für all das den Terror bekämpfen und die für einen Staat notwendigen Institutionen aufbauen würde. Stattdessen verwandelten er und seine Gefolgsleute die Städte, die Israel ihnen überließ, in Terrorstützpunkte. Sie nutzten die Gelder, um Terrorarmeen zu finanzieren. Sie nutzten die internationale Legitimität, die ihnen die Anerkennung Israels verlieh, um ihren politischen und rechtlichen Krieg gegen das Existenzrecht Israels zu eskalieren und auszuweiten.

Die israelische Öffentlichkeit brauchte kein Interview mit Husseini, um zu wissen, dass Oslo der schwerste strategische Fehler in der Geschichte Israels war. Der erste palästinensische Selbstmordattentäter sprengte sich an einer überfüllten Bushaltestelle in die Luft, sieben Monate nachdem sich Yitzhak Rabin und Arafat am 13. September 1993 im Weißen Haus die Hand gegeben hatten.

Zwischen dem Händedruck und dem Beginn der Terror-Intifada im September 2000 wurden doppelt so viele Israelis von palästinensischen Terroristen getötet wie zwischen 1967 und 1993 zusammen.

Ist Oslo alternativlos?

Trotz des Widerstands der Öffentlichkeit leben wir heute, 28 Jahre nach dem Beginn von Oslo, immer noch in der Situation, die durch Oslo entstanden hat. Die strategischen und politischen Realitäten, die der Oslo-Prozess geschaffen hat, beherrschen noch immer das Leben Israels. Die Palästinensische Autonomiebehörde existiert noch immer. Sie finanziert und schürt immer noch den Terror und führt ihren politischen Krieg gegen Israel.

Die von Oslo besessene „internationale Gemeinschaft“ verlangt immer noch, dass Israel „schmerzhafte Zugeständnisse für den Frieden“ machen solle, und besteht zusammen mit der israelischen Linken darauf, dass die „Zwei-Staaten-Lösung“ der einzig mögliche Weg sei, den nicht enden wollenden Krieg der Palästinenser zur Vernichtung Israels zu beenden.

Jahrelang hat die israelische Linke unter der Führung von Schimon Peres die Opposition gegen ihre gescheiterte Politik mit dem höhnischen Ruf „Was ist denn die Alternative?“ abgetan – als ob Israels einzige Option die Kapitulation vor palästinensischen Terroristen im Namen des „Friedens“ wäre.

Vor einem Jahr konnten wir einen Blick auf die Alternative werfen: den „Souveränitätsausweitungsplan“, der von Amerika unterstützt wurde. Dieser Plan hat gezeigt, dass es eine Möglichkeit gibt, die Westbank zu regieren und die Interessen sowohl Israels als auch der Palästinenser zu wahren, ohne zugleich eine terroristische Organisation zu ermächtigen.

Was den Frieden betrifft, so hat das „Abraham-Abkommen[mit dem die Beziehungen Israels mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und dem Sudan normalisiert wurden; Anm. Mena-Watch] gezeigt, dass der Schlüssel zum Frieden mit der arabischen Welt nicht im Kotau vor palästinensischen Terroristen liegt.

Der Schlüssel zum Frieden ist Israels militärische, wirtschaftliche, diplomatische und soziale Macht. Die Parteien des Abraham-Abkommens haben Frieden mit Israel geschlossen, weil das Land stark ist, und hartnäckig seine Rechte und Interessen verteidigt.

Die sich im letzten Jahr abze9ihnende hatte Aussicht auf eine echte Alternative, scheint heute ein ferner Traum zu sein. Die Regierung Lapid-Gantz-Bennett hat die müden, fadenscheinigen Slogans von Oslo aufgegriffen und präsentiert sie als originelle Ideen – als ob wir alle von gestern wären.

Revitalisierung von Oslo

„Sicherheit für Wohlstand“ – Lapids Plan zur „Stabilisierung“ des von der Hamas kontrollierten Gazastreifens – ist ein Versuch, die Strategie von Oslo neu zu verpacken, dass Israel den Palästinensern alles gibt, was sie im Voraus fordern, im Gegenzug für vage Versprechungen palästinensischer Mäßigung zu einem späteren Zeitpunkt.

Lapids Plan soll es der Hamas de facto erlauben, ihre Raketenlager und Terrorinfrastruktur wieder aufzubauen, indem Israel astronomische Mengen an ziviler Hilfe überweist. Die Hamas soll im Gegenzug ihre Raketenangriffe auf Israel vorübergehend einstellen.

Die „internationale Gemeinschaft“ soll dafür sorgen, dass die Hamas die humanitäre Hilfe nicht dazu verwendet, das zu tun, was sie seit der Übernahme des Gazastreifens vor 15 Jahren getan hat, obwohl exakt jene „internationale Gemeinschaft“ die Hamas schon seit 15 Jahren passiv und aktiv unterstützt.

Die „Bewohner des Gazastreifens“ sollen die Hamas stürzen, wenn sie die Zunahme von Wohlstand verhindert, indem sie die „humanitäre Hilfe“ zum Aufbau ihres Terrorarsenals verwendet, obwohl die Palästinenser in Gaza und der Westbank die Hamas unterstützen und Wahlen wollen, damit die Hamas, die seit 15 Jahren humanitäre Hilfe umleitet, die Fatah und die PLO stürzt.

Obwohl der Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde und PLO-Chef Mahmoud Abbas keine öffentliche Unterstützung unter den Palästinensern genießt, ist er Israels „legitimer Partner“ für den Frieden. Er ist Israels Partner im Kampf gegen den Terror, auch wenn er zum Terror anstiftet und ihn finanziert. Die Regierung Lapid-Gantz-Bennett setzt sich für eine Ausweitung der Befugnisse von Abbas ein, um die „Gemäßigten“ zu stärken.

Die Israelischen Verteidigungskräfte (IDF), so Lapid, können nicht endlos Krieg mit der Hamas führen. Andererseits argumentiert er, dass die IDF so stark sind, dass Israel es sich leisten kann, die Hamas ihr Arsenal und ihre militärische Infrastruktur wieder aufbauen zu lassen.

Und wen all dies nicht überzeugt, für den fährt Lapid die großen Geschütze auf und spricht von „internationaler Legitimität“: Israel könne ohne „internationale Legitimität“ nicht leben, und es werde diese nicht erlangen, wenn es den Palästinensern nicht alles gibt, was sie verlangen. Dies alles mache Sinn, denn die einzige Alternative zum Status Quo sei die „Zweistaatenlösung“.

Mehrheit von Anfang skeptisch

Wie ist es möglich, dass wir nach allem, was wir durchgemacht, gelernt und gesehen haben, immer noch in der Realität von Oslo leben? Die Antwort auf diese Frage liegt schon im Namen: Der „Osloer Friedensprozess“ war eine norwegische Produktion, keine israelische.

1993 bat die israelfeindliche norwegische Regierung zwei israelische Friedensaktivisten, die in einer Denkfabrik arbeiteten, die mit dem damaligen stellvertretenden Außenminister Yossi Beilin verbunden war, nach Oslo zu kommen, um sich mit führenden PLO-Terroristen zu treffen. Die beiden willigten ein, obwohl das israelische Gesetz damals jeden Kontakt zwischen israelischen Bürgern und PLO-Mitgliedern verbot.

Obwohl sie niemanden vertraten, kamen Yair Hirschfeld und Ron Pundak dem Wunsch nach und führten die Verhandlungen so, als wären sie Vertreter Israels. Als die Gespräche einen bestimmten Punkt erreichten, erzählten sie Beilin davon. Und er erzählte es Peres.

Nachdem Arafat (mit israelischer Unterstützung) die offiziellen Friedensgespräche [mit Clinton und indirekt den Syrern; Anm. Mena-Watch], die Rabins Vertreter in Washington führten, platzen ließ, informierte Peres Rabin. Entweder wollte er sich nicht auf einen offenen Kampf mit Peres einlassen, der möglicherweise seine Regierung zu Fall hätte bringen können, oder er hoffte, dass aus dem undemokratischen Vorgehen etwas Positives entstehen würde. Auf jeden Fall stimmte Rabin zu, das Oslo-Abkommen zur offiziellen Politik zu machen.

Die Öffentlichkeit war von Anfang an gegen Oslo. Um das Oslo-Abkommen von der Knesset absegnen zu lassen, brauchte Rabin die Unterstützung der antizionistischen arabischen Parteien. Nachdem die ultra-orthodoxe Shas-Partei seine Regierung verlassen hatte, musste Rabin, um politisch zu überleben, zwei Abgeordnete der rechtsextremen Tzomet-Partei dazu bringen, ihre Partei zu verlassen und ihre Ideologie aufzugeben.

Er belohnte sie dafür mit einem Ministerium und einem stellvertretenden Ministerposten, zog sie so auf seine Seite und brachte das zweite Oslo-Abkommen mit einer Stimme Mehrheit in der Knesset durch.

Ein erfolgloses Projekt

Rabin und Peres konnten das Oslo-Abkommen vorantreiben, weil die Medien und die Juristen ihre Bemühungen unterstützten, die Gegner des Abkommens zu delegitimieren. Zionisten wurden zu „Feinden des Friedens“, zu Kollaborateuren mit Hamas und Fatah erklärt. Rabin prägte den Begriff „Mörder des Friedens“. Oppositionsführer, die Reden gegen Oslo hielten, wurden der „Aufwiegelung“ beschuldigt. Die Opfer des palästinensischen Terrors wurden als „Opfer des Friedens“ tituliert.

Als Ariel Sharon auf dem Höhepunkt des palästinensischen Terrorkriegs Ministerpräsident wurde, entschied er sich dafür, die Kampagne der Medien gegen ihn zu beenden, indem er sich dem Oslo-Lager anschloss.

Mit dem Argument, dass die Dinge vom Büro des Premierministers aus anders aussähen, übernahm Sharon die Politik der Linken, israelische Bürger aus ihren Häusern in Gaza zu evakuieren. Scharon wurde zwar 2003 in einem Erdrutschsieg wiedergewählt, weil er u.a. gegen die Räumungspolitik der Linken antrat. Im Jahr 2005 räumte er dennoch 10.000 Israelis aus ihren Häusern in Gaza, und 18 Monate später übernahm die Hamas die Kontrolle über den Küstenstreifen, wie Sharon selbst es zuvor vorhergesagt hatte.

Benjamin Netanjahu zog es vor, Oslo zu ignorieren, in der Hoffnung, dass es angesichts des Erfolgs der diplomatischen Alternative, die er auf der Grundlage von Israels Stärke aufgebaut hatte, eingehen und verschwinden würde. Trotz des großen Erfolgs seiner Bemühungen überlebte Oslo den Souveränitätsplan und das Abraham-Abkommen und letztlich auch Netanjahus Amtszeit. Und nun kehrt es mit großem Getöse zurück.

Die Rückkehr einer Illusion?

In Interviews vor Jom Kippur klang Premierminister Naftali Bennett wie Sharon, als dieser sagte, er habe mit dem Antritt Premierministeramts seine Ideologie und seine politischen Positionen hinter sich gelassen, als er das. Am Dienstagabend warnte Bennetts Innenministerin Ayelet Shaked vor zunehmender „Aufwiegelung und Extremismus“.

Die Regierung Lapid-Gantz-Bennett ist so etwas wie eine rechte Neuauflage der Rabin-Peres-Regierung. Rabin sicherte sich seine Mehrheit mit der Abgabe eines Ministeriums und einem stellvertretenden Ministerposten. Bennett konnte eine zweijährige Premierministerschaft erpressen und Gideon Sa’ar wurde Justizminister.

Die Regierung Rabin-Peres war auf die antizionistischen arabischen Parteien angewiesen, um die Oslo-Abkommen zu verabschieden. Die Regierung Lapid-Gantz-Bennett braucht die antizionistischen arabischen Parteien für alles. Und wie die Rabin-Peres-Regierung verdankt auch die jetzige Regierung ihr Überleben der Unterstützung, die sie von den Medien erhält.

Das ist der Kern der Sache. Oslo hat überlebt, obwohl es 28 Jahre lang auf allen Ebenen eine Katastrophe für Israel war, weil es sich als alternativlos präsentiert. In den Anfangsjahren konnte man Zeuge eines Prozesses sein, der Israels diplomatische und militärische Führer sowie den höheren Staatsdienst dazu brachte, die Realität beiseite zu schieben und sich auf die Osloer Friedensillusion einzulassen.

Während der Blütezeit von Oslo, von 1994 bis 1996, gehörte ich als Hauptmann der IDF im Verteidigungsministerium zum Kern des israelischen Verhandlungsteams und nahm an den Verhandlungssitzungen in Kairo, Taba und Eilat teil.

Der Betrug war schon damals offensichtlich. Alle zwei Wochen schrieb und verbreitete ich detaillierte Berichte, in denen ich darlegte, wie die palästinensischen Offiziellen jede Woche die Verhandlungssäle verließen und ihren Leuten befahlen, alle Versprechen und Zusagen zu brechen, die sie gerade gemacht hatten. Ich dokumentierte den Betrug, der mit Oslo von Anfang an einherging.

Und ich habe gesehen, wie ein Kommandeur und hochrangiger Beamte nach dem anderen, begannen die Fakten zu ignorieren und sich die „neue Erzählung“ zu eigen zu machen, obwohl sie in den meisten Fällen die Gefahr erkannten und die Wahrheit kannten. Die Illusion von Oslo wird erst dann beendet werden können, wenn die Israelis diese Wahrheit offen zum Thema einer Auseinandersetzung um die Zunkunft machen.

Caroline Glick ist eine preisgekrönte Kolumnistin und Autorin von „The Israeli Solution: A One-State Plan for Peace in the Middle East“. Der ArtikelWhy Oslo still rules“ ist zuerst beim Jewish News Syndicate erschienen. Übersetzung von Alexander Gruber.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!