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Antisemitische Bedrohung in Australien nimmt kein Ende

Demonstration in Sidney gegen die antisemitische Anschlagsserie in Australien
Demonstration in Sidney gegen die antisemitische Anschlagsserie in Australien (Imago Images / AAP)

In einem Vorort der australischen Stadt Sydney wurden in einem Wohnmobil Sprengstoff und Material mit Informationen über jüdische Institutionen entdeckt.

In Australien wurde offenbar ein antisemitisch motivierter Sprengstoffanschlag vereitelt. Wie die australische Polizei am Mittwoch bekannt gab, hatte sie zehn Tage zuvor Sprengstoff beschlagnahmt, der mutmaßlich für einen Anschlag auf jüdische Ziele bestimmt gewesen war. Das Fahrzeug, in dem er gefunden wurde, habe über einen Monat lang am Straßenrand gestanden. 

Der Premierminister von New South Wales Chris Minns bezeichnete den geplanten Anschlag als »ein potenzielles Ereignis mit vielen Opfern». Der stellvertretende Polizeipräsident David Hudson sagte, die »Explosionszone hätte vierzig Meter betragen können». Die Polizei fand im Fahrzeug neben anderen jüdischen Zielen auch die Adresse einer Synagoge. Das weckt Erinnerungen an Terrorakte der Hisbollah wie der mit einer Lkw-Bombe verübte Anschlag auf das AMIA, das jüdische Gemeindezentrum in Buenos Aires, im Jahr 1994. 

Der Sprengstoff samt dem Material mit Informationen über jüdische Institutionen wurden in einem Wohnmobil in einem Vorort von Sydney entdeckt. Der Fund erfolgt inmitten einer Serie antisemitischer Brandstiftungen, Graffitisprühereien und anderer beunruhigender antisemitischer Vorfälle im Land; darunter ein Brandanschlag auf eine jüdische Kindertagesstätte, Anschläge auf Synagogen und ein Anschlag auf den früheren Wohnsitz von Alex Ryvchin, dem Co-Vorsitzenden des jüdischen Dachverbands Executive Council of Australian Jewry.

Das Haus, in dem Ryvchin bis vor einem Jahr mit seiner Familie gelebt hatte, wurde mit roter Farbe beschmiert. Auf der Straße vor dem Haus schütteten die Täter Benzin aus und entzündeten es. Vier parkende Autos brannten aus. Auf zwei davon waren Medienberichten zufolge zuvor »Fuck Jews« und »Fuck Israel« gesprüht worden. Eine Überwachungskamera zeichnete auf, wie zwei schwarz gekleidete Personen die Taten gegen drei Uhr morgens verübten.

Wie die Polizei weiters mitteilte, hat es in Zusammenhang mit dem Sprengstoff-Fund auch Festnahmen gegeben. Durchgeführt wurden sie von der Strike Force Pearl, einer Polizei-Einsatzgruppe, die letzten Monat gegründet wurde, um antisemitische Gewalt in Sydney zu bekämpfen.

Angst und Schrecken

Der geplante Terroranschlag habe zum Ziel gehabt, die jüdische Gemeinschaft in Angst und Schrecken zu versetzen, sagte Chris Minns. »Dem muss mit allen Mitteln der Regierung begegnet werden. Und ich möchte den Menschen in New South Wales versichern, dass genau das passiert.»

Nur einen Tag nach der Bekanntgabe des Funds gab es weitere antisemitische Taten. Die Polizei von New South Wales ermittelt, nachdem eine jüdische Schule in einem von Sydneys östlichen Vororten über Nacht mit antisemitischen Graffiti besprüht wurde. Das Mount Sinai College und ein Nachbargrundstück in der Gemeinde Maroubra waren Ziel der Attacke. Eine Wand wurde mit der Aufschrift »Juden sind die wahren Terroristen« besprüht.

Die Schulleiterin Noelene Bellingham schickte am Donnerstagmorgen eine E-Mail an die Eltern, in der sie versicherte, dass die Schüler in Sicherheit seien. »Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass unsere Schule gestern Abend Ziel antisemitischer Graffiti an den Außenwänden unseres Grundstücks und in den angrenzenden Bereichen war», hieß es in der Mail. »Wir ergreifen sofort Schritte, um die Sicherheitsmaßnahmen zu verbessern. Dazu gehören Gespräche mit der Regierung über die Bereitstellung eines Rund-um-die-Uhr-Schutzes. Auch wenn dies herausfordernde Zeiten sind, möchte ich Ihnen versichern, dass wir eine starke Gemeinschaft sind und diese Zeit gemeinsam überstehen werden.»

David Ossip, Präsident des Jewish Board of Deputies von New South Wales, bezeichnete die Graffiti als »abscheulich und hasserfüllt«. »Wenn man sich die Bilder jetzt ansieht, ist es einfach grotesk und absolut abstoßend, dass Schulkinder auf ihrem Weg zur Schule an dieser Hassrede vorbeigehen müssen», sagte er gegenüber ABC Radio Sydney. »Das ist etwas, das wir hier in Australien nicht tolerieren sollten.»

Ofir Birenbaum, Berater eines Softwareunternehmens, lebt zehn Minuten von dem Tatort in Maroubra entfernt. »Ich sehe heute Kinder, die von dieser Schule kommen und ihren Lehrer fragen: ›Warum hassen sie Juden?‹«, sagte er am Donnerstagmorgen zu Journalisten. »Der Lehrer hat nur versucht, sie so schnell wie möglich von den Graffiti wegzubringen.» Australische Juden seien wütend über die zunehmend gefährliche Umgebung. »Es fühlt sich an wie ein ›Ich hab’s ja gesagt‹-Moment», so Birenbaum. »Rassismus im Allgemeinen und Antisemitismus beginnen nicht mit Gewalt. Es beginnt mit Worten. Es beginnt damit, dass gute Menschen schweigen. Es beginnt damit, dass wir tolerieren, was wir auf unseren Straßen sehen. Die Fahnen und die Sprechchöre, die wir in unseren Universitäten erleben.»

In der Umgebung der Schule wurden antisemitische Parolen auch an Mauern vor Wohngebäuden gesprüht. Sie lauteten: »You fucking Jews«, »Jew Dogs« und »Fuck the Jews«. Weitere antisemitische Graffiti wurden am Einkaufszentrum Westfield Eastgardens entdeckt, das etwa fünfzehn Autominuten von Maroubra entfernt liegt.

Für David Ossip sind solche Vorfälle »nicht nur Vandalismus«, sondern Teil einer »Kampagne der Einschüchterung, Belästigung und Bedrohung, die sich gegen die jüdische Gemeinde richtet«. Peter Wertheim, Co-CEO des Executive Council of Australian Jewry, warnte vor dem Eindruck machtloser Behörden: »Erst heute Morgen wachen wir wieder einmal mit der Nachricht auf, dass eine jüdische Schule in Maroubra mit hasserfüllten antisemitischen Graffiti beschmiert wurde. Das erweckt den Eindruck, dass die Behörden dies nicht unter Kontrolle haben.»

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