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Braindrain im Iran: Wer kann, verlässt das Land

Ideologie statt Expertise: Das iranische Regime produziert einen systematischen Braindrain
Ideologie statt Expertise: Das iranische Regime produziert einen systematischen Braindrain (Imago Images / APAimages)

Die Vernachlässigung der Akademiker und Fachkräfte durch die Islamische Republik ist einer der Hauptgründe für die beängstigenden Migrationsstatistiken im Iran.

Die Abwanderung iranischer Eliten und Studenten ins Ausland hat sich in den letzten Jahren zu einer der größten Krisen des Landes entwickelt. Dieses Phänomen führt nicht nur zu einer Verringerung des Human- und Fachkapitals, sondern spiegelt auch das Ausmaß der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verwerfungen innerhalb der Islamischen Republik wider. 

Einer der wesentlichsten Gründe für die Abwanderung der Elite ist die Vernachlässigung des Bildungs- und akademischen Systems des Landes. Aufgrund mangelnder Unabhängigkeit der Universitäten, sinkender Bildungsqualität und politischer Einschränkungen sind Universitäten für die Elite zu einem wenig inspirierenden Umfeld geworden. Viele Studenten sehen nach Jahren harter Arbeit auf ihrem akademischen Weg keine rosige Zukunft für ihr Berufsleben im Iran und betrachten die Auswanderung als beste Option.

Ideologie statt Expertise

Bei der strategischen Politikgestaltung verlässt sich die Islamische Republik eher auf ideologische und politische Kriterien als auf fachliches Wissen und Expertise. Dieser Ansatz schließt nicht nur wissenschaftliche Eliten von wichtigen Entscheidungsprozessen aus, sondern ermöglicht vor allem unqualifizierten Personen, die allein aufgrund ihrer Nähe zu Machtzentren ausgewählt werden, wichtige Positionen zu besetzen. Diese Praxis hat zur Frustration der gebildeten Schichten und einer weit verbreiteten Abwanderung in Länder geführt, die ihr Wissen und ihre Fähigkeiten schätzen.

Ein weiterer wichtiger Faktor, der die Migration antreibt, ist die weit verbreitete Diskriminierung bei der Einstellung und Beschäftigung von Fachkräften. In vielen Fällen sind geeignete Stellenangebote Personen vorbehalten, die mit bestimmten politischen Gruppen verbunden sind, was zu einer Art Monopolisierung vieler Industriezweige und administrativer Sparten durch ausgewählte Gruppen geführt hat. Diese Praktiken vermitteln Universitätsabgängern und Spezialisten das Gefühl, dass ihr Fachwissen nicht wertgeschätzt wird, weswegen sie in weiterer Folge die Migration als unvermeidliche Lösung betrachten

Fehlender Plan 

Trotz dieser alarmierenden Migrationsstatistiken hat die Islamische Republik noch keinen klaren Plan zur Unterstützung von Studienabgängern und Fachkräften oder zur Änderung ihrer Politik vorgelegt. Diese Vernachlässigung der Bedürfnisse und Forderungen der akademischen Gemeinschaft hat die Unzufriedenheit verstärkt. Selbst oberflächliche Maßnahmen wie wissenschaftliche Wettbewerbe oder zeitlich begrenzte Unterstützungsinitiativen haben keine nennenswerte Wirkung bei der Verhinderung der Elitenmigration gezeigt.

Die wirtschaftlichen und sozialen Krisen, die auf die fehlgeleitete Politik des Mullah-Regimes zurückzuführen sind, haben die akademische Gemeinschaft und die Fachkräfte immens unter Druck gesetzt. Die Abwertung der Landeswährung, die steigende Inflation, politische Einschränkungen, der Mangel an sozialer Freiheit und internationale Krisen haben dazu geführt, dass viele Iraner die Hoffnung in die Zukunft des Landes verloren haben. Die Lage ist so schlimm, dass allein die bloße Hoffnung auf Besserung der Lage geschwunden ist.

Berichten zufolge ziehen nur sechzehn Prozent der Iraner eine Auswanderung nicht in Betracht. Diese alarmierende Statistik spiegelt das Ausmaß der sozialen und wirtschaftlichen Krise des Landes wider. Setzt sich dieser Trend fort, wird das Land mit einem gravierenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften konfrontiert sein.

Vernachlässigung der Bildung

Die Abwanderung ist eine direkte Folge der ineffektiven Politik der Islamischen Republik. Die Vernachlässigung der Bildung, der Ausschluss von Fachkräften von der strategischen Planung für zukünftige Projekte, die Diskriminierung am Arbeitsplatz, die Monopolisierung kritischer Branchen sowie soziale und wirtschaftliche Krisen gehören zu den Faktoren, die zum Verlassen des Landes veranlassen.

Wird dieser Trend nicht gestoppt, wird er zur vollständigen Erschöpfung des Humankapitals des Landes und zu einem endgültigen Rückgang seiner Möglichkeiten zum Fortschritt in wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereichen führen. Die jüngsten Krisen im Bereich der Wirtschaft, die völlige Beschneidung sozialer Freiheiten, die um sich greifenden Internetbeschränkungen und andauernde politische Spannungen haben dieses Phänomen nur noch verschärft.

Ohne grundlegende Änderungen in der Politik der Islamischen Republik und die Einführung echter und umfassender Pläne zur Unterstützung von Fachkräften und Akademikern wird nicht nur die Migration anhalten, sondern auch die Kluft zwischen der Bevölkerung und dem Regime immer größer werden.

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