Präsident al-Sisi lässt Ärzte und Journalisten verfolgen, die offen über die Probleme sprechen, die das Virus dem Land bereitet.
Susan Raghavan, Washington Post
Drei Monate lang schien Ägypten die enormen Zahlen an Corona-Infektionen vermeiden zu können, die in vielen anderen Ländern zu beobachten waren, auch in Ländern mit weitaus geringerer Bevölkerungszahl. Doch die Zahl der gemeldeten Fälle im Land ist in den letzten Wochen stetig gestiegen – auf mehr als 1.500 Infektionen pro Tag am vergangenen Wochenende. Das erhöht den Druck auf ein Gesundheitssystem, das schon lange vor der Pandemie überfordert war.
Am vergangenen Montag meldete Ägypten 97 Todesfälle, die meisten an einem einzigen Tag seit Ausbruch der Pandemie. Einige ägyptische Beamte und Gesundheitsexperten sagen, dass die reale Zahl der Fälle wahrscheinlich viel höher ist, als offiziell gemeldet wird.
Ägypter posten nun düstere Nachrichten darüber in den sozialen Medien, wie sie sich um die knappen Krankenhausbetten und das Geld zur Bezahlung der Behandlung bemühen. Ärzte werfen der Regierung Fahrlässigkeit vor und machen sie für den Mangel an Schutzausrüstung und das Fehlen angemessener Sicherheitsmaßnahmen verantwortlich. Mehrere hundert Ärzte und Krankenschwestern sind positiv auf Covid-19 getestet worden, viele von ihnen sind gestorben. Die Ärztegewerkschaft hat davor gewarnt, dass das Gesundheitssystem Ägyptens „zusammenbrechen“ könnte. (…)
Die befragten Ärzte sprachen unter Bedingung der Anonymität, da die Regierung von Präsident Abdel Fatah al-Sisi versucht hat, der Kritik an ihrer Reaktion auf die Pandemie einen Maulkorb anzulegen. Nach Angaben der Ärztegewerkschaft und von Menschenrechtsaktivisten wurden Ärzte und Journalisten verhaftet. Manager von Regierungskrankenhäusern haben gedroht, offen über die Probleme redende Mitarbeiter zu entlassen oder sie den Sicherheitsbeamten zu melden, sagten Ärzte in Interviews und Artikeln in den sozialen Medien.
Egypt thought it dodged the worst of the pandemic. But now hospitals are being overwhelmed