
„Generalisierungen sind immer problematisch. Eine Handvoll nationalistischer Araber skandierte auf dem Rabin-Platz im Herzen Tal Avivs ‚Mit Blut und Feuer werden wir Palästina befreien‘. Eine Handvoll anderer Demonstranten schwenkte die Flagge der PLO und eine weitere Handvoll zitierte die Aussage des verstorbenen Yasser Arafat, der zufolge eine Million Märtyrer auf Jerusalem zumarschieren wird. Das sind immerhin jede Menge Handvoll.
Die Berichte über die Demonstration gegen das Nationalstaatsgesetz am Samstag geben den Eindruck, es habe sich um einen friedlichen und löblichen Protest gegen eine gewalttätige Tyrannei gehandelt. Denen, die sich zu sehen und zu hören weigern, würde es vielleicht nützen, wenn sie sich die Organisation, die die Demonstration organisierte, das Hohe Arabische Kontrollkomitee, ansehen und dessen Haltung zu Israel zur Kenntnis nehmen würden.
Das Hohe Arabische Kontrollkomitee veröffentlichte 2006 ein umfassendes ‚Zukunftskonzept‘, das jeder Jude lesen sollte, dem das Leben lieb ist. Darin heißt es zunächst: ‚Israel ist infolge des Ausgangs des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust durch einen Siedlungsprozess entstanden, der von der zionistisch-jüdischen Elite in Europa und dem Westen initiiert und von den Kolonialmächten realisiert wurde, die die jüdischen Einwanderung nach Palästina förderten.‘
Dass die Juden durch ihre Geschichte und ihre religiöse und kulturelle Tradition seit Jahrtausenden mit dem Land verbunden sind, bestreitet das Komitee. Wir sind nichts als ausländische Eroberer, europäische Kolonialisten, die sich ein fremdes Land aneigneten. Israel ist durch eine von den Juden mit Hilfe der Europäer, die die Juden für den Holocaust ‚entschädigen‘ wollten, ausgeheckte kolonialistische Verschwörung entstanden. (…)
Demnach wären die Araber, die am Samstag auf dem Rabin-Platz demonstrierten, die ‚Ureinwohner‘ dieses Landes. Im Gegensatz zu uns, den ausländischen Eroberern, verfügen sie über religiöse und kulturelle Beziehungen zu dem Land. Sie gehören selbstverständlich einer uralten palästinensisch-arabischen Nation an, die dort seit Beginn der Menschheitsgeschichte lebt. (…)
Wie ließe sich deren Gleichberechtigung besser demonstrieren, als dadurch, dass eine Gruppe israelischer Bürger im Herzen Tel Avivs, der ersten hebräischen Stadt, ungehindert die Fahne des Feindes schwenken kann? Nur weil sie sich selbst davon überzeugt haben, dass sie es mit einem ‚Apartheidstaat‘ zu tun hätten, ist dies noch lange nicht wahr.
Die Gleichheit vor dem Gesetz ist bereits gegeben. Hätten Juden versucht, die Blut und Feuer-Demonstration auf dem Platz zu behindern oder den nationalistischen Aufmarsch irgendwie zu stören, wären sie gewiss verhaftet worden. Der Demokratie geht es ganz ausgezeichnet.“ (Dror Eydar: „Redeeming Palestine, in Tel Aviv“)